Das dritte Finanzpaket soll endgültig das letzte sein. "Nach derzeitiger Planung benötigen wir keine weitere Unterstützung durch den Staat", sagte Fritz Joussen, Chef des größten europäischen Touristikkonzerns TUI, auf der außerordentlichen Aktionärsversammlung. Zu Beginn der Onlineveranstaltung verlas Aufsichtsratschef Dieter Zetsche die Formalien, Nachfragen der Anteilseigner waren bei diesem Event explizit nicht gestattet. Aktionäre konnte lediglich im Vorhinein Fragen einreichen, die Joussen beantwortete.

Für Aktionäre des Unternehmens, das schwer unter der Pandemie leidet, ging es ans Eingemachte: Durch einen Kapitalschnitt fiel der Nennwert der Aktien von 2,56 auf 1,00 Euro, was eine Beschneidung des Dividendenanspruchs um über 60 Prozent mit sich bringt. Dafür können die Zeichner einer Kapitalerhöhung, darunter der russische Hauptaktionär Alexej Mordaschow und Familie, die über das Vehikel Unifirm derzeit knapp 25 Prozent an der TUI halten, ihren Anteil sogar auf bis zu 36 Prozent ausbauen. Die Bafin hatte extra eine Ausnahme von der Regel erlaubt, dass ab 30 Prozent Anteilshöhe ein Übernahmeangebot an außenstehende Aktionäre erfolgen muss.

Sperrminorität des Bundes

Kapitalschnitt, Verwässerung künftiger Gewinne - die Rosskur akzeptierten Anteilseigner unter Schmerzen allemal. Schließlich hatte Joussen zuvor mit der Keule eines möglichen Totalverlusts gedroht, falls das Finanzierungspaket nicht zustande kommen sollte. Insgesamt fließen dem Konzern aus Hannover weitere 1,3 Milliarden Euro öffentlicher Mittel zu, nach zuvor rund drei Milliarden Euro an staatlichen Krediten. Über eine stille Einlage des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) kann der Bund Anteilseigner werden, denn sie ist jederzeit in Aktien wandelbar. Der Bund könnte so auf eine Sperrminorität von 25 Prozent und eine Aktie kommen. Über eine Bürgschaft des Landes Niedersachsen wird noch verhandelt, sie könnte eine weitere stille Einlage des Bundes noch reduzieren.

Jetzt will Joussen das Sparprogramm abarbeiten und die Kosten bis 2024 um jährlich 400 Millionen Euro drücken. Betroffen sind die Verwaltungen, aber auch Bereiche mit "strukturellen Risiken" wie etwa die Flugtochter TUIfly. Die Bilanz will der Chef konsolidieren, durch Liquiditätsmanagement und optimierte Finanzierung. Das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital soll auf Dauer maximal bei drei liegen. Bis März rechnet der Konzern noch mit Mittelabflüssen zwischen 250 und 300 Millionen Euro pro Monat, nach bis zu 450 Millionen im Quartal bis Ende Dezember. "2021 wird noch ein Übergangsjahr", sagt Joussen.

Das Geschäftsmodell beschreibt er jedoch als intakt. Joussen verweist auf die 27 Millionen Kunden weltweit, die die TUI in der Datenbank hat, und auf die starke Nachfrage im Sommer 2020, als die Reisebeschränkungen zeitweise wegfielen. "Reisen bleibt einer der größten Wünsche der Menschen", sagt der Chef. Der Wunsch nach Dividende bleibt Aktionären der TUI aber verwehrt, bis die Kredite an den Bund zurückgezahlt sind.

Risiko: Die Aktie ist eine riskante Wette auf die Wiederbelebung des Tourismus. Die starke Marktposition spricht dafür, dass sie aufgeht.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 7,00 Euro
Stoppkurs: 3,70 Euro