Für langfristig orientierte Anleger könnten der Index und die darin enthaltenen Werte dennoch durchaus interessante Perspektiven bieten.

Polens Wirtschaft gilt gemeinhin als vergleichsweise robust, rutsche der osteuropäische Staat doch als einziges EU-Land während der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 nicht in die Rezession. Auch die aktuellen Zahlen können sich sehen lassen: Vor allem dank der starken Industrieproduktion ist das Bruttoinlandsprodukt selbst im krisengeschüttelten ersten Quartal 2021 um 1,1 Prozent gewachsen. Und: Da der Einkaufsmanagerindex der Industrie, der als vielbeachteter Frühindikator gilt, im Mai auf ein Rekordhoch stieg, könnte der positive Wachstumstrend durchaus anhalten.

Auch die Weltbank blickt zuversichtlich in die Zukunft: So erwarten die Ökonomen des Instituts für dieses Jahr einen BIP-Zuwachs von 3,8 Prozent und für 2022 von 4,5 Prozent. Und mit einer Arbeitslosenquote von 3,1 Prozent per Ende April nimmt Europas sechstgrößte Volkswirtschaft ebenfalls eine Spitzenposition in der Europäischen Union ein. Zum Vergleich: In der EU betrug die Arbeitslosigkeitsrate im April 7,3 Prozent. Gleichzeitig stieg die polnische Industrieproduktion im April um 44,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Nicht von ungefähr ist daher häufig vom "Wirtschaftswunder an der Weichsel" die Rede.

Profitieren dürfte Polens Wirtschaft auch von den üppigen Geldern des Corona-Wiederaufbau-Fonds. So sollen 24 Milliarden Euro an Zuschüssen und 34 Milliarden Euro an Darlehen nach Warschau überwiesen werden. Gelder, die in die Infrastruktur, die Digitalisierung, die Verbesserung des Gesundheitswesens und den Ausbau erneuerbarer Energien fließen sollen. Dies und die fortschreitenden Erfolge im Kampf gegen die Pandemie, steuer- und geldpolitische Maßnahmen der Notenbank zur Stützung der Wirtschaft sowie der anhaltend starke Binnenkonsum der Polen könnten auch dem polnischen Leitindex WIG 20 Rückenwind verleihen.

WIG 20 mit Luft nach oben


Bislang allerdings hat sich das Börsenbarometer im Vergleich zu anderen Indizes aber weder auf kurze noch mittlere oder gar lange Sicht als besonders erfolgreich erwiesen. Zwar legte der WIG 20 seit Jahresbeginn um etwa 10 Prozent an Wert zu, doch andere Indizes waren da deutlich offensiver und erklommen immer neue Rekordstände. Auch von seinem im Jahr 2007 erreichten Allzeithoch in Höhe von 3.940 Punkten ist der WIG 20 mit aktuell rund 2.200 Zählern noch ein deutliches Stück entfernt. Vor diesem Hintergrund könnte der WIG 20 also noch eine Menge Nachholpotenzial haben.

Wachsende Attraktivität des WIG 20


Auch die gut durchmischte Besetzung könnte den Index stützen. So finden sich unter dem Dach des WIG 20 Unternehmen aus den Bereichen Energie und Versorgung, Banken, Rohstoffen, Telekommunikation, IT, Medizintechnik, Schuh- und Bekleidungshandel sowie eine Supermarktkette. Von den Anlegern weitgehend unbemerkt blieb wohl auch, dass Polens Aktienmarkt 2018 als bisher letzter von inzwischen 25 internationalen Märkten bei den Indexanbietern FTSE Russell und Stoxx vom Status "Emerging Market" in die Gruppe entwickelter Kapitalmärkte hochgestuft wurde.

Eine Option für langfristige Anleger


Angesichts der robusten und nachhaltig wachsenden Wirtschaft, den gut ausgebildeten Fachkräften, der zunehmenden Expansion polnischer Unternehmen, des starken Binnenkonsums, die aus den EU-Fördermitteln stammenden Investitionsmöglichkeiten sowie der fortschreitenden Digitalisierung könnten der WIG 20 und die darin enthaltenen Werte durchaus eine Option für langfristig orientierte Anleger sein. Eine Garantie, dass der WIG 20 ähnlich erfolgreich sein wird wie der Weltklassestürmer Robert Lewandowski, gibt es selbstverständlich nicht. Aber auch der polnische Nationalspieler wurde ja nicht über Nacht zu einem überragenden Stürmer. Qualität braucht eben Zeit, um sich zu entwickeln.

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Markus C. Zschaber gilt als ein sehr erfahrener Geldmanager und ist Gründer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft, die seit nunmehr 26 Jahren die Vermögen von privaten und institutionellen Anlegern betreut. Mehrfach wurde er bereits als Portfoliomanager ausgezeichnet, sein Gesicht ist den meisten Anlegern bereits seit 1998 durch den Nachrichtensender n-tv bekannt, bei dem der Experte regelmäßig Interviews gibt. Während der Finanzkrise und der anhaltenden Corona-Krise steht er den politischen Gremien auch als externer Berater zur Verfügung und ist bei vielen Diskussionen rund um das Thema Staatenverschuldung, Inflation und EZB-Politik mit eingebunden. Für Börse Online erläutert der Kölner Vermögensverwalter die interessanten Themen rund um den Anlage- und Kapitalmarkt. Nähere Informationen zur V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft finden Sie hier: https://zschaber.de/