Und es gibt viele Anbieter mit ähnlichen Leistungen. Die meisten kommen aus den USA, doch auch europäische Firmen sind auf dem Markt präsent - und erfolgreich. Wirecards Strategie ist es, an möglichst vielen Stellen des bargeldlosen Bezahlvorgangs zu sitzen und so an der gesamten Wertschöpfungskette zu profitieren. Darin ähnelt Wirecard seinem Konkurrenten Worldline, dessen Aktie 2020 deutlich gestiegen ist. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens beträgt aktuell 14 Milliarden Euro. Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider berichtet, soll das französische Unternehmen schon Interesse an Teilen von Wirecard bekundet haben. Worldline ist schon seit 1973, anfangs noch unter dem Namen Sligos, im Bereich der Kartenzahlungen aktiv und damit ein Veteran der Branche.

Jung und aufstrebend hingegen ist das niederländische Unternehmen Adyen. Es ist ein spezialisierter Payment-Service-Provider und bietet vor allem Großkunden ein umfangreiches Paket an Dienstleistungen an, um unbare Zahlungen für sie abzuwickeln. Seit Ende 2019 betreibt Adyen auch ein Geschäft mit der Herausgabe von digitalen Zahlungsmitteln, aber bei Weitem nicht in dem Umfang, in dem Wirecard es betreibt. Mit der drohenden Zerschlagung Wirecards könnte Adyen die PSP-Sparte übernehmen oder in die durch eine Insolvenz gerissene Lücke rücken. Bisher ist Adyen aber nur organisch gewachsen und hat kein Interesse an einer direkten Übernahme Wirecards bekundet. Adyen ist im Euronext 100 gelistet. Seit April, nach einem Corona-bedingten Einbruch, ist die Aktie im Wert um 600 Euro auf gut 1300 Euro gestiegen. Die Marktkapitalisierung beträgt 39 Milliarden Euro.

Ein weiteres wichtiges Geschäftsfeld für die Wirecard Bank, die von der Insolvenz des Mutterkonzerns nur indirekt betroffen ist, ist es, für Banken und Nichtfinanzunternehmen Kreditkarten zu betreiben; entweder als Co-Branding oder als White- Label. Ein ähnliches Geschäftsmodell hat die nicht börsennotierte deutsche Solaris Bank, die zumindest an den Kunden der Wirecard Bank Interesse zeigt. Übernahmepläne sind noch nicht bekannt, würden aber den "Umzug" der Kunden technisch erleichtern. In einer dritten Finanzierungsrunde hat Solaris am 30. Juni 60 Millionen Euro frisches Kapital aufgenommen.

Die Deutsche Bank hingegen hat schon Interesse an der Wirecard Bank geäußert. Das größte deutsche Geldinstitut ist nach eigener Aussage bereits im Gespräch mit der Finanzaufsicht Bafin, dem Wirecard Vorstand sowie dem Insolvenzverwalter des Unternehmens um "mögliche Hilfen" zu prüfen. Wie genau diese Hilfen aussehen sollen, ist nicht bekannt. In einem am Freitag veröffentlichten Interview mit dem Handelsblatt sagte Deutsche-Bank-Vorstand Fabrizio Campelli: "Wir sind eine der größten Banken im Zahlungsverkehr weltweit. Das ist eine unserer Stärken, ein echtes Kerngeschäftsfeld". Wenn sich die Gelegenheit böte, sich zu "verstärken", dann "werden wir uns diese ansehen". Viele Kunden der Wirecard Bank - wie zum Beispiel Aldi Süd - wechselten im Lauf der vergangenen Woche zu anderen Zahlungsdienstleistern. Das bringt auch die eigentlich solvente Wirecard Bank in Gefahr. Die Deutsche Bank hat schon in der Vergangenheit die Bedeutung der Zahlungsabwicklung als stete Einnahmequelle hervorgehoben; eine Übernahme von Teilen von Wirecard würde diese Aktivitäten noch weiter verstärken. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, die sich auf Insider beruft, beträgt der Buchwert der Wirecard Bank gut 160 Millionen Euro. Es sei allerdings zu erwarten, dass sie mit Abschlag verkauft wird.