von Axel Retz

Wie es aussieht, scheint sich die Ukraine mehr und mehr auf einen Bürgerkrieg zuzubewegen. Die Folgen für die Märkte sind klar. Dass Rubel und RTX weiter in den Keller rauschen werden, tut der Börse erst einmal nicht weh, denn ökonomisch betrachtet ist Russland ein Winzling. Und für den deutschen Außenhandel spielt selbst Polen eine größere Rolle. Beschleunigt sich die gegenseitige Sanktionsspirale jedoch, sind wirtschaftlich unangenehme Folgen unausweichlich.

Osten und Westen werfen sich mittlerweile gegenseitig vor, den Konflikt mit Agenten, Provokateuren und verdeckt arbeitenden Militärs anzuheizen statt zu deeskalieren. Welche Rolle Deutschland dabei spielt, ist leider unklar. Klar ist nur, dass Bundesverteidigungsministerin von der Leyen nicht die Wahrheit sagt, wenn sie von den in der Ukraine festgesetzten und am Samstag frei gekommenen "OSZE_Mitarbeitern spricht. Und klar ist auch, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk zumindest teilweise kräftig an der Vertuschung mitwirkt. Hier (https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/04/27/osze-bestaetigt-gefangene-in-slowjansk-sind-keine-osze-mitarbeiter/) finden Sie ein Interview des Österreichischen Fernsehens (OFR) mit dem stellvertretenden Chef des OSZE-Kriseninterventionszentrums, Herrn Claus Neukirch, das Sie gesehen haben sollten.

Die inkognito in Zivil in der Ost-Ukraine operierenden Bundeswehrangehörigen hatten keinerlei OSZE-Mandat, sie waren keine OSZE-Mitarbeiter. Dass die Bundesverteidigungsministerin die Fakten auf den Kopf stellt, lässt hinter der nun beendeten Mission nichts Gutes vermuten. Nicht minder beunruhigend ist allerdings, dass die Medien diesen faulen Zauber decken. Ich habe mehrere Rundfunkanstalten in einer E-Mail auf die Klarstellung der OSZE hingewiesen. Die unrichtige Berichterstattung wurde jedoch weitergeführt. Vier Fragen bleiben: Mit welcher Aufgabe war der von der von Frau von der Leyen von der Leine gelassene Trupp wirklich betreut, warum versucht man den Einsatz trotz des klaren Dementis von dort in den Verantwortungsbereich der OSZE hinein zu schmuggeln, wie viele solcher Kommandos gibt es noch, und wie kommt es, dass die Medien trotz klarer Hinweise an der unrichtigen Berichterstattung festhalten anstatt sie zu einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung zu drängen?

Presse und Rundfunk sind die vierte Gewalt im Staat. Und spätestens seitdem jeder Haushalt via GEZ gezwungen ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, sollten wir für unser Geld mehr als Regierungsfunk erwarten dürfen. Und auch einfordern.

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US-Arbeitsmarkt: Toter Hase

Aber auch auf einem anderen Gebiet wollen Fakten und offizielle Verlautbarungen nicht recht zusammenpassen: Entweder alle Volkswirte dieser Welt hatten sich im Vorfeld der am Freitag veröffentlichten US-Arbeitsmarktdaten für April verrechnet. Oder aber die auf 6,3 Prozent gepurzelte Arbeitslosenquote hatte einen anderen Grund. Vermutlich trifft Letzteres zu. Denn die von John Williams von www.shadowstats.com berechnete, tatsächliche Arbeitslosenquote liegt bei 23 Prozent (s. rote Kurve im Chart).

Quelle: www.shadowstats.com

Und diese Berechnung dürfte richtig sein. Denn die sgn. Erwerbsquote, also die Zahl der US-Bürger, die entweder eine Arbeit haben oder aber auf der Suche nach einem neuen Job sind, ist seit Beginn der Finanzkrise kontinuierlich weiter gefallen und liegt heute mit 63,2 Prozent auf einem 35-Jahres-Tief. In einem gesunden Arbeitsmarkt aber müsste diese Quote steigen anstatt zu fallen. Und: 37 Prozent aller Arbeitslosen sind bereits seit mehr als sechs Monaten ohne Job. Seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahre 1948 war die Zahl dieser Langzeitarbeitslosen nie höher. Und selbst wenn die schönen Aprilzahlen wirklich wahr wären: Über die Art der neuen Jobs sagen sie gar nichts aus.

Franz Steinkühler, bis 1993 Vorsitzender der IG Metall, hat es in puncto Statistik einmal auf den Punkt gebracht: "Ich denke bei Statistik an einen Jäger, der an einem Hasen bei ersten Mal links vorbei schoss und beim zweiten Mal knapp rechts vorbei. Im statistischen Durchschnitt ergäbe das einen toten Hasen."

Quelle: www.markt-daten.de

Zur tatsächlich also alles andere als entspannten Verfassung des US-Arbeitsmarktes kommt hinzu, dass die Kaufkraft derjenigen, die in Lohn und Brot stehen, kontinuierlich sinkt, wie der Langfristchart der Gesamtvergütung der Arbeitnehmer zeigt. Der neue Aufschwung in den USA darf daher mit Fug und Recht angezweifelt werden.

Auf Seite 3: Vertuschte Abwärtswende

Vertuschte Abwärtswende

Um die kleine Serie großer Unwahrheiten für heute abzuschließen, jetzt der Blick auf einen der verlässlichsten Indikatoren den es für die Wal Street gibt - der Blick auf die Nachfrage nach Börsenkrediten. Seit Karfreitag lieferte meine Börsensoftware dazu keine Daten mehr, was natürlich nicht an der Software liegt. Erst am vergangenen Freitag wurden die Daten wieder aktualisiert. Hier der Chart:

Wie Sie sehen, bewegt sich die Nachfrage nach Börsenkrediten auf ihrem Allzeithoch seitwärts. So weit wäre das als Entwarnung für die Wall Street zu werten. Aber: Die Daten stimmen nicht. Sehen Sie auf der Webseite der New York Stock Exchange nach, werden Sie verdutzt feststellen, dass die im Chart als vom 02. Mai stammend angegebenen Daten tatsächlich vom Februar stammen. Und schon im März ging es von 465,72 Mio. US-Dollar auf 450,283 Mio. US-Dollar nach unten. Auch hier stellt sich die Frage, wie es dazu gekommen ist, dass wir mit Daten versorgt werden, die nicht der Wirklichkeit entsprechen. Wichtiger aber: Die Abwärtswende der Kreditnachfrage ist ein absolut ernst zu nehmender Hinweis auf deutlich gewachsene Gefahr einer Trendwende an der Wall Street. Alle großen Trendwenden am US-Markt, die es in diesem Jahrhundert gab, wurden von einer Richtungsänderung der Nachfrage nach Börsenkrediten begleitet. Und das sollte zu denken geben.

Auf Seite 4: Shanghai: Gelber Drache ohne Feuer

Shanghai: Gelber Drache ohne Feuer

Chinas weltweit bekannte Stärke, westliches Know-how zu kopieren, erinnert zumindest teilweise ein wenig an die Sage vom Untergang Trojas. Was die unselige Idee betrifft, die erkennbaren Fehler des westlichen Finanzsystems zu kopieren, hat sich das Reich der Mitte mehr als nur einen Odysseus zugemutet. Der Aufbau irrwitziger industrieller Überkapazitäten, die krass ungleiche Verteilung von Vermögen, die Spekulationswut der Banken und eine gewaltige Immobilienblase stellen das Land heute vor Probleme, deren Ausgang man durch einfaches Zuschauen z. B. in den USA erkennen und frühzeitig abwenden können hätte. Aber "hätte" ist Konjunktiv. Man hat nicht. Und so verwundert es nicht, dass die Börse von Shanghai heute unter dem Beschuss ständig neuer konjunktureller Negativmeldungen auf einer charttechnischen Falltür steht, die sich jederzeit auftun kann.

Quelle: www.private-prifits.de

Das Problem ist unverkennbar: Bei rund 2.000 Punkten, also nur eine Reisnudelbreite entfernt, liegt für den Shanghai Composite eine extrem wichtige, horizontale Unterstützung. Wird sie durchbrochen, können Sie fast bedenkenlos darauf wetten, dass der Index auf Sicht auch unter sein Tief aus 2008 abrutschen wird. Und das stellt würde für die Finanzmärkte eine ganz andere Herausforderung darstellen als der auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragene Machtkampf zwischen Ost und West. Achten wir also auf diesen Chart, auch und gerade wegen der rückläufigen US-Börsenkredite.

Auf Seite 5: Silber: 18,60 bleibt entscheidend

Silber: 18,60 bleibt entscheidend

Von allen, die sich mit dem witzigerweise als "Geldpolitik" bezeichneten Thema der unendlichen Geldschöpfung durch die ebenfalls witzigerweise als "Währungshüter" bezeichneten Rettungs-Magiere beschäftigen, gibt es heute nur noch einen einzigen, der das Thema Deflationsgefahr im Euroraum leugnet. Ich seit nicht, ob sie ihn kennen. Er ist Italiener, ehemaliger Vizepräsident der im Kanzleramt meistgesehenen internationalen Großbank Goldman Sachs und heute Chef der EZB. Die OECD drängte ihn gestern, morgen den Leitzins auf 0,00 Prozent zu senken, um die Wirtschaft anzukurbeln und den Deflationsrisiken vorzubeugen. Toller Beitrag, Was soll eine Zinssenkung von 0,25 auf 0,00 Prozent bewirken, wenn schon alle bisherigen Zinssenkungen nichts bewegen konnten?

Quelle: www.private-profits.de

Für Gold und Silber, die als "Krisenmetalle" bis jetzt so gar nicht auf den Ukraine-Konflikt reagiert haben, ist dieses Szenario brandgefährlich, insbesondere für Silber. Bei 18,61 USD/oz. lag das Tief des letzten Jahres, das perfekt zu einer nun schon seit 2008 etablierten Unterstützung passt. Rauscht der Silberpreis unter dieses Niveau, sind Putpositionen erste Anlegerpflicht. Die zweite besteht darin, diese neuen Positionen sofort mit einem engen Stopp abzusichern.

Freuen wir uns. Nicht über Frau von der Leyens unsägliche und von den Medien unterstützte Volksverdummung, nicht über die ins Positive verstümmelten US-Arbeitsmarktdaten und die auf sonderbare Weise entgleisten Zahlen zur Nachfrage nach Börsenkrediten in den USA. Freuen wir uns, dass wir jetzt endlich auf ein Ende des nun schon seit Jahresbeginn andauernden Kurs-Zickzacks hoffen dürfen. Über vier Monate ohne klaren Trend bremsen vor allem alle "Aktivisten" aus, die immer etwas tun zu müssen glauben. Meine klaren Marken zum Einstieg in neue Trades stehen. Und wie es aussieht, geht es dabei nicht um kleine Swings, sondern um langlebige Trends.

Viel Erfolg und beste Grüße

Axel Retz

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal www.private-profits.de.

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal www.private-profits.de.