Ufuk Boydak, Fondsmanager des Loys Aktien Europa und Vorstandsvorsitzender der Loys AG, spricht über seine Investments und Anlagestrategie.

Euro am Sonntag: Herr Boydak, wie schätzen Sie denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Aktieninvestments derzeit ein?

Ufuk Boydak: An sich positiv. Wir gehen davon aus, dass die Corona-Pandemie ihren Höhepunkt überschritten hat, dass Wirtschafts- sowie Gewinnwachstum recht robust bleiben werden und die Notenbanken ihre Politik des billigen Geldes erst einmal weiterführen werden. Große Zinsanstiege sind nicht zu erwarten.

Aber viele Anleger fürchten derzeit, dass die Inflation sich stärker und länger nach oben entwickelt als anfangs gedacht. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Wir beobachten die Inflationsentwicklung natürlich auch sehr kritisch. Aktuell spricht aber noch einiges dafür, dass ein Teil der Preissteigerungen ein Übergangsphänomen ist, das wesentlich durch Sondereffekte hervorgerufen wird. In den USA etwa sind 58 Prozent des gesamten Teuerungsschubs im Monat August auf Preiszunahmen bei Energie und Mietwagen zurückzuführen. Ohne diese Effekte läge die Inflation in den Vereinigten Staaten knapp über zwei Prozent, genau bei der Zielmarke, die die US-Notenbank ja auch anstrebt. Ähnlich verhält es sich in Europa. Wenn die Engpässe sich auflösen, sehen wir normalere Inflationsraten von zwei bis drei Prozent.

Bei Loys haben Sie alle wichtigen Anlageregionen im Blick. Wie sehen Sie derzeit die Chancen der wichtigsten Märkte gerade hinsichtlich eines Value-Investors?

Wir achten stark auf Bewertungen, sind dabei aber nicht nur auf Value-Titel beschränkt. Für uns ist wichtig, dass ein Unternehmen seine Bewertung auch wert ist und der Preis einer Aktie im Einklang mit der Gewinnerwartung des Unternehmens steht. Wenn wir uns aus diesem Blickwinkel die USA anschauen, müssen wir feststellen, dass die Aktien nach der fulminanten Rally der vergangenen Jahre einfach sehr teuer geworden sind. China bietet sich derzeit angesichts der massiven regulatorischen Eingriffe und der Turbulenzen um den Immobiliengiganten Evergrande nicht wirklich an. Für Europa spricht dagegen aktuell gleich eine ganze Reihe von Faktoren.

Die wären?

Erstens gibt es ein größeres Rebound-Potenzial, was die Wirtschaftsleistung und die Aktienbewertung angeht. Zweitens wird die Europäische Zentralbank aufgrund der hohen Verschuldung der Eurozonenstaaten weiter eine extrem lockere Geldpolitik verfolgen. Und drittens sind europäische Aktien in den Portfolios der Fondsmanager stark untergewichtet, was zu Nachholeffekten führen wird.

Einer Ihrer Fonds, der Loys Aktien Europa, hat einen extrem guten Lauf, die Jahre zuvor lief es nicht ganz so rund. Was hat sich seither geändert?

Einerseits hat sich das Umfeld gewandelt. 2018 führte der Handelsstreit zwischen den USA und China zu Rezessionsängsten. Das brachte insbesondere kleine Titel und exportabhängige Werte unter Druck. Danach legten insbesondere die großen wachstumsstarken Titel immer weiter zu. Das brachte uns ins Hintertreffen. Andererseits haben wir auch etwas dazugelernt. Ich investiere inzwischen etwas homogener, das heißt, über mehr Klassen und Sektoren hinweg. Im Großen und Ganzen sind wir aber unserem Stil treu geblieben und fahren jetzt die Ernte ein, viele unserer Titel sind nun wieder stark gefragt.

Welche Werte sind im Fokus?

Als Investor, für den ein guter Einkaufspreis im Vordergrund steht, meist diejenigen, die nicht im Fokus der Mehrheit der Anleger stehen. Also Apple, Tesla oder Amazon finden Sie nicht in unseren Portfolios. Aber zum Beispiel ein Unternehmen wie Post-NL, das günstig zu kaufen war und gleichzeitig dank des Paketgeschäfts einen starken Wachstumstreiber hat. Auch bei Post-NL zeigt sich übrigens die Investmentstrategie unseres Hauses. Als wir 2018 erste Positionen aufgebaut haben, ging es mit dem Kurs weiter nach unten. Wir haben in der Folge weiter hinzugekauft, da wir von dem Wert überzeugt waren. Aber erst Mitte vergangenen Jahres ging es mit der Aktie dann stetig aufwärts.

Wie suchen Sie Ihre Werte aus?

Wir haben eine Datenbank mit rund 3.000 Titeln. Daraus erstellen wir jede Woche eine Watchlist mit 250 Aktien. Im Fonds selbst befinden sich dann die 60 interessantesten Werte, die gleichgewichtet sind. So vermeiden wir eine zu große Abhängigkeit von einzelnen Werten.

Welche Kriterien sind Ihnen da besonders wichtig?

Ich lege besonderen Wert auf das Umsatzwachstum und den freien Cashflow. Und hoch verschuldete Unternehmen meide ich generell.

Welche Branchen sind bei Ihnen im Fonds stark vertreten?

Normalerweise sind die Schwerpunkte in den Bereichen, Konsum, Industrie, IT, Gesundheit und Dienstleistungen in unseren Portfolios stark vertreten, Finanz- und Rohstoffaktien dagegen kaum. Dabei mischen wir durch alle Marktkapitalisierungen.