Investoren bringen sich zurzeit für das Börsenjahr 2017 in Stellung. Dabei verwenden sie viele Gedanken darauf, welche Branchen und welche Aktien besonders gut abschneiden könnten. Weniger im Blickpunkt steht die Notwendigkeit, mögliche Verlierer auszuschließen. Problematische Unternehmen erst gar nicht ins Depot aufzunehmen, gehört aber ebenso zu den Anlegertugenden wie die Selektion erfolgsträchtiger Titel - gefährden stark verfallende Kurse einzelner Ausreißer doch schnell die Performance des gesamten Portfolios.

Unter den deutschen Standardwerten befinden sich zahlreiche Aktien mit eingetrübten Langfristperspektiven. Vor allem Banken und Energieversorger werden es schwer haben, zu alter Stärke zurückzufinden.

Es gibt ein mahnendes Beispiel: Einst erwischte es die ehemals staatlichen Telekomfirmen. Regulatorische Vorgaben und der technische Fortschritt sorgten für einen perfekten Sturm. Neue Konkurrenten traten auf den Plan, hohe Investitionen waren zu stemmen, die Preise verfielen trotzdem. Steigende Gewinne waren in diesem Umfeld nicht zu erzielen. Die Branche erlebte eine Talfahrt, die viele Jahre andauerte.

Heute aber steht der Telekomsektor wesentlich besser da. Angesichts der steigenden Internetnutzung zu Hause und auf Mobilgeräten verfügen Telekommunikationsaktien über gute Zukunftsperspektiven, die wir als Anhänger qualitätsstarker Wachstumstitel schätzen. Zusätzlich winken attraktive Dividenden. Allerdings verging mehr als ein Jahrzehnt, bis sich die Trendwende auch wieder in steigenden Börsenkursen niederschlug.

Energieversorger und Finanzbranche haben möglicherweise ein ähnlich schweres Los gezogen. Auch hier treten neue Konkurrenten auf den Plan, auch hier entscheiden schwer kalkulierbare politische Entscheidungen über das Schicksal großer Unternehmen. In jedem Fall benötigt der Strukturwandel viel Zeit. Wer sich von den beiden Problembranchen fernhält, sollte im kommenden Jahr wenig verpassen.

Auf Seite 2: Automobilindustrie im Umbruch





Der Automobilindustrie steht der große Umbruch noch bevor. Sie zählt möglicherweise zu den nächsten Opfern staatlicher Eingriffe. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass die Industriestaaten die Elektromobilität aufgrund des Klimawandels weiter vorantreiben und auch gegen massive Widerstände durchsetzen werden.

Dieser Strukturwandel trifft die deutschen Produzenten hart. Sie stellen momentan zwar ihre Produktpalette um, läuft alles gut, könnte die für Deutschland wichtigste Branche jedoch auch in künftigen Jahrzehnten zu den Weltmarktführern zählen. Der Technologieumbruch kostet aber erst einmal Milliarden. Neue Rivalen, die zuvor gar keine Kraftfahrzeuge bauten, könnten in den Markt drängen.

Hinzu kommen konjunkturelle Risiken. Der Absatz der zyklischen Kraftfahrzeughersteller florierte in den vergangenen Jahren, sodass eine Verschnaufpause nicht verwundern würde.

Außerdem findet ein kultureller Wandel statt. Bei jungen Großstädtern hat das Smartphone das eigene Auto als Statussymbol längst abgelöst.

Die Häufung aus kurz- und langfristigen Risiken hat Automobilaktien in der Gunst der Anleger bereits sinken lassen. Gemessen an ihren aktuellen Gewinnen müssten die Kurse deutlich höher stehen als zurzeit. Die niedrige Bewertung könnte sich allerdings als gerechtfertigt erweisen, da die viele Jahre dauernde Umstellung auf emissionsarme Energieträger erhebliche unternehmerische Risiken birgt. Es ist nicht auszuschließen, dass vielen Autobauern eine lange Periode mit enttäuschenden Gewinnen ins Haus steht.

Als Quality-Growth-Investoren geben wir daher Einzelaktien mit grundsätzlich positiven Zukunftsaussichten den Vorzug. Für attraktiv halten wir beispielsweise deutsche Bluechips aus den Sektoren IT und Industrie. Sie weisen ein besseres Chance--Risiko-Verhältnis auf als bedrängte Firmen, denen kostspielige Rückzugsgefechte drohen.

Sven Krause: Der Autor ist Leiter des Fondsmanagements Aktien bei der LBB-Invest und gelernter Bankkaufmann. Krause studierte an der Technischen Universität Berlin Betriebswirtschaftslehre. 1992 startete er seine Karriere als Aktienanalyst im Bereich German Small Caps bei der Landesbank Berlin. Die LBB-Invest ist eine Tochter der DekaBank und betreut ein Anlagevolumen von derzeit mehr als elf Milliarden Euro.