The future of space: It’s getting crowded out there" - so überschreibt das Beratungsunternehmen McKinsey einen Report über die Weltraumindustrie. Etwas zugespitzt, aber im Kern stimmt die Aussage: Künftig wird es im Weltall deutlich voller werden. Das fängt bei den Satelliten an, die unseren Planeten umkreisen. Zehntausende von ihnen werden in den kommenden Jahren noch ins All geschossen. Aber auch mehr Menschen werden die Reise in den Weltraum antreten - sei es, um dort zu arbeiten, oder nur für ein kurzes Abenteuer.

Ein Art Zeitenwende markierte das Wettrennen der Milliardäre Richard Branson und Jeff Bezos im vergangenen Jahr. Im Juli startete Branson, Gründer von Virgin Galactic, seinen Kurztrip ins All, um die Erde aus einer Entfernung zu betrachten, wie es bis dahin nur trainierten Astronauten vergönnt war. Wenige Wochen später folgte ihm Jeff Bezos, Gründer des Versandriesen Amazon und der Weltraumunternehmung Blue Origin. Mit ihren publicityträchtigen Aktionen legten sie den Grundstein für die kommerzielle Beförderung von Touristen ins All. Kein billiges Vergnügen. 450.000 Dollar kostet gegenwärtig ein Ticket bei Virgin Galactic.

Kickstart für Kommerzialisierung

Vermögende können nun also in den Weltraum fliegen. Ist das ein großer Schritt für die Menschheit? Durchaus. Denn diese Flüge sind der Kickstart für eine multimilliardenschwere Weltraumindustrie, für die Kommerzialisierung des Alls. Dabei mischt auch Elon Musk, streitbarer Gründer des E-Auto-Bauers Tesla, mit. Mit privaten Raumtransportern befördert sein Unternehmen Space-X seit 2020 Astronauten zur internationalen Raumstation ISS. Für 2025 oder 2026 erwägt Musk den Börsengang der Space-X-Tochter Starlink.

Die Raketenantriebstechnik ist mittlerweile so weit entwickelt, dass Menschen schnell, sicher und vergleichsweise kosteneffizient ins All befördert werden können. Das wiederum bildet den Ausgangspunkt, um andere Planeten zu kolonisieren. "Die Weltraumwirtschaft des 21. Jahrhunderts entwickelt sich mit zwei Zielen: Erstens geht es darum, multiplanetares Leben zu ermöglichen. Zweitens, das Leben auf der Erde vom Weltraum aus zu verbessern", erklärt Rolando Grandi, Manager des Aktienfonds Echiquier Space.

Um dem ersten Ziel näher zu kommen, haben die Amerikaner das Artemis-Programm aufgelegt. Benannt nach der griechischen Göttin des Mondes, soll dieses Projekt den Grundstein für weit ambitioniertere Vorhaben legen. 50 Jahre nach ihrer letzten Mondlandung wollen die Amerikaner mit der unbemannten Artemis-1-Mission zum Erdtrabanten zurückkehren. Bereits am 29. August könnte die NASA eine Rakete mit einer Raumkapsel in Richtung Mond starten. Alternative Termine sind der 2. oder 5. September.

Der Mond als Zwischenstation

Ziel ist zunächst eine vier- bis sechswöchige Mondumrundung. 2024 sollen dann im Rahmen der Artemis-2-Mission Astronauten um den Erdtrabanten kreisen. Und ein Jahr später könnten mit Artemis 3 dann wieder Raumfahrer auf dem Mond landen. Das alles soll aber nur Vorbereitung für ein größeres Projekt sein: Astronauten zum Mars zu schicken. Für dieses Vorhaben ist der Mond die ideale Zwischenstation. Es kann bei weniger Risiko für Aufenthalte auf dem Mars geübt und die Zuverlässigkeit der Technologien sichergestellt werden.

Natürlich soll auch die Mondoberfläche künftig intensiver erforscht werden. Mittlerweile ist zum Beispiel klar, dass es in den Polregionen des Monds Wassereis gibt, das möglicherweise als Trinkwasser genutzt werden kann, aber vielleicht auch, um Wasserstoff herzustellen. Gute Voraussetzungen, um auf dem Erdtrabanten ein Artemis-Basislager zu errichten, wie es die NASA plant. "Wir kehren zum Mond zurück, um wissenschaftliche Entdeckungen zu machen, wirtschaftliche Vorteile zu erzielen und eine neue Generation von Entdeckern zu inspirieren", so die Weltraumbehörde auf der Website der Artemis-Mission.

Auch in Europa treibt man Pläne voran, den Mond zu besiedeln. Eines der Hauptprojekte des französischen Start-ups Spartan Space (nicht börsennotiert) ist Eurohab. Dabei handelt es sich um ein aufblasbares Mondhabitat, das mit Technologien zur Speicherung von Sauerstoff und Energie und zum Recycling von Wasser ausgestattet ist. "Mit Unterstützung der französischen Weltraumagentur CNES, der europäischen Weltraumbehörde ESA und weiteren Partnern bauen wir dieses System gerade", berichtet der Chef von Spartan Space, Peter Weiss. Mit dem euro- päischen Trägersystem EL3 soll es einmal auf den Mond gebracht werden.

Leben und arbeiten auf dem Mond - zumindest zeitweise - ist keine allzu ferne Zukunftsvision mehr. Zugleich hilft die Weltraumökonomie, Lösungen für irdische Probleme zu finden. Zum Beispiel für die Bekämpfung des Klimawandels. "26 der 50 von den Vereinten Nationen festgelegten Indikatoren zur Überwachung des Klimawandels werden durch Satellitenbilder bereitgestellt", erklärt Fondsmanager Grandi.

Dieser Bereich der Raumfahrtwirtschaft sei derzeit für Anleger der attraktivste. "Satellitenbilder sind entscheidend, um zuverlässige, genaue und objektive Informationen zu erhalten", so Grandi. "Ein Geschäftssegment, das sich rasant entwickelt." Denn die Kosten für die Stationierung immer kleinerer und energiesparender Satelliten im Weltraum sinken kontinuierlich. "In den nächsten zehn Jahren dürften mehr als 33.000 von ihnen in die Umlaufbahn gebracht werden", sagt Grandi. Davon profitieren Unternehmen wie Iridium Communications oder Rocket Lab (siehe Investor-Info unten).

630 Milliarden Dollar Marktvolumen

Nach einem aktuellen Bericht des Analysehauses Northern Sky Research werden Missionen zur Beförderung von Astronauten, Versorgungsgütern und Infrastrukturen der stärkste Wachstumsmotor der Space Economy sein und im kommenden Jahrzehnt 216 Milliarden US-Dollar erwirtschaften. Insgesamt soll die Raumfahrtindustrie bis 2030 ein Volumen von mehr als 630 Milliarden Dollar erreichen.

Eines ist klar: Die Interessen im All sind vielfältig. Aber es geht auch darum, "das Überleben der menschlichen Spezies zu sichern, indem ihre Existenz auf anderen Planeten ermöglicht wird", meint Grandi. "Wie beim Investieren ist es wichtig zu diversifizieren, um nicht alle Eier im selben Korb zu haben."

INVESTOR-INFO

Iridium Communications

Solider Satellitenbetreiber

Das US-Unternehmen Iridium Communications bietet mobile Sprach- und Datenkommunikationsdienste über eine Konstellation von Satelliten in der Umlaufbahn an. Zu den Kunden zählen neben Regierungen Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Verbraucher. Die Amerikaner konnten zuletzt lukrative Aufträge an Land ziehen, die Aktie ist kein Schnäppchen mehr. Langfristanleger finden in dem Satellitenbetreiber aber eines der solidesten und attraktivsten Unternehmen aus dem Sektor.

Rocket Lab

Fokus auf kleine Raketen

Eine der interessantesten Aktien für spekulative Anleger ist Rocket Lab. Das Unternehmen hat sich auf den Bau kleinerer Raketen spezialisiert, für die es eine große Nachfrage gibt. Rocket Lab hat einen Exklusivvertrag mit der französischen Satellitenfirma Kineis, um im All eine Internetverbindung für Industriekonzerne zu schaffen. Sehr gute Wachstumschancen, ein positiver Cashflow wird aber erst 2025 erwartet. Die Aktie muss an der US-Börse gekauft werden.

Weltraum-Fonds

Gut gestreut investieren

Aufgrund der hohen Unsicherheiten in der jungen Weltraumindustrie ist eine Streuung der Anlage durch einen Fonds sinnvoll. Der im Mai 2021 aufgelegte und von Rolando Grandi gemanagte Weltraumfonds setzt auf die Themen Beobachtung der Erde, Telekom-Satelliten sowie Fertigung im Orbit. Der Portfoliomanager wählt aus knapp 200 Titeln die 25 bis 35 aussichtsreichsten aus. Aus Nachhaltigkeitsgründen werden bestimmte Sektoren wie etwa Rüstung ausgeschlossen.