Man sieht sie immer häufiger: kabellose Kopfhörer. Für Apple sind die kleinen weißen AirPods eines der Produkte mit den höchsten Wachstumsraten. Auch andere Hersteller von Un­terhaltungselektronik haben den Trend erkannt. Anders als die alten Kabelkopfhörer brauchen die drahtlosen eine Energiequelle. An dieser Stelle kommt eine Firma aus dem baden-württembergischen Städtchen Ellwangen ins Spiel.

Varta ist ein Unternehmen, dessen Geschichte bis weit ins 19. Jahrhundert zurückreicht, dessen beste Zeit aber womöglich gerade erst begonnen hat: Varta stellt wiederaufladbare Lithium-Ionen-Zellen her, wie sie in kabellosen Kopfhörern oder auch Hörgeräten zum Einsatz kommen. Die Nachfrage wächst rasant. Darum wird die Produktion ausgebaut.

Nachdem Varta im Juni angekündigt hatte, die Kapazität werde bis Jahresende 2020 auf über 100 Millionen Zellen hochgefahren, sollen es in einem nächsten Schritt bis 2022 jährlich über 150 Millionen Stück werden. Das lässt sich der Vorstand 130 Millionen Euro kosten, die aus dem operativen Geschäft kommen sollen. "Wir stehen am Anfang eines großen Booms bei den Lithium-­Ionen Batterien für kabellose Premiumkopfhörer, von dem wir am stärksten profitieren", so Konzernchef Herbert Schein.

Extremes Momentum


Börsianer sind schon lange begeistert: In einer Zeit, in der sich die Vorzeichen einer Rezession weltweit mehren und ungewöhnlich viele deutsche Unternehmen ihre Gewinnziele kürzen, liefert Varta starkes und anscheinend unerschütterliches Wachstum. Hinzu kommen markttechnische Faktoren: Das Momentum der Aktie ist extrem hoch, was für Investoren, die nach mathematischen Kriterien handeln, ein Kaufargument ist. Das alles erklärt die elektrisierende Entwicklung der Aktie: Allein 2019 ist der Wert des Unternehmens um rund 250 Prozent gestiegen. Das wirft die Frage auf, ob Börsianer inzwischen über das Ziel hinausgeschossen sind.

Das Lager der Optimisten wird angeführt von der Commerzbank, die ihr Kursziel für Varta in dieser Woche auf 110 Euro erhöhte. Der Ausblick des Unternehmens sei zu vorsichtig. Skeptischer sieht man die Lage bei Warburg Research: "Das Umsatz- und Ergebnispotenzial für Varta ist beachtlich. Wir sind aber der Ansicht, dass die notwendigen Investitionen für diese dynamische Entwicklung unterschätzt und der daraus resultierende Cashflow überschätzt wird", argumentiert Analyst Robert-Jan van der Horst.

Die Kennziffern der Aktie sind in jedem Fall extrem: Auf Basis der für das kommende Jahr von Analysten erwarteten Gewinne kommt Varta auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von mehr als 50. Das wäre bei den meisten Unternehmen zu viel. Bei Varta allerdings steht dem in den Hochrechnungen der Profis auch ein Gewinnwachstum von mehr als 50 Prozent entgegen. Das würde die aktuellen Kurshöhen rechtfertigen, zeigt aber auch, dass die Ansprüche hoch geworden sind. Nach dem starken Zwischenspurt müssen Anleger bei Varta also mit einem Spannungsabfall rechnen.

Aufladen: Der Kursanstieg hat sich zuletzt nochmals beschleunigt. Die Story bei Varta ist verlockend, die Aktie braucht aber eine Pause.

Empfehlung: Beobachten.
Kursziel: 95,00 Euro
Stoppkurs: 59,00 Euro