Zwei Gewinnwarnungen binnen weniger Wochen - die jüngsten Nachrichten vom weltgrößten Touristikkonzern TUI waren alles andere als erfreulich für Anleger. Doch Konzernchef Friedrich Joussen bleibt gelassen. "Es ist nicht schön, aber es wird uns nicht umhauen", sagte er beim Club Wirtschaftspresse München. Schuld an den abermals verschlechterten Aussichten ist eine außerordentliche Belastung von mindestens 200 Millionen Euro aufgrund des Flugverbots für Maschinen des Typs Boeing 737 Max, deren größter Betreiber in Europa TUI ist.

Bei der zentralen Steuerungsgröße, dem rebasierten, bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita), erwartet der Konzern nun ein Minus von mindestens 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahreswert von 1,2 Milliarden Euro. Zu Jahresbeginn hatte TUI noch einen Zuwachs von zehn Prozent prognostiziert. Der Rückgang sei verkraftbar, weil sich die Konzernbilanz in den vergangenen Jahren stabilisiert habe, so Joussen. Die Eigenkapitalquote hat sich seit seinem Amtsantritt 2013 auf 27,4 Prozent fast verdoppelt.

Die Aktie gab nach der Gewinnwarnung erneut nach. Innerhalb eines Jahres hat sie über die Hälfte ihres Werts eingebüßt. Joussen sieht sein Unternehmen in "Sippenhaft". Die gesamte Touristikindustrie leide unter den eingetrübten Aussichten. Bei TUI, die sechs Millionen Kunden in Großbritannien zählt, hat sich vor allem das schwache Pfund negativ auf die Erlöse ausgewirkt. Das war ein wichtiger Grund für die erste Gewinnwarnung Anfang Februar. Der drohende Brexit bereitet Joussen jedoch nach eigener Aussage keine Sorgen: "Wir sind vorbereitet", so der Chef, der soeben TUI-Aktien im Wert von 1,4 Millionen Euro kaufte.

Langfristiger Trend


Joussen sieht sich auf dem richtigen Weg. TUI ist die Nummer 1 in einem Wachstumsmarkt. Das Touristikgeschäft wuchs in den vergangenen Jahren doppelt so stark wie die Wirtschaft, so der 55-Jährige. Joussen hat in den letzten Jahren aus dem Urlaubsvermittler mit vergleichsweise geringen Margen einen Reiseveranstalter mit eigenen Hotels und Kreuzfahrtschiffen gebaut, auch um sich von neuen Konkurrenten wie den digitalen Plattformen Expedia und Booking.com abzusetzen.

Die Erlöse aus dem deutlich rentableren Hotel- und Schiffsgeschäft brachten im Geschäftsjahr 2017/18 70 Prozent des Ergebnisses. Die Digitalisierung soll künftig weitere Gewinnsteigerungen bringen. Mithilfe künstlicher Intelligenz will TUI Kunden maßgeschneiderte Zusatzangebote machen und so den Umsatz pro Urlauber steigern. Joussen schätzt das Marktpotenzial in diesem Segment auf mehr als 100 Milliarden Euro weltweit.

Darüber hinaus können die hauseigenen touristischen Dienstleistungen künftig auch über Fremd­anbieter gebucht und damit neue Kundengruppen erschlossen werden. So hat TUI jüngst einen Großabnehmervertrag mit dem größten chinesischen Reisevermittler Ctrip geschlossen, um vom schnell wachsenden Touristikmarkt im Reich der Mitte zu profitieren.


Abenteuer: Der Kurs ist seit dem Hoch im Mai 2018 um über die Hälfte gefallen. Risikobereite Anleger bauen erste Positionen auf.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 11,00 Euro
Stoppkurs: 8,75 Euro