Anfang vergangenen Jahres hatten Experten noch prognostiziert, die türkische Wirtschaft werde 2019 schrumpfen. So schlimm fällt die Bilanz nicht aus. Der IWF hat ein Plus von 0,25 Prozent errechnet. Und es wird besser. Im laufenden Jahr trauen die Währungshüter dem Land sogar drei Prozent zu.
Optimistischer beurteilt Finanzminister Berat Albayrak die Aussichten. Seiner Ansicht nach kann die wirtschaftliche Gesamtleistung um bis zu fünf Prozent zulegen. Albayrak geht auch davon aus, dass die Inflationsrate sinken wird. Aktuell steht die Teuerungsrate bei zwölf Prozent, im Januar 2018 waren es noch 20 Prozent. Dass die Inflation weiter nachlässt, ist jedoch schwer vorstellbar. Die türkische Notenbank wird nach aller Wahrscheinlichkeit ihre von Staatspräsident Recep Erdogan gewünschte lockere Geldpolitik fortsetzten. Weitere Zinssenkungen aber dürften die türkische Lira schwächen, was wiederum die Kosten für Einfuhrgüter nach oben treiben sollte. Für den türkischen Staat und viele Unternehmen ist eine schwächere Lira kein Vorteil. Sie haben massiv Schulden in Dollar oder Euro aufgenommen. Verliert die Lira an Wert, erhöht sich der Schuldendienst.
Die anziehende Konjunktur reduziert in den Augen der Investoren dennoch die Gefahr eines Zahlungsausfalls. Die Kosten für Kreditausfallversicherungen auf fünfjährige Papiere sind jedenfalls deutlich gesunken. Türkische Staatsanleihen bleiben aber weiterhin eine spekulatives Investment. Der bis März 2036 laufende Bond (siehe Kasten) wird von der Ratingagentur S & P mit der Non-Investment-Grade-Note "B+" eingestuft. Zur Vorsicht mahnen auch die politischen Risiken. Sollte es wie bereits im vergangenen Jahr zu diplomatischen Verstimmungen mit Washington kommen, ziehen Anleger ihr Kapital schnell wieder ab.