"In den USA sind die Rahmenbedingungen derzeit deutlich besser als in Europa - die Wirtschaft läuft rund, der Immobilienmarkt gewinnt an Schwung und das Investment- und Transaktionsgeschäft floriert wieder", erklärt Dirk Müller-Tronnier, der bei EY für Banken und Kapitalmärkte zuständig ist. "Da können die US-Banken auch Sonderbelastungen besser wegstecken als die europäischen Banken, die ohnehin erheblich unter Druck stehen." Denn hier sei der Bestand an faulen Krediten wegen der Schuldenkrise noch vergleichsweise hoch.

Zu den größten Sonderbelastungen zählen momentan Strafen der Aufsichtsbehörden - etwa wegen Zinstricksereien, windiger Hypothekengeschäfte oder Verstößen gegen Wirtschaftssanktionen. Allein im ersten Halbjahr wurden laut EY gegen die 20 größten Banken in Europa und den USA Strafen von knapp 19 Milliarden Euro verhängt - bei erwirtschafteten Gewinnen von zusammen 55 Milliarden Euro. Und ein Ende ist nicht in Sicht. So verhandelt etwa die Deutsche Bank nach Angaben aus Finanzkreisen auf Hochtouren mit den angelsächsischen Behörden über eine Strafe im Zinsskandal, um das letzte Kapitel in Sachen Libor zu schließen.

Den Auftakt der Bilanzsaison der US-Banken machen am Dienstag gleich drei Geldhäuser: JP Morgan, Wells Fargo und Citigroup, gefolgt von der Bank of America am Mittwoch. Wells Fargo hat sich mit seinem Fokus auf Privatkunden zum größten US-Hypothekenfinanzierer gemausert und weist nun schon seit mehreren Quartalen in Folge sehr stabile Gewinne aus. Größere Schwankungen gibt es dagegen traditionell in den Ergebnissen von JP Morgan, Citi und Bank of America, die stärker auf das Investmentbanking setzen, das wiederum vom Auf und Ab der Kapitalmärkte abhängt. Hier ist das dritte Quartal wegen der Sommerferien normalerweise eher durchwachsen. Allerdings sendeten einige Institute zuletzt Signale, dass die Geschäfte im September wieder ordentlich anzogen.

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ÜBER VORJAHR?

Die Branchenanalysten von JP Morgan gehen davon aus, dass die Erträge der großen Investmentbanken im dritten Quartal im Schnitt 13 Prozent unter dem vorangegangenen Quartal liegen, aber zwölf Prozent über Vorjahresniveau. Dieser Trend wird auch für das wichtige Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren erwartet. Das Beratungsgeschäft rund um Fusionen und Übernahmen (M&A) dürfte im Jahresvergleich sogar noch deutlicher zugelegt haben, sagen andere Experten voraus. Schließlich waren zuletzt wieder einige größere Deals möglich, weil so viel Geld im Markt ist wie nie. Hier schöpfen die beiden Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley für gewöhnlich viel ab. Daher werden ihre Zahlen am Donnerstag beziehungsweise Freitag mit Spannung erwartet.

In Europa geht es mit den Zwischenbilanzen der Großbanken erst Ende Oktober los. Die Deutsche Bank ist am 29. Oktober an der Reihe. Reuters hatte unlängst bereits aus Finanzkreisen erfahren, dass die Frankfurter ein starkes drittes Quartal hatten, sowohl im Investmentbanking als auch im Privatkundengeschäft und der Vermögensverwaltung. Insbesondere im Anleihehandel wittert Co-Vorstandschef Anshu Jain Chancen, nachdem Rivalen wie Barclays und UBS das kapitalintensive Geschäft gestutzt haben. Aber auch bei der Deutschen Bank gilt Insidern zufolge: Die lange Liste an Rechtsstreitigkeiten führt zu hohen Rückstellungen, was die Ergebnisse ein weiteres Mal pulverisieren dürfte.

Reuters