Seit jeher sind der Bär und Russland miteinander verbunden. Das massige Raubtier dominiert nicht nur nahezu die gesamte Waldfläche, es gilt auch als allgemeines Sinnbild für die Stärke des Landes. Da von dieser aber lange Zeit nicht mehr die Rede sein konnte, beherrschte der Börsenbär das Geschehen am Moskauer Finanzplatz.

Der Ölpreisverfall sowie westliche Sanktionen aufgrund der Krim-Annexion stürzten Russland 2015 in eine tiefe Rezession. Im Zuge dessen brachen auch die Aktienkurse ein. Zwischen Mitte 2014 und Anfang 2016 halbierte sich der Leitindex. Doch die Bärenzeiten am Kapitalmarkt könnten nun vorbei sein und die Börse könnte zu alter Kraft zurückkehren.

So schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vergangenen Jahr nur noch um 0,2 Prozent. Im vierten Quartal schwenkte die Wirtschaft sogar wieder auf den Wachstumspfad ein. Einher geht der Aufschwung mit zahlreichen Zinssenkungen. Die Notenbank schraubte den Leitsatz von 17 Prozent Anfang 2015 auf mittlerweile 9,75 Prozent herunter. Der vorerst letzte Schritt fand im März statt. Die verbesserten Inflationsdaten verschaffen den Währungshütern weiteren Spielraum. So sank die Teuerung im Februar schneller als erwartet auf 4,6 Prozent und bewegt sich damit rasch in Richtung Inflationsziel von vier Prozent. Experten gehen im zweiten und dritten Quartal von weiteren Senkungen aus.

Die verbesserte Stimmung bezüglich Russlands Wirtschaft, die auch vom Comeback des Öls profitiert, sowie eine stabilitätsorientierte Politik riefen jüngst auch die Ratingagenturen auf den Plan. S & P hob den Ausblick für die Kreditwürdigkeit des Landes Mitte März von "stabil" auf "positiv". Nach rund zweijähriger Rezession werde die Konjunktur in Russland wieder zulegen und das BIP in den Jahren bis 2020 im Schnitt um etwa 1,7 Prozent wachsen, prognostiziert die Agentur. Den Experten zufolge ist eine Anhebung des Ratings von derzeit "BB+" in den eine Stufe entfernten Investment-Grade-Bereich möglich. Für neue Zuversicht sorgt auch US-Präsident Donald Trump. Dessen Wahlsieg lässt hoffen, dass die beiden Großmächte wieder aufeinander zugehen.

Alles in allem hat sich die Lage in der Russischen Föderation spürbar verbessert. Die Regierung in Moskau geht von einem Wachstum von zwei Prozent aus. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht diese Dynamik zwar noch nicht, erwartet aber immerhin ein Plus von 1,1 Prozent. "Der Ölpreisanstieg, ein solider Arbeitsmarkt und kleine Fortschritte in der Importsubstitution sollten Russland auf Wachstumskurs halten", sagt Nikola Stephan vom Deka-Makro-Research.

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Aktien für Hartgesottene



Weiter auf Klettertour könnte auch die Börse gehen. BÖRSE ONLINE hat bereits Mitte vorigen Jahres risikobewussten Anlegern bei ausgesuchten Dividendentiteln zum Einstieg geraten. Drei der fünf vorgestellten Aktien haben mittlerweile ihr Kursziel klar übertroffen. Bei der Aktie von Aeroflot zeigt sich sogar eine knappe Verdreifachung. Hier können Anleger getrost Gewinne mitnehmen. Auch Gazprom hatte unser Ziel von fünf Euro zwischenzeitlich erreicht, setzte dann aber noch einmal zurück. Da der Öl- und Gaskonzern auf operativer Ebene weiterhin Fortschritte macht und die Aktie günstig bewertet ist, raten wir nach wie vor zum Kauf. Attraktiv ist auch die Dividendenrendite von mehr als sechs Prozent.

Von einer anziehenden Konjunktur profitieren das größte Geldhaus des Landes Sberbank sowie der Stahlkonzern Severstal. Letztgenannter verzeichnete im vierten Quartal einen unerwartet starken Gewinnschub von 32 Prozent beim Kernergebnis. 2017 stehen die Ampeln weiterhin auf Grün. Nachdem die russische Stahlnachfrage 2016 um vier bis sechs Prozent zurückging, geht Severstal-Chef Alexander Shevelev davon aus, dass sich der Binnenmarkt in diesem Jahr erholen wird. Zudem erwartet er eine "weitere fundamentale Stabilisierung der weltweiten Stahl- und Stahl-Rohstoffmärkte".

Auf einem dynamischen Wachstumskurs ist derzeit X5 Retail Group. Der Lebensmittelkonzern überholte im abgelaufenen Quartal mit einem Umsatzplus von 27,5 Prozent auf umgerechnet 4,9 Milliarden Dollar den Branchenprimus Magnit. "X5 verlor seinen Spitzenplatz 2013, liegt aber nun auf Erlösbasis drei Prozent über Magnit", rechnen die Analysten von VTB Capital vor. Dass das Quartal keine Eintagsfliege war, zeigt ein Blick auf das Gesamtjahr 2016. Hier kommt X5 ebenfalls auf ein hohes Wachstum von 27,5 Prozent. Mit neuen Läden sowie einer verbesserten Konsumlaune dürfte das Unternehmen auch künftig positiv von sich reden machen.





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