Dort halten Trumps Republikaner die Mehrheit. Ihm werden in der Ukraine-Affäre Amtsmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen des Kongresses vorgeworfen. Er hat die Anschuldigungen zurückgewiesen.

Die beiden Abstimmungen verliefen klar entlang Parteilinien. Die Abgeordneten stimmten dabei mit 230 zu 197 Stimmen für eine Anklage wegen Amtsmissbrauchs und 229 zu 198 Stimmen für den Vorwurf der Behinderung.

Die Aktienmärkte in Asien regierten am Donnerstagmorgen zunächst nicht merklich auf das Votum. Auch der Dollar zeigte sich in Fernost kaum verändert. Der Ausgang der Abstimmung war angesichts der Mehrheitsverhältnisse allgemein erwartet worden.

UNVERSÖHNLICHE DEBATTE - VON JESUS BIS PEARL HARBOR


Der Entscheidung war eine mehrstündige Debatte vorausgegangen, in der sich beide Seiten unversöhnlich zeigten. "Wir sind heute hier, um die Demokratie für das Volk zu verteidigen", sagte die demokratische Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Sie nannte Trump eine Gefahr für die nationale Sicherheit. Die Republikaner sprachen von einem politisch motivierten Verfahren. Der republikanische Abgeordnete Mike Kelly zog Parallelen zum japanischen Angriff auf Pearl Harbor. Sein Parteikollege Barry Loudermilk erklärte, Jesus habe von Pontius Pilatus ein gerechteres Verfahren zugestanden bekommen als Trump von den Demokraten.

Trump selbst sprach zeitgleich zur Abstimmung vor Anhängern auf einer Veranstaltung im Bundesstaat Michigan. Das "gesetzlose, parteiische" Amtsenthebungsverfahren sei für die Demokraten politischer Selbstmord, erklärte er. Bei der nächsten Kongresswahl würden sie ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren. "Sie sind es, die des Amtes enthoben werden sollten, jeder einzelne von ihnen." Trump hatte im Vorfeld das Verfahren wiederholt als Hexenjagd und "versuchten Umsturz" verurteilt.

BEVÖLKERUNG LAUT UMFRAGEN TIEF GESPALTEN


Über die eigentliche Amtsenthebung entscheidet im nächsten Schritt der Senat. Das Verfahren dürfte im Januar beginnen und könnte mehrere Wochen dauern. Die Vorgehensweise ist einem Gerichtsverfahren angelehnt: Unter der Leitung des Obersten Richters des Supreme Court, John Roberts, übernehmen Vertreter des Repräsentantenhauses die Rolle des Anklägers. Die Senatoren fungieren als Geschworene, die über Schuld oder Unschuld des Präsidenten entscheiden. Um Trump des Amtes zu entheben, müssten zwei Drittel von ihnen den Präsidenten schuldig sprechen. Damit müssten mindestens 20 Republikaner mit Trump brechen. Zwar gibt es in den USA keinen Fraktionszwang. Jedoch gab es zunächst keinen Hinweis darauf, dass genügend Republikaner die Seite wechseln werden.

Unklar blieb zunächst, welche Auswirkungen das Verfahren auf die anstehenden Präsidentschafts- und Kongresswahl haben wird. Zwar findet die Abstimmung erst im November statt, die ersten Vorwahlen werden jedoch Anfang Februar abgehalten. Eine Übersicht der jüngsten Umfragen durch die Statistik-Website FiveThirtyEight https://projects.fivethirtyeight.com/impeachment-polls zeigte kurz vor dem Votum im Repräsentantenhaus eine tief gespaltene Bevölkerung. Demnach befürworten 47,3 Prozent eine Amtsenthebung, 46,5 Prozent sind dagegen. Demokratische Wähler unterstützen das Verfahren dabei mit 82,7 Prozent, republikanische mit 10,2 Prozent.

Die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens wird in den USA als "impeachment" bezeichnet. Vor Trump wurden 1868 Andrew Johnson und 1998 Bill Clinton auf diese Weise angeklagt. Richard Nixon trat 1974 zurück, bevor das Repräsentantenhaus über die Anklagepunkte abstimmen konnte. Bislang ist kein amerikanischer Präsident durch das Verfahren des Amtes enthoben worden.

rtr