Mit seinem Kompagnon Matthias Weik verfasste Marc Friedrich Bestseller wie "Der größte Raubzug der Geschichte" oder "Der größte Crash aller Zeiten". Im Juli 2020 trennten sich die Wege des Autorenduos. Wenig später kam Marc Friedrichs neues Buch "Die größte Chance aller Zeiten" auf den Markt.

Eine Abkehr von seinen bisherigen Thesen? Keineswegs. Auch in seinem jüngsten Buch warnt der Vermögensverwalter aus Lorch im Remstal vor dem Niedergang des Euro, dem Platzen der Schuldenblase und ausufernder Inflation. Die Chance besteht seiner Meinung nach darin, sich auf die nahende Krise einzustellen und zur Vermögenssicherung auf Sachwerte zu setzen. Zudem hat Friedrich in seinem Buch einen Linksruck der Gesellschaft vorhergesagt - zu einem Zeitpunkt, als die SPD sich im Umfragetief befand. Bei der Bundestagswahl am Sonntag holte die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Olaf Scholz die meisten Stimmen. Für BÖRSE ONLINE Grund genug, Friedrich über die Auswirkungen für Anleger zu befragen.

Börse Online: Herr Friedrich, was sagt Ihre Glaskugel: Welche Regierung wird Deutschland bekommen?

Marc Friedrich: Sie sind nicht der Erste, der mich das mit der Glaskugel fragt. Aber der Linksruck war doch schon lange ohne solche Hilfsmittel absehbar. Dieser ganze Populismus - von wegen "Wir nehmen die Reichen ran" - ist ja nicht erst gestern entstanden. Und zumindest in Berlin ist die Idee, Immobiliengesellschaften zu enteignen, offenbar mehrheitsfähig, wie der Volksentscheid am Wochenende gezeigt hat. Natürlich weiß ich nicht, was die Koalitionsverhandlungen bringen werden. Rot-Grün-Rot ist abgewendet, aber für Sparer und Anleger könnte es trotzdem ungemütlich werden.

Sie meinen, falls SPD-Kandidat Olaf Scholz Kanzler wird, macht er das Versprechen wahr, die Reichen richtig ranzunehmen?

Und nicht nur die. Wir stehen vor dem größten Vermögenstransfer der Geschichte. Steuern und Abgaben werden auf breiter Front steigen - auch für Anleger. Die finanzielle Repression nimmt zu und unsichtbare Mauern werden installiert. Dass Bargeldtransaktionen durch den digitalen Euro faktisch abgeschafft werden sollen, ist ohnehin so gut wie beschlossen.

Was empfehlen Sie?

Hätten wir nicht die schleichende Enteignung durch die Inflation, wäre es vielleicht eine Überlegung wert, größere Mengen Bargeld von der Bank abzuheben, solange das noch erlaubt ist. Da es aber keinen Sinn macht, das Geld unters Kopfkissen oder ins Schließfach zu legen, bleiben nur limitierte Sachwerte wie Edelmetalle, Aktien und Kryptowährungen. Die Deutschen müssten endlich ihre Angst vor Aktien ablegen. Auch wer schlechte Erfahrungen gemacht hat, sollte wenigstens 20 Prozent seines Vermögens in Produktivkapital wie einen weltweit anlegenden ETF, Rohstoff- oder Minenwerte investieren, den Rest eben in Gold, Silber und Bitcoin.

Sie haben mehr Vertrauen in den Bitcoin als in den Euro?

Selbstverständlich. Der Bitcoin ist global, grenzenlos, limitiert und dezentral. Keine Zentralbank kann die Menge beliebig ausweiten. Wenn 21 Millionen Bitcoins geschürft sind, ist Schluss. Richtig ist, dass die Kurse stark schwanken, aber eben auch nach oben. Der Euro ist eine Papierwährung, die nur eine Richtung kennt: nach unten. Die offiziellen Inflationsraten von drei oder vier Prozent sind nur die Spitze des Eisbergs. Inflation ist Diebstahl, wir alle werden bestohlen. Rechnet man die reale Geldentwertung aus - Geldmengenwachstum abzüglich Wirtschaftswachstum - kommt man 2020 auf stolze 13,73 Prozent. Real hat der Euro seit seiner Einführung vor knapp 20 Jahren 87 Prozent an Kaufkraft verloren, nicht 28 Prozent, wie uns die EZB vorgaukeln will.

Übertreiben Sie jetzt nicht etwas?

Schauen Sie sich doch mal die Preise für Holz, Stahl und Kupfer oder die Frachtraten für Container an, das ist alles durch die Decke gegangen. Die Diskussion um die Enteignung von Deutsche Wohnen und Co ist ja auch Folge der stark gestiegenen Mieten, die sich aber längst nicht so stark verteuert haben wie die Kaufpreise für Immobilien.

Kommen Immobilien in Ihrer Liste chancenreicher Investments deshalb nicht vor?

Exakt. Die Preise sind zu stark gestiegen, die Mietrenditen bieten nicht einmal mehr einen Inflationsausgleich. Vor dem Hintergrund, dass Mietendeckel und Enteignungen offenbar mehrheitsfähig sind, werden sie tendenziell weiter sinken. Außerdem war es bis jetzt in jeder Krise so, dass Immobilienbesitzer die Zeche gezahlt haben. Häuser lassen sich nicht einfach außer Landes schaffen.

Sie sprechen von einer Krise. Bis jetzt kam Deutschland doch ganz gut durch die Corona-Pandemie, ...

... weil sie mit neuen Schulden bekämpft wurde und deutsche Produkte durch den schwachen Euro billiger geworden sind. Deshalb sind wir die großen Profiteure. Das sind aber nur weitere Puzzlestücke zu einer übergeordneten Vertrauenskrise in den Euro. Die Probleme der südlichen Peripheriestaaten sind nicht gelöst, sie sind nicht ansatzweise wettbewerbsfähig. Die EZB tritt die Maastricht-Kriterien mit Füßen. Sie ist entgegen aller Beteuerungen längst in die Staatsfinanzierung eingestiegen und betreibt damit die größte Insolvenzverschleppung der Geschichte. Die weltweit betriebene Politik des billigen Geldes ist ein einmaliges Notenbankexperiment. Es gibt keine Garantie, dass wir unseren Wohlstand so auf ewig bewahren können. Ich besitze nicht die Hybris zu sagen: Das wird schon gutgehen, so etwas wie in Argentinien kann uns nicht passieren.

Sie meinen die Staatspleite?

Ich war in Buenos Aires live dabei, als der Peso quasi über Nacht wertlos wurde. Wenn das Vertrauen einmal weg ist, dreht sich die Abwärtsspirale atemberaubend schnell.

Angenommen, Ihr Szenario tritt ein, dann wäre Gold wohl tatsächlich die geeignete Krisenwährung. Aber befürchten Sie hier nicht auch neue Steuergrausamkeiten?

Zweifelsohne. Die Politik ist gierig und sucht ständig neue Quellen, um sich zu refinanzieren. Der Kauf von Gold kann mehrwertsteuerpflichtig werden, außerdem gehe ich davon aus, dass die Steuerfreiheit auf Gewinne nach zwölf Monaten Haltefrist früher oder später wegfällt. Übrigens auch beim Bitcoin.

Aber wäre das nicht widersinnig? Auf der einen Seite beschwört man die Notwendigkeit privater Altersvorsorge, auf der anderen sanktioniert man Aktien, Edelmetalle und Immobilien mit neuen Steuern?

So sehr jetzt alle Parteien auch einen Politikwechsel beschwören, in diesem Punkt werden sie weitermachen wie bisher: Das Wahlvolk soll sich schön auf die staatliche Rentenversicherung verlassen. Dass die Kassen leer sind, wird geflissentlich verschwiegen. Ist ja auch bequem so: Wenn die demografische Bombe eines Tages platzt, sind die heutigen Politiker längst nicht mehr im Amt - ganz gleich, wie sich die neue Bundesregierung zusammensetzen wird.