Der ausufernde Dieselskandal und drohende US-Zölle auf Importautos machen den Autoaktien Volkswagen, Daimler und BMW zu schaffen. Allein in den vergangenen vier Wochen haben die Titel zwischen sieben und acht Prozent verloren. "Mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen zwischen sechs und sieben sind deutsche Autoaktien inzwischen sehr niedrig bewertet, was bereits ein hohes Risikobewusstsein der Aktionäre widerspiegelt", erläutert Marc-René Tonn von M.M. Warburg.

Prinzip Durchwursteln



Gleichzeitig verschärften in den vergangenen Tagen Politik und Justiz in Deutschland die Gangart gegenüber den Brachenriesen. Nach Vorladungen bei Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer musste Daimler im Streit über Abschalteinrichtungen bei Dieselfahrzeugen deutschlandweit 238 000 und europaweit insgesamt 774 000 Fahrzeuge zurückrufen. Am Donnerstag hat der Bundestag zudem sogenannte Musterfeststellungsklagen beschlossen, auf die vor allem diesel-geschädigte Kunden von VW setzen könnten.

Die Wolfsburger wiederum erhielten von der Staatsanwaltschaft Braunschweig eine Geldbuße von einer Milliarde Euro aufgebrummt, weil der Konzern seine Aufsichtspflicht im Zusammenhang mit den manipulierten Dieselmotoren verletzt habe. Es ist eine der höchsten Geldbußen, die jemals in Deutschland ein Unternehmen erhalten hat.

"Die Autobauer wursteln sich amateurhaft durch die größte Katastrophe ihrer Branche", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. "Mit der renitenten Weigerung zur Hardware-Nachrüstung steigt der öffentliche Zorn. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Audi-Chef Rupert Stadler interessieren die Familie Porsche-Piëch nicht. Das ist kein Neuanfang. Ein Ende des Schlamassels ist nicht in Sicht."

Insgesamt 26 Milliarden Euro musste Volkswagen bereits für Dieselskandal-Strafen und Entschädigungen vorwiegend in den USA aufbringen. "VW ist der böseste Bube in diesem Spiel, aber er schafft auch langsam den Weg aus dem Dieselloch", glaubt Bankhaus-Metzler-Analyst Jürgen Pieper. "Der neue Vorstandschef Herbert Diess tut dem Unternehmen gut, und das Verhalten nach der Bußgeldentscheidung war endlich mal aufrecht und angemessen", glaubt Pieper. Diess hatte das Bußgeld für VW akzeptiert: "Wir bekennen uns zur Verantwortung für die Dieselkrise."

Weitere Bußgelder sind nicht ausgeschlossen. Darüber hi-naus könnte sich die VW-Strafe auch auf andere Klagen von Autohaltern und VW-Aktionären auswirken. So könnten auch die Chancen für Klagen von Anlegern steigen, die von VW Schadenersatz wegen des Kursverfalls der VW-Aktie fordern.

Bei Daimler mehren sich unterdessen die Zweifel, dass Vorstandschef Dieter Zetsche die Neuausrichtung des Konzerns schafft. "Das Verhalten ist hier das Gegenteil von geradeheraus, ehrlich und offen", kritisiert Pieper. So hatte Zetsche das Thema Bußgeld nach seinem Berlin-Besuch für erledigt erklärt, worauf ihm das Ministerium widersprach. Seit Beginn des Skandals vor drei Jahren beteuert der Daimler-Chef, dass es bei Mercedes keine illegale Abschalteinrichtung gebe und man weder manipuliert noch betrogen habe.

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Zollstreit kostet



Von den deutschen Autobauern konnte sich bislang noch am besten BMW aus dem Diesel-skandal heraushalten. Dafür sind die Münchner eine der Hauptzielscheiben des US-Präsidenten Donald Trump im Zollstreit. Durch mögliche US-Strafzölle drohen deutschen Herstellern gravierende Belastungen.

"Das könnte echte Prozente von Umsatz und Gewinn kosten - sicher weniger als zehn Prozent, aber schon deutlich spürbar", warnt Bankhaus-Metzler-Analyst Pieper. Allerdings könnten die Hersteller mittelfristig ein Gegengewicht aufbauen, indem sie die Produktion zwischen ihren Werken in den USA, Europa und China neu verteilen