Die Commerzbank hat jüngst eine Branchenkonferenz mit einer Rekordteilnehmerzahl von 121 Unternehmen abgehalten. Allgemein hieß es bei der Veranstaltung, dass die deutschen Aktienindizes noch immer dabei seien, sich an die steigenden Ängste vor einer globalen Rezession anzupassen. Auf der einen Seite versuchten Fed und EZB, der Abschwächung der Konjunkturdaten mit einer expansiven Geldpolitik zu begegnen. Auf der anderen Seite übe aber der eskalierende Handelskrieg zwischen den USA und China Druck auf das globale Wirtschaftswachstum aus.

Mit monetären und fiskalischen Maßnahmen werde weltweit versucht, die Konjunkturschwäche zu stabilisieren. Nach Ansicht der Commerzbank wird die EZB den Einlagesatz von -0,4 Prozent auf -0,6 Prozent senken und ab September auch wieder Nettoanlagekäufe tätigen. Die Fed habe ihre restriktive Geldpolitik eingestellt und sollte den Leitzins noch vor Jahresende zweimal auf 1,50 Prozent - 1,75 Prozent senken. In China versuche die Regierungspartei, die Binnenwirtschaft mit fiskalischen Maßnahmen und Kürzungen der Mindestreservequote zu stabilisieren.

Bei den hausintern beobachteten Unternehmen sollten Restrukturierungen, Rationalisierungen und Spin-offs in einigen Fällen dabei helfen, die Nachhaltigkeit der Erträge zu verbessern. M&A-Aktivitäten, die durch das anhaltend niedrige Zinsumfeld erleichtert werden, könnten ebenfalls anziehen, obwohl sich dafür vermutlich erst die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern müssten.

Die Berichtssaison sei in Deutschland im zweiten Quartal erwartungsgemäß schwach verlaufen und von einer hohen Anzahl von Gewinnwarnungen begleitet gewesen. Nach Einschätzung der Commerzbank müssen die konsensorientierten Gewinnschätzungen noch vor Ende dieses Jahres weiter nach unten korrigiert werden. Beim DAX gehe es dabei um eine Revision von drei bis fünf Prozent. Nach einer Stabilisierung bei den Ergebnisrevisionen und begleitet von einer expansiven Geldpolitik sowie einem schwachen Euro zur Unterstützung der exportorientierten deutschen Unternehmen könnte der DAX dann auch wieder einen nachhaltigen Aufwärtstrend einschlagen.

Die DAX-Bewertungskennzahlen hätten sich zuletzt in Richtung Zehnjahresdurchschnitt verbessert, wobei das DAX-KGV bei 12,2x liege und das DAX-Kurs-Buchwertverhältnis bei 1,37x. Die Handelsspanne beim DAX in den kommenden Monaten sieht man zwischen 11.200 und 12.400 Punkten.

Die größten Risikofaktoren für den DAX stellten eine weitere Eskalation des Handelskrieges zwischen den USA und China dar, die eine stärkere Verlangsamung des Welthandels und eine Rezession in Deutschland auslösen könnte. Hinzu komme eine eventuell kontinuierliche Abschwächung der Frühindikatoren der deutschen und europäischen Volkswirtschaften. Eine Gefahr stelle auch die zukünftige Politik der EZB und der US-Notenbank dar. Hinzu kämen politischen Unsicherheit wegen dem Brexit, in Italien, in Argentinien und in Hongkong.

Wir haben die Liste der Branchen-Konferenz-Teilnehmer durchforstet und dabei fünf Titel mit einer Commerzbank-Kaufempfehlung herausgefiltert, die über besonders hohe Kursziele verfügen (die Abstände zu den aktuellen Notierungen bewegen sich zwischen 60 Prozent und 97 Prozent). Nachfolgend stellen wir dieses Quintett näher vor.

Nordex-Aktie



Zu den auf der Branchenkonferenz vertretenen Titeln mit dem größten Kurspotenzial laut Commerzbank zählt Nordex. Bei den Aktien des Windkraftanlagenbauers hält der zuständige Analyst Sebastian Growe einen Anstieg bis auf 16,00 Euro für möglich. Das ist eine Vorgabe, die sich um 80,5 Prozent über den aktuellen Notierungen von 8,865 Euro bewegt.

Wie die Commerzbank ausführt, ist Nordex dank eines starken Angebots in allen Produktklassen einer der Top 5 der weltweit führenden OEMs von Onshore-Windkraftanlagen in den USA, Lateinamerika und Europa. Ein starkes Volumenwachstum sollte eine Erholung des EBITDA auf ein Niveau von über 200 Millionen Euro bis 2020 ermöglichen, gegenüber rund 100 Millionen Euro im Jahr 2018. Wobei es aber so sei, dass der Markt diese Erwartungshaltung immer noch in Frage stelle.

Nach einem Ausverkauf bei der Aktie seit Mai, der nicht gerechtfertigt gewesen sei, sei der Titel inzwischen wieder als sehr attraktiv einzustufen. Nach der Fusion mit AWP im zweiten Quartal 2016 sei Nordex die Nummer 5 im globalen Windmarkt mit einem Anteil von rund sechs Prozent, der sowohl entwickelte Länder (rund 2/3 des Konzernumsatzes) als auch strukturell wachsende Schwellenländer mit besonders starken Zugängen in Lateinamerika abdecke.

Nordex sein ein reines Onshore-Spiel mit Anlagen von 2MW-4,5MW Typenschildleistung für alle Windklassen. Alle drei Top-Manager (CEO, CFO, CSO) seien seit der Fusion mit AWP Ende 2016 an Bord, was sich in einem selektiven Go-To-Market-Ansatz, einer gesunden Bilanz und einer auf Spitzenprodukte ausgerichteten Forschung und Entwicklung zeige. Das Resultat sein ein Auftragseingang von 5,7 GW zum Ende des zweiten Quartals (plus >48 Prozent y/y), wobei viele Order von hochkarätigen Kunden platziert worden seien.

Nordex bereitet sich auf Lieferungen von rund vier GW im Jahr 2019 vor und von jeweils nicht weniger als fünf GW im Jahr 2020/21, was bedeute, dass in den kommenden Quartalen kein Einbruch der Auftragsvolumina zu erwarten sei, sondern lediglich eine Normalisierung. Nachdem das Management tendenziell eine Verbesserung der operativen Margen bestätigt habe, fühlt sich Analyst Growe wohl mit einem geschätzten bereinigten EBITDA für 2020/21 von 235 Millionen sowie von 260 Millionen Euro. Seine Prognosen liegen damit um rund sieben bzw. neun Prozent über den Konsensvorhersagen.

Eine Bewertung zum rund siebenfachen beim Verhältnis von Unternehmenswert zum EBITA für 2020 stelle einen mehr als 25-%igen Rabatt gegenüber den wichtigsten Konkurrenten dar. Beim Ergebnis je Aktie rechnet die Commerzbank in diesem Jahr mit einem Verlust von 0,26 Euro und für 2020 sowie für 2021 dann mit Gewinnen von 0,37 Euro bzw. von 0,64 Euro je Anteilsschein.

Charttechnik



Der Aktienkurs von Nordex unterlag seit 2001 einigen volatilen Schwankungen. Ein nachhaltiger Trend hat sich dabei nie durchgesetzt und so bewegt sich die Notiz derzeit auf einem bereits im Jahr 2003 gültigen Stand. Was die Kursentwicklung in diesem Jahr angeht, hat sich nach einem starken Auftakt zuletzt wieder Kursschwäche breit gemacht, so dass vom Chart angesichts der zum Wochenauftakt frisch markierten Zwischentiefs letztlich derzeit keine Kaufsignale kommen.



Profil



Die Nordex-Gruppe hat mehr als 25 GW Windenergieleistung in über 40 Märkten installiert und erzielte im Jahr 2018 einen Umsatz von etwa 2,5 Milliarden Euro. Das Unternehmen beschäftigt derzeit über 5.500 Mitarbeiter. Zum Fertigungsverbund gehören Werke in Deutschland, Spanien, Brasilien, den USA, Indien, Argentinien und in Mexiko. Das Produktprogramm konzentriert sich auf Onshore-Turbinen der 2,4- bis 5,X-MW-Klasse, die auf die Marktanforderungen von Ländern mit begrenzten Ausbauflächen und Regionen mit begrenzten Netzkapazitäten ausgelegt sind.

Unter dem Markennamen Nordex und Acciona Windpower bietet man leistungsstarke Windenergieanlagen für nahezu alle geographischen Regionen an. Neben der technischen Gesamtauslegung liege das Know-how in der Entwicklung von über 64 Meter langen Rotorblättern sowie in der integrierten Elektro- und Leittechnik für Windenergieanlagen, heißt es in der Selbstbeschreibung.

Wirecard-Aktie



Ansehnliche Kursgewinne verspricht sich die Commerzbank auch von den Aktien von Wirecard. Kleiner Einschub am Rande: Das ist übrigens jener Wert, der im Jahr 2018 die Commerzbank aus dem DAX verdrängt hat. Die zuständige Analystin Heike Pauls hält das aber nicht davon ab, den Titel mit einem Kursziel von 230,00 Euro zu versehen. Damit verfügt Wirecard bei einer aktuellen Notiz von 144,20 Euro über ein Aufwärtspotenzial von 59,5 Prozent.

Die von dem Zahlungsdienstleister für die Jahre 2020 bis 2025 genannten Geschäftsziele beinhalteten eine erhebliche Sicherheitsmarge, deren Ausmaß der Gesamtmarkt derzeit unterschätze. Die jüngste Beschleunigung bei der Gewinnung großer Kunden scheine ein nachhaltiger Trend zu sein, da die Händler ihre Digitalisierungsstrategien priorisierten. Eine anstehende Optimierung des regionalen Lizenzportfolios sollte die Margen- und Produktdifferenzierung unterstützen.

Analystin Pauls ist der Ansicht, dass die zuletzt bereits starken Neuabschlüsse im zweiten Halbjahr noch einmal besser ausfallen könnten. Die positive Entwicklung bei den Großkunden mache jedenfalls Mut und die zahlreichen Beziehungen von Softbank scheinen dies sogar noch zu verstärken. Dazu passt zum Wochenauftakt die Meldung über eine Kooperation von Wirecard mit Brightstar, einem Anbieter von Dienstleistungen für das Management von Mobilgeräten und Zubehör, die vom strategischer Partner Softbank initiiert wurde. Außerdem geht Pauls davon aus, dass die Einführung der PSD2-Regulierung den Rückenwind bei kleineren und mittleren Händlern zusätzlich erhöht.

Vor diesem Hintergrund sei das kürzlich angehobenen Ziel für 2020 eines Umsatzes von gut 3,4 Milliarden Euro als sehr konservativ einzuschätzen. Bei dieser Vorgabe dürften bereits Gegenwinde vom volkswirtschaftlichen Umfeld eingerechnet sein und falls diese ausblieben, könnte es gelingen, das Ziel zu übertreffen.

Das Unternehmen habe darüber hinaus zuletzt angekündigt, dass es in diesem Jahr in zwei großen Märkten Partnerverträge durch Direktlizenzen ersetzen wird. Ein offensichtlicher Vorteil daraus seien Kosteneinsparungen, aber am wichtigsten sei, dass das Unternehmen erwarte, dass eine daraus resultierende Verlängerung der Wertschöpfungskette einen echten Wettbewerbsvorteil bietet und die Kundenpipeline auch nach 2019 unterstützt.

Nach dem Urteil von Pauls gibt es eine Divergenz zwischen dem von ihr als sehr positiv bezeichneten fundamentalen Nachrichtenfluss, zu dem unter anderem die Unterzeichnung von zahlreichen Neugeschäften gehöre, und dem Aktienkurs.

Den Umsatz sieht die Commerzbank von 2018 bis 2021 von 2,016 Milliarden Euro auf 4,320 Milliarden Euro steigen. Mit dem Gewinn je Aktie soll es gleichzeitig sogar von 2,81 Euro auf 8,21 Euro nach oben gehen. Auf letztgenannter Basis ergibt sich damit ein geschätztes KGV von 17,56.

Charttechnik



Der Aktienkurs von Wirecard gehört mit einem von Februar 2003 bis September 2018 verbuchten Anstieg von 0,77 Euro auf 195,75 Euro zu den ganz großen Höhenfliegern auf dem deutschen Kurszettel. Seit dem letztgenannten Rekordhoch musste der Titel aber einen und teilweise sogar zwei Gänge zurückschalten und auch aktuell befindet sich der Wert noch mitten in einer Verschnaufpause. Derzeit ist diese Bewegung aber als eine Konsolidierung/Korrektur einzustufen, nach deren Ende eine Wiederaufnahme des langfristigen Aufwärtstrends möglich erscheint.



Profil



Wirecard ist laut Selbstbeschreibung eine der weltweit am schnellsten wachsenden digitalen Plattformen im Bereich Financial Commerce. Das Unternehmen bietet mit mehr als 5.300 Mitarbeitern und an 26 Standorten weltweit sowohl Geschäftskunden als auch Verbrauchern ein ständig wachsendes Ökosystem an Mehrwertdiensten rund um den innovativen digitalen Zahlungsverkehr: online, mobil und am Point of Sale.

Die Gesellschaft betreibt regulierte Finanzinstitute in mehreren Schlüsselmärkten und hält Lizenzen aus allen wichtigen Zahlungs- und Kartennetzwerken. Insgesamt vertrauen über 279.000 Unternehmen bei der Abwicklung ihrer internationalen Geschäfte auf die angebotenen Technologien und Dienstleistungen. Hierzu zählen sowohl namhafte Großunternehmen, mittelständische Kunden als auch Start-ups aus den Bereichen Travel & Mobility, Retail, E-Commerce, Bankenwesen und Telekommunikation.

1&1 Drillisch-Aktie



Geht es nach der Commerzbank, dann ist bei den Aktien von 1&1 Drillisch die Kluft zwischen den aktuellen Notierungen von 24,78 Euro und dem Kursziel von 45,00 Euro sehr groß. Denn damit verspricht die Kaufempfehlung für den Telekommunikationsanbieter Kursgewinne von 81,6 Prozent.

Die Commerzbank räumt ein, dass hier Startrisiken und mangelnde Transparenz die Aktie nach wie vor belasten. Aber beim Risiko im Zuge der Unternehmenstransformation scheine der Markt inzwischen nach unten hin zu übertreiben. Schließlich verfüge das Management über viel Erfahrung und das Netzwerk-Venture befinde sich in guten Händen.

Die Entscheidung von 1&1 Drillisch, ein eigenes Mobilfunknetz aufzubauen, habe bei einem zuvor noch gut planbaren Investment-Case, der viel Cash generierte, zu einigen Unsicherheiten geführt. Die Unwägbarkeiten seien so groß, dass es im aktuellen Stadium nicht möglich sei, belastbare Prognose zum Geschäftsplan abzugeben. Ein Preisstreit mit einem Großhändler belaste zudem die ausgewiesenen Gewinne und erhöhe die Unsicherheit.

Dieser Großhandels-Preisstreit hat bis zu einer Entscheidung eine feste Frist bis Ende Oktober und danach herrsche zumindest in dieser Hinsicht mehr Klarheit. Ein weiterer wichtiger Schritt für den Infrastrukturplan von 1&1 seien die nationalen Roaming-Verhandlungen mit den Netzbetreibern, die Alternativen zu einer "sicheren" Roamingoption bei Telefónica Deutschland bieten können, die durch die Abhilfeverpflichtungen des Betreibers definiert sei. Bis zum Jahresende seien spürbare Fortschritte zu erwarten.

Das eigene Netzwerk-Venture sei finanziell sinnvoll, wenn die erwarteten lebenslangen Großhandelskosteneinsparungen die Kosten für den eigenen Infrastrukturausbau überstiegen - die Commerzbank kalkuliert hier mit 10,5 Milliarden Euro als entscheidende Marke. Derzeit geht man davon aus, dass die aus dem bestehenden Festnetz- und Mobilfunkgeschäft generierten Mittel die Einführungskosten vollständig abdecken.

Die kurzfristigen Bereitstellungskosten würden begrenzt und seien gut finanziert. Die 730 Millionen Euro an Frequenzzahlung im Jahr 2019 und der wahrscheinliche Wunsch, Kapitalmittel für eine zweite, möglicherweise teurere Frequenzauktion im Jahr 2024 vorzuhalten, ließen vorerst eine konservative Dividenden-Auszahlungsstrategie erwarten.

Beim Umsatz kalkuliert die Commerzbank bei 1&1 Drillisch mit einem Anstieg von 3,662 Milliarden auf 4,066 Milliarden Euro von 2018 bis 2021. Den Gewinn sieht man gleichzeitig allerdings von 2,30 Euro auf 1,34 Euro zurückgehen.

Charttechnik



Nach einer Talfahrt rund um die Jahrtausendwende, als die TMT-Blase platze, ging es mit dem Aktienkurs von 1&1 Drillisch von Oktober 2002 bis Januar 2018 von 0,52 Euro bis auf 72,05 Euro nach oben. Durch die seitdem verbuchten Verluste ist der zuvor gültige langfristige Aufwärtstrend aber längst gebrochen worden und angesichts eines erst Mitte August bei 22,16 Euro aufgestellten Mehrjahrestief ist der mittelfristige Abwärtstrend auch als nach wie vor intakt einzustufen.



Profil



Die 1&1 Drillisch AG ist eine börsennotierte AG und einer der großen netzunabhängigen Telekommunikationsanbieter in Deutschland. Der Konzern bietet seinen Kunden ein umfassendes Portfolio an Dienstleistungen und Produkten aus den Bereichen Breitband und Mobilfunk. Das Kerngeschäft des 1&1 Drillisch-Konzerns ist im Wesentlichen bei den hundertprozentigen Tochtergesellschaften Drillisch Online GmbH ("Drillisch Online"), Maintal, und 1&1 Telecommunication SE ("1&1"), Montabaur, angesiedelt.

Profil

Drillisch vermarktet im Wesentlichen Postpaid- und Prepaid- Produkte in den Netzen von Telefónica und Vodafone sowie Breitband-Produkte inklusive der damit verbundenen Anwendungen (wie Heimvernetzung, Online-Storage, Telefonie, Video-on-Demand oder IPTV).

Dürr-Aktie



Auch bei dem auf der Branchenkonferenz ebenfalls vertretenen Maschinen- und Anlagenbauer Dürr wittert die Commerzbank Chancen auf erhebliche Kursgewinne. Die Kaufempfehlung ist jedenfalls mit einem Kursziel von 42,00 Euro garniert. Damit stellt der zuständige Analyst Ingo-Martin Schachel gemessen am aktuellen Kurs von 22,76 Euro einen Anstieg von 84,5 Prozent in Aussicht.

Schachel billigt Dürr ein großartiges Geschäftsmodell zu, dem stünden derzeit aber schwache Endmärkte gegenüber. Dürr sei in den meisten Geschäftsfeldern klarer Marktführer (mit Marktanteilen von bis zu 60 Prozent) und Technologieführer in der Lackiertechnik und Anwendungstechnik.

Das Geschäft mit Holzbearbeitungsmaschinen habe sich 2014-17 stark entwickelt, sei aber 2019 aufgrund eines deutlich schwächeren chinesischen Marktes schwächer. Die Cash Conversion Rate von Duerr sei in den Jahren 2010-2016 aufgrund des geringen Wartungsaufwands hoch gewesen. Angesichts ungünstigerer Zahlungsbedingungen habe sich dies deutlich geändert; die Cashflows 2016-2019 seien sogar sehr schwach ausgefallen.

2018 habe Dürr die Märkte mit Änderungen bei den Margenprognosen für das Geschäftsjahr 2018 und der mittelfristigen Ziele schockiert. Während Schachel zunächst gehofft hatte, dass dies bedeuten würde, dass die Erwartungsänderung abgeschlossen ist, enttäuschten die Ergebnisse im ersten Halbjahr 2019 erneut, insbesondere bei Mess- und Prozesssystemen und bei Homag.

Die hauseigenen Gewinnschätzungen für die Aktie lägen noch unter dem Konsens. Dennoch sehe man die Aktie an dieser Stelle nicht negativ, da man nach wie vor davon überzeugt ist, dass das Geschäftsmodell und die Marktposition von Dürr grundsätzlich gut sind. Während für Dürr und die meisten anderen zyklischen Werte mehr Konsensus-Downgrades zu erwarten seien, stelle man auch fest, dass "Value"-Aktien mit einem ungewöhnlich hohen Abschlag gehandelt werden.

Für das Geschäftsjahr 2019 rechne Dürr mit einem Auftragseingang von 3,8 - 4,1 Milliarden Euro und einem Umsatz von 3,9 - 4,1 Milliarden Euro. Die EBIT-Marge werde voraussichtlich 5,5-6,0 Prozent betragen. Die wichtigsten Endmärkte lieferten weiterhin negative Eckpunkte, so dass es schwer sei, einen Aufwärtstrend bei der Prognose zu erkennen, aber vorerst halte man die aktuellen Vorgaben für realistisch.

Um eine Neubewertung zu erleichtern, sei es entscheidend, dass Dürr im zweiten Halbjahr 2019 verbesserte Margen im Bereich Paint Systems erziele. Der Markt hoffe bereits seit mehreren Quartalen auf eine Verbesserung der Margen in dieser Einheit und könnte die Geduld verlieren, wenn es auch im zweiten Halbjahr 2019 nicht zu Verbesserungen komme.

Beim Umsatz kalkuliert die Commerzbank in diesem Fall von 2018 bis 2021 mit einem Anstieg von 3,87 Milliarden Euro auf 4,176 Milliarden Euro. Der Gewinn je Aktie von zuletzt 2,87 Euro soll erst 2021 mit 3,02 Euro wieder höher ausfallen als im Vorjahr. Wobei sich auf dieser Basis ein geschätztes KGV von 7,5 ergibt.

Charttechnik



Mit dem Aktienkurs von Dürr war von 1997 bis Anfang 2009 nicht viel los. Im Jahr 2008 gab es sogar einen herben Kursrückgang zu verzeichnen. Von März 2009 bis November 2017 ging es dann aber plötzlich steil nach oben, wie ein da eingefahrener Anstieg von 1,82 Euro auf 59,33 Euro dokumentiert. Der dabei gezeigte Schwung ist aber längst verflogen und der seitdem aufgebaute Abwärtstrend ist derzeit als uneingeschränkt intakt zu bezeichnen.



Profil



Der Dürr-Konzern ist ein weltweit führender Maschinen- und Anlagenbauer mit ausgeprägter Kompetenz in den Bereichen Automatisierung und Digitalisierung/Industrie 4.0. Die Maschinen, Anlagen und Services ermöglichen laut Selbstbeschreibung des Unternehmens maximale Produktionseffizienz, sei es in der Automobilindustrie, auf die rund 55 Prozent des Umsatzes entfallen, oder in Branchen wie Holzbearbeitung, Maschinenbau, Chemie, Pharma und Elektro.

Die Gesellschaft betreibt 108 Standorte in 32 Ländern. Mit den Marken Dürr, Schenck und HOMAG operiert man weltweit. Außer in Nordamerika und Westeuropa ist Dürr auch in den Emerging Markets stark vertreten. Dort erzielte man im Geschäftsjahr 2018 rund 46 Prozent des Auftragseingangs sowie 48 Prozent des Umsatzes. Insgesamt belief sich der Umsatz im Vorjahr auf 3,87 Milliarden Euro.

Befesa-Aktie



Die größten Gewinnchancen wittert die Commerzbank bei Befesa. Das Kursziel für den Metallrecycler hat der zuständige Analyst Ingo-Martin Schachel auf 61,00 Euro festgezurrt. Damit winkt ein Anstieg von 97,1 Prozent gegenüber der aktuellen Notiz von 30,95 Euro für den Fall, dass die Rechnung aufgeht.

Die Commerzbank bezeichnet Befesa als klaren Marktführer auf dem europäischen Markt für Stahlstaubrecycling und damit in einem attraktiven Nischenmarkt. Da das Recycling von Stahlstaub durch Umweltauflagen vorgeschrieben ist, sei das Angebot von Stahlstaub vorhersehbar und wachsend. Das Unternehmen habe in Südkorea und in der Türkei neue Recyclinganlagen gebaut. Schachel betrachtet das Geschäftsmodell als hoch skalierbar, da immer mehr Schwellenländer strengere Vorschriften erlassen.

Trotz Skalierbarkeit und Margensteigerung dank einem höheren Zinkgehalt im Stahlstaub handele die Aktie mit einem starken Abschlag gegenüber dem Gesamtmarkt sowie verglichen mit seinen Mitbewerbern. Schachel hält dies für ungerechtfertigt, zumal er für Befesa bis 2025 ein prozentual zweistelliges Wachstum vorhersagt.

Das Ergebnis werde zwar beeinflusst durch Änderungen des Zinkpreises, aber zu bedenken sei auch, dass das Unternehmen bis zum ersten Halbjahr 2021 rund 70 Prozent seines Exposures abgesichert habe. Es gibt laut Schachel keine börsennotierten direkten Wettbewerber nachdem American Zinc Recycling und ZincOx dekotiert wurden. Aber er ist der Meinung, dass Befesa es verdient, mit einer Prämie gegenüber Metallunternehmen zu handeln.

Der Analyst ist wie bereits angedeutet zuversichtlich, dass Befesa in der Lage ist, seine Aktivitäten auf globaler Basis zu skalieren. Diese Einschätzung basiert auf einer umfassenden Bewertung der Endmärkte und des Wettbewerbsumfelds der Gesellschaft. Befesa habe mit einer erwarteten Spanne von 182-185 Millionen Euro bei einem Zinkpreis je Tonne von 2.850 Dollar eine eher restriktive EBITDA-Prognose für 2019 abgegeben Die Schätzungen für das laufende Geschäftsjahr sind niedriger, da man die niedrigeren Spotpreise für Zink berücksichtigt hat. 2020 werde ein wichtiges Jahr mit Blick auf das Ergebniswachstum sein, da der Ausbau des Werkes in der Türkei voranschreiten wird.

Allgemein heißt es, das Unternehmen vereine viele der Vorteile eines margenstarken Business-Services-Unternehmens in einem regulierten Markt mit einem signifikanten Zinkpreisüberhang in sich. Langfristige, organische Wachstumsprojekte in neuen Märkten, insbesondere in China, könnten noch mehr Wert schaffen. Die wichtigsten Abwärtsrisiken seien der Zinkpreis und der verstärkte Wettbewerb.

Den Umsatz sieht man von 2018 bis 2021 von 720 Millionen Euro auf 813 Millionen Euro steigen. Mit dem Gewinn je Aktie soll es gleichzeitig von 2,65 Euro auf 3,31 Euro nach oben gehen. Bei der Dividende kalkuliert man für die Jahre 2019 bis 2021 mit Zahlungen von 1,20 Euro, 1,60 Euro und 1,66 Euro je Anteilsschein. Daraus ergeben sich ansehnliche Renditen.

Charttechnik



Nach dem Börsengang im November 2017 ging es zunächst aufwärts mit dem Aktienkurs von Befesa. Das bisherige Hoch von 46,10 Euro stammt vom 28. Juni 2018. Seitdem ging es aber nicht mehr nach oben, sondern die Notiz drehte gen Süden ab. Und zwar ging es bis auf ein erst Mitte August 2019 aufgestellte Rekordtief von 26,95 Euro nach unten. Die jüngste Kurserholung hat noch nichts an einem weiter intakten mittelfristigen Abwärtstrend geändert.



Profil



Befesa ist ein Umweltdienstleistungsunternehmen, das sich sowohl auf das Recycling von industriellen Reststoffen aus der Stahlindustrie und Recyclingdienste für Aluminium und Salzschlacken, als auch auf zugehörige logistische und andere Industriedienstleistungen spezialisiert hat.

Die Umweltdienstleistungen sind in zwei Geschäftsbereiche unterteilt, der erste davon ist Steel Dust Recycling Services. Hierbei geht es um das Management und um Recycling-Dienstleistungen für Stäube aus Stahlwerken, die mit Elektrolichtbogenöfen herkömmlichen Stahl produzieren, um das Management und um Recycling-Dienstleistungen für Galvanisierungs-Reststoffe sowie um das Management und um Recycling-Dienstleistungen für Edelstahl- und Spezialstahlstäube. Hinzu kommt die nachhaltige Rückgewinnung von Zink in Form von Zink Oxid oder Wälz Oxid (WOX).

Geschäftsbereich zwei sind Aluminium Salt Slag Recycling Services. Diese umfassen integrierte Recycling-Dienstleistungen von Salzschlacken, verbrauchten Tiegelauskleidungen (SPL), Filterstäuben, Mahlstäuben aus Aluminiumschlacke und anderen Reststoffen. Darüber hinaus geht es um das Recycling von Sekundäraluminium, aus dem Aluminiumlegierungen hergestellt werden sowie um Technologie-Dienstleistungen und den Verkauf von Maschinen. Befesa verarbeitet jährlich über 1.300.000 Tonnen an Reststoffen und produziert über 600.000 Tonnen neue Materialien, die das Unternehmen wieder auf dem Markt einführt.