"Draghi wird wahrscheinlich signalisieren, dass die Unsicherheit zunimmt, sich die Gefahren verstärken und die wirtschaftliche Schwächephase länger anhält als erwartet," sagt Marco Valli, Europa-Chefvolkswirt der italienischen Großbank UniCredit.

Unklar ist, wie die EZB auf das schwächere Wachstum reagieren wird. Ein denkbare Antwort sind neue Liquiditätsspritzen für Geldhäuser im Euro-Raum. "Möglich wäre eine Ankündigung des EZB-Präsidenten schon am Donnerstag, dass die EZB in den kommenden Monaten neue langfristige Refinanzierungsgeschäfte für die Geschäftsbanken bereitstellen wird", glaubt der Chefvolkswirt der Privatbank Metzler, Edgar Walk. Auf ihrer Dezember-Sitzung hatten die Währungshüter bereits über diese als TLTRO bekannten Langfristkredite gesprochen.

Bei seinem Auftritt im EU-Parlament hatte sich Draghi vergangene Woche besorgt über die Wachstumsabkühlung gezeigt. So haben die Industriebetriebe im Euro-Raum ihre Produktion zuletzt überraschend stark gedrosselt. Die deutsche Wirtschaft schaffte im vierten Quartal nur ein kleines Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) und schrammte damit nur knapp an einer Rezession vorbei. Hinzu kommt, dass die Inflation im Euro-Raum im Dezember mit 1,6 Prozent unter der EZB-Zielmarke von knapp zwei Prozent lag. Auch die globale Konjunkturlokomotive China hat an Dynamik verloren. Hier legte das BIP 2018 so langsam zu wie seit 28 Jahren nicht mehr. Darin spiegeln sich auch Auswirkungen des Handelsstreits mit den USA wider.

Der wirtschaftliche Abschwung kommt für die EZB zur Unzeit. Denn gerade erst hat sie mit der Beendigung ihrer auf über 2,6 Billionen Euro angeschwollenen Anleihenkäufe einen Schritt in Richtung eines strafferen Kurses gemacht. DZ-Bank-Ökonom Christian Reicherter glaubt dennoch, dass die Notenbanker Chancen und Gefahren für das Wachstum noch als weitgehend ausgeglichen bezeichnen werden. "Eine stärkere Betonung der Risiken würde die Währungshüter unter unmittelbaren Handlungsdruck setzen." Früheren Informationen von Insidern zufolge war dies schon auf der Dezember-Sitzung ein Hauptgrund, warum die EZB vor einer negativeren Einschätzung der Konjunktur zurückschreckte.

An den Schlüsselzinsen, die bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent liegen, dürfte Draghi nicht rütteln. Experten erwarten für das vierte Quartal zunächst eine leichte Abmilderung der Strafzinsen für Geschäftsbanken, wenn diese über Nacht überschüssige Gelder bei der EZB parken. Dieser Einlagensatz liegt bei minus 0,4 Prozent. Mit einer Anhebung des Leitzinses wird nicht vor 2020 gerechnet.

rtr