Die US-Notenbank Fed hat eine Anhebung für März signalisiert und die Londoner Währungshüter binnen weniger Wochen bereits zwei Erhöhungen durchgepaukt. Nun signalisierte auch Lagarde Handlungsbereitschaft im Kampf gegen steigende Preise. Denn der EZB-Rat sei vom jüngsten Inflationsschub auf dem falschen Fuß erwischt worden: "Die Lage hat sich geändert."

Mit Blick auf die geradezu explodierenden Energiepreise sprach die Französin von einem "massiven Schock". Die EZB werde nun sorgfältig die weiter hereinkommenden Daten auswerten und dann im März eine Entscheidung treffen. Ob sie dann bereits auf eine straffere Linie umschwenken wird, ließ Lagarde offen: "Ich kann dem nicht vorgreifen." Doch sei die Zeit für eine Zinswende noch nicht gekommen: "Wir sind noch nicht soweit."

Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen von Deutschland und anderen großen Euroländern stiegen nach den Äußerungen Lagardes an. Der Kurs des Euro zog zeitweise um 0,8 Prozent auf 1,1361 Dollar an.

"SUPERTANKER ÄNDERT LANGSAM KURS"


LBBW-Experte Jens-Oliver Niklasch sah Signale, dass die EZB zu Veränderungen bereit ist: "Man muss konstatieren, dass der Supertanker EZB langsam seinen Kurs ändert. Vielleicht auch, um nicht den Anschluss an den Konvoi der anderen Notenbanken zu verlieren." Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer machte bei der EZB sogar eine deutliche Bewegung aus: "Sie gab recht klare Hinweise, dass sie vermutlich im März eine Straffung ihrer Geldpolitik in Gang setzen wird." So dürfte sie dann zunächst das Ende der Nettoanleihekäufe per September beschließen: "Ferner erwarten wir wegen der massiv gestiegenen Inflationsrisiken für September und Dezember eine Zinserhöhung um jeweils 25 Basispunkte." Die Volkswirte der Citibank erklärten: "Die Kommunikation der EZB heute deutet an, dass viele Notenbank-Gouverneure der Ansicht sind, dass die in ihrem eigenen Ausblick genannten Bedingungen für eine Zinserhöhung bereits im Kern erfüllt sind."

Insidern zufolge wollten einige Währungshüter auf der Sitzung bereits jetzt Schritte zur Eindämmung der Inflation einleiten. Sollte sich die Teuerung nicht merklich abkühlen, sei nun eine Entscheidung auf der März-Sitzung wahrscheinlich, sagten zwei mit der Situation vertraute Personen. Ein schnelleres Zurückfahren der Anleihenkäufe des sogenannten APP-Programms werde dann geprüft.

Aus Sicht von Lagarde wird die zuletzt weiter gestiegene Teuerungsrate in der Euro-Zone vor allem kurzfristig noch hoch bleiben. "Die Inflation wird wahrscheinlich noch länger als bisher gedacht erhöht bleiben, aber sich abschwächen im Laufe dieses Jahres", sagte die Französin. Die hohen Energiepreise erwiesen sich als hartnäckig. Aber auch die Lebensmittelpreise kletterten deutlich. Risiken gebe es derzeit eher wegen einer weiter steigenden Teuerungsrate.

Die Teuerung war im Januar überraschend auf 5,1 Prozent geklettert. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Statistik 1997. Experten hatten hingegen einen Rückgang der Inflation auf 4,4 von 5,0 Prozent im Dezember erwartet. Damit entfernt sich die Rate immer weiter vom mittelfristigen EZB-Ziel einer Inflationsrate von zwei Prozent.

Angeheizt wird die Inflation durch die geradezu explodierenden Energiepreise - insbesondere auch bei Gas. Die Ukraine-Krise hat laut ZEW-Chef Achim Wambach das Potenzial die Preise weiter zu treiben. Auch spielen bei dem derzeit hohen Preisdruck Störungen der Lieferketten eine Rolle, die sich aus der Pandemie ergeben haben.

Die US-Notenbank Fed unterschätzte diesen Effekt laut ihrem Chef Jerome Powell lange, hat mittlerweile aber umgesteuert. Sie hat für März eine Zinswende signalisiert, der mehrere weitere Schritte nach oben im Jahresverlauf folgen dürften. Die EZB beließ den geldpolitischen Schlüsselsatz einstweilen auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Zugleich müssen Finanzinstitute weiterhin Strafzinsen berappen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank parken. Der dafür gültige sogenannte Einlagesatz bleibt bei minus 0,5 Prozent.

Die Geldpolitik bleibe unangemessen expansiv, kritisierte Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes: "Das Risiko, dass die EZB noch in diesem Jahr abrupt umsteuern muss, steigt erheblich. Dabei ist inzwischen an den Finanzmärkten eine Leitzinserhöhung noch in diesem Jahr eingepreist."

rtr