Von ihrem Kurssturz um fast 20 Prozent hat sich die Wirecard-Aktie seit den neuen Bilanzfälschungs-Vorwürfen durch die Financial Times Mitte Oktober bislang nicht substanziell erholt. Auch wenn ein zu Beginn dieser Woche angekündigtes Aktienrückkaufprogramm über 200 Millionen Euro für Kursauftrieb gesorgt hat und auch die heute vorgelegten Zahlen vielversprechend klingen: Das Unternehmen hat die gute Entwicklung des ersten Halbjahrs auch im dritten Quartal fortgesetzt, und Vorstandschef Markus Braun stellt für das Jahr 2020 sogar erstmals einen Betriebsgewinn in Milliardenhöhe in Aussicht.

Maßgeblicher für die Kursentwicklung in den kommenden Monaten dürfte aber tatsächlich sein, dass der Konzern Ende Oktober erstmals eine externe Sonderprüfung durch die Wirtschaftsprüfer der KPMG angekündigt hat, um die in der "Financial Times" erhobenene Vorwürfe der Bilanzfälschung untersuchen zu lassen. Das ist zumindest ein klares Signal an die Investoren , dass das Unternehmen die Beschuldigungen endlich ernst nimmt und bereit ist, sie aufzuklären. Offen ist aber, wie lange dieser Prozess dauert, was am Ende dabei herauskommt, und welche Konsequenzen Wirecard-Chef Braun daraus zieht. Der Unternehmensgründer scheint die Zeichen der Zeit inzwischen erkannt zu haben, während sich Aufsichtsratschef Wulf Matthies bis zuletzt gegen die Sonderprüfung gesträubt hat.

Das alles zeigt, dass bei Wirecard noch längst noch nicht alle an einer Leine ziehen. Solange das Unternehmen aber nicht für Transparenz gesorgt hat und die Vorwürfe ausgeräumt sind, solange können sich Angriffe wie Mitte Oktober jederzeit wiederholen. Nach jüngsten Angaben des Finanzdatenanbieters IHS Markit hat die Aktie zuletzt weiter Leerverkäufer angezogen, die auf fallende Kurse setzen. Mit einem Anteil von 15,8 Prozent ausgeliehener Aktien ist Wirecard derzeit die DAX-Aktie mit dem höchsten "Short-Vaule"-Anteil des Marktwertes, gefolgt von der Deutschen Bank (5,6 Prozent) und Daimler (2,8).

Einschätzung der Redaktion: Wirecard bleibt trotz guter Zahlen ein hochriskantes Investment mit Rückschlagpotenzial aufgrund der noch nicht aufgeklärten Vorwürfe. Immerhin hat das Unternehmen eine externe Sonderprüfung zugelassen. Mutige, die bereit sind, einen Vertrauensvorschuss zu geben und das Geschäftsmodell für aussichtsreich halten, könnten das aktuelle Kursniveau zum Einstieg nutzen. Generell ist Anlegern aber zu empfehlen, die Klärung der Vorwürfe abzuwarten. (Stand 06.11.2019).

Empfehlung: Halten

Zielkurs: 150

Stoppkurs: 100