Daher sind die Aussichten für das vierte Quartal trübe. Die EZB rechnet damit, dass die Wirtschaftsleistung im Euro-Raum dann schrumpfen wird. Die Europäische Zentralbank beschloss daher ein ganzes Bündel an Maßnahmen, darunter weitere Anleihekäufe von 500 Milliarden Euro in ihrem Pandemie-Programm PEPP. Dazu kommen günstigere Konditionen ihrer großen Geldspritzen für Banken.

Die Nachrichten im Hinblick auf künftige Massenimpfungen seien zwar ermutigend, sagte Lagarde. Sie ergänzte aber: "Die Pandemie stellt weiter gravierende Risiken für die Gesundheit der Allgemeinheit sowie für die Wirtschaft der Euro-Zone und der Weltwirtschaft dar." Das Maßnahmenpaket soll laut EZB dazu beitragen, die günstigen Finanzierungsbedingungen im Euro-Raum während der Pandemie aufrechtzuerhalten und die Kreditvergabe an alle Wirtschaftssektoren zu fördern. "Zugleich herrscht weiterhin große Unsicherheit, auch im Hinblick auf die Entwicklung der Pandemie und den Zeitpunkt der Bereitstellung von Impfstoffen", erklärte die Notenbank.

An der Börse kam das Hilfspaket nicht gut an. Der Dax rutschte während der Pressekonferenz von Lagarde um rund ein Prozent ab. "Das, was die EZB heute abgeliefert hat, war nicht wenig, aber es reichte doch nicht, um die Kurse nach oben zu hieven", sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank. Andere Experten äußerten sich dennoch positiv. "Insgesamt hat die EZB geliefert", sagte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Die EZB stütze die Konjunktur. "Sobald die zweite Welle der Pandemie ausgelaufen ist, dürfte der geldpolitische Rückenwind die Konjunktur spürbar beflügeln, spätestens ab April nächsten Jahres." Jan Krahnen vom Institut für Finanzforschung (SAFE) sagte: "Mit der finanziellen und zeitlichen Ausdehnung des Programms verbessert sich die Beinfreiheit der EZB. Damit sorgt die Zentralbank vor und erhält sich volle Flexibilität."

PEPP-PROGRAMM WIRD AUFGESTOCKT UND VERLÄNGERT


Im Einzelnen beschloss die EZB nicht nur, ihr großes Pandemie-Anleihekaufprogramm PEPP aufzustocken, sondern die Käufe auch bis mindestens Ende März 2022 zu verlängern. Damit ist das PEPP-Programm nun insgesamt auf 1,85 Billionen Euro angelegt. Es ist bereits die zweite Ausweitung der Käufe. Die EZB hatte das Programm schon einmal im Juni erhöht, als die Konjunktur im Zuge der Corona-Krise massiv einbrach.

Zudem sollen bei den "TLTRO III" genannten großen EZB-Liquiditätsspritzen die Privatbanken nun deutlich länger von günstigeren Bedingungen profitieren. Bei diesen Geldspritzen winkt den Instituten sogar eine Prämie, wenn sie sich die Gelder leihen. Zudem sollen drei weitere dieser Kreditgeschäfte zwischen Juni und Dezember 2021 aufgelegt werden. Auch sollen 2021 vier zusätzliche längerfristige Pandemie-Notfallgeldsalven für Banken, "PELTROs" genannt, angeboten werden. Außerdem werden die Schritte zur Lockerung der Kriterien für Sicherheiten bis Juni 2022 verlängert. Die Käufe im Rahmen des älteren Anleihe-Programms APP sollen darüber hinaus in einem monatlichen Umfang von 20 Milliarden Euro fortgesetzt werden.

Ihren Leitzins beließ die Notenbank hingegen auf dem Rekordtief von Null Prozent, auf dem er bereits seit März 2016 liegt. Auch der Einlagesatz bleibt bei minus 0,5 Prozent. Das Minuszeichen bedeutet, dass Banken Strafzinsen zahlen müssen, wenn sie bei der Notenbank überschüssiges Geld parken. Seit Herbst 2019 gibt es allerdings für die Banken Freibeträge.

LAGARDE: GELDPOLITISCHE UNTERSTÜTZUNG WEITERHIN NÖTIG


"Umfangreiche geldpolitische Unterstützung bleibt notwendig, um die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen und um Preisstabilität mittelfristig zu sichern", sagte Lagarde. Auch eine seit Monaten negative Inflationsrate bereitet der EZB Sorgen. Im November lag die Teuerung bei minus 0,3 Prozent. Das liegt weit entfernt vom Stabilitätsziel der Währungshüter von knapp unter zwei Prozent, das sie bereits seit Jahren verfehlen.

Zusätzlich treibt der Kursanstieg des Euro die Währungshüter um. "Wir peilen keinen Wechselkurs an. Aber es ist klar, dass die Wechselkurse und insbesondere die Aufwertung des Euro eine wichtige Rolle spielen und einen Abwärtsdruck auf die Preise ausüben", sagte Lagarde. Die EZB werde das sehr sorgfältig beobachten. Die Gemeinschaftswährung hatte unlängst zum Dollar ein Zweieinhalbjahreshoch markiert und wertete seit Mitte Mai um rund zwölf Prozent auf. Ein starker Euro mitten in der Corona-Krise kommt für die EZB zur Unzeit. Denn dadurch werden Importe günstiger, was die Inflation zusätzlich dämpft.

rtr