Kleine Störfeuer haben den US-Aktienmarkt kurz vor Weihnachten belastet. Dennoch können Investoren sehr zufrieden auf das zu Ende gehende Jahr schauen. Gegenüber Ultimo 2013 steht ein Plus von acht Prozent zu Buche. Und etliche Investoren erwarten, dass die Hausse im nächsten Jahr weitergehen wird. Der rasante Kursanstieg seit Mitte Oktober reflektiert die Überzeugung, dass die US-Wirtschaft stark genug sei, um die für Mitte 2015 erwarteten Zinserhöhungen zu verkraften. Viele Volkswirte prognostizieren eine Beschleunigung des Wirtschaftswachstums auf drei Prozent und mehr.

Allerdings besteht die Gefahr, dass es einmal mehr anders kommt, als die Experten erwarten. Einerseits haben sich die Perspektiven für die Weltkonjunktur eingetrübt, weshalb der Internationale Währungsfonds die Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft 2015 gesenkt hat. Andererseits bekommen die US-Unternehmen den starken Dollar zu spüren. Im Jahr 2013 stammten 46 Prozent der Erlöse der S&P-500-Firmen aus dem Ausland.



Rückenwind bekommt die US-Wirtschaft hingegen vom Einbruch des Ölpreises, der dafür sorgt, dass Verbrauchern mehr Geld für den Konsum übrig bleibt. Allerdings leidet der Energiesektor. Laut einer Studie der Deutschen Bank macht die Branche ein Drittel der Investitionen aller S & P-500-Unternehmen aus. Wenn der Energiesektor im großen Stil auf die Ausgabenbremse tritt, wird die US-Wirtschaft merklich an Fahrt verlieren.

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Alles eine Frage der Zinsen

Der Anleihemarkt spiegelt das schon länger wider. Die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen, die Ende 2013 bei drei Prozent lagen, sind auf 2,2 Prozent gefallen. Die sich eintrübenden Konjunkturperspektiven zeigt auch der Russell 2000 an. Der Aktienindex für Small Caps, die deutlich stärker als die großen Unternehmen von der US-Wirtschaft abhängen, schwächelt im Gegensatz zum S & P 500 schon seit Mitte 2014. Die Analysten von Goldman Sachs haben ihre Gewinnschätzungen für den breiten Markt bereits gesenkt. "Wir erwarten, dass die Gewinne im Jahr 2015 um fünf Prozent auf 122 Punkte und im Folgejahr um acht Prozent auf 131 Punkte steigen werden", schreibt US-Aktienstratege David Kostin.

Falls die Zinsen für zehnjährige Anleihen entgegen den Erwartungen bis Ende 2015 nicht auf drei Prozent, sondern lediglich auf 2,5 Prozent steigen sollten, könne der S & P 500 dennoch bis auf 2300 Punkte klettern. Das 2016er-KGV läge dann allerdings bei 17,5. Kritisch bleibe, dass bereits das 2015er-KGV mit 16,2 auf Basis der Konsensschätzungen ein hohes Niveau erreicht hat. In einem Niedrigzinsumfeld hätten Investoren weiter großes Interesse an Dividenden, weil sie mehr Rendite abwerfen würden als die Zinsen für Staatsanleihen, rechtfertigt Kostin das noch höhere KGV. Denn dann spreche die Suche nach Rendite für höhere Bewertungen.

Im Fokus dürfte weiterhin vor allem Apple stehen. Investoren gehen davon aus, dass das iPhone-Geschäft brummen wird, weshalb sie den Börsenwert auf 652,6 Milliarden Dollar nach oben getrieben haben.

Die massiven Aktienrückkäufe haben allerdings dazu geführt, dass der Netto-Cashbestand zuletzt auf 120 Milliarden Dollar gesunken ist. Das ist das niedrigste Niveau seit September 2012. Bereinigt um das Netto-Cash von 20,46 Dollar je Aktie liegt das KGV allerdings bei lediglich 11,8 und damit deutlich unterhalb dem des S & P 500. Das Papier sollte daher weiter nach oben tendieren, zumal die Gewinnerwartungen seit Monaten steigen.

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Mit einem Börsenwert von 388,3 Milliarden Dollar hat Microsoft den Ölmulti Exxon als weltweit zweitgrößtes Unternehmen abgelöst. Investoren honorieren, dass Microsoft-Chef Satya Nadella den IT-Riesen energisch umstrukturiert. Der Konzern baut das Geschäft mit Cloud-Computing zügig aus. Nach dem Kauf der Handysparte von Nokia steht zudem die Expansion mit mobilen Geräten ganz oben auf der Agenda. Die Verkäufe von Office-Software über das Internet florieren ebenfalls. Zuletzt verzeichnete der Konzern 25 Prozent Umsatzwachstum.

Während die Microsoft-Aktie haussiert, schickt sich die von Ebay allmählich an, aus dem zweijährigen Seitwärtstrend nach oben auszubrechen. Nachdem sich Vorstandschef John Donahoe lange gegen die Abspaltung der Bezahltochter Paypal gesträubt hatte, hat er diesen Schritt Ende September überraschend doch angekündigt. Der Deal soll bis Ende 2015 vollzogen werden. Die wachstumsstarke Tochter könnte ihren Expansionskurs künftig ungebremst fortsetzen und damit besser mit den Wettbewerbern konkurrieren. Zudem will die Mutter ihrem Auktionsgeschäft wieder mehr Schwung verleihen.

Aussichtsreich bleibt auch der Kreditkartenanbieter Visa. Nachdem die Geschäfte im Fiskaljahr 2013/14, das im September endete, besser gelaufen sind als erwartet, stufen wir die Aktie auf "Kaufen" hoch. Der mit Abstand weltgrößte Kreditkartenanbieter profitiert davon, dass Plastikgeld zunehmend Bares ersetzt. Für das laufende Geschäftsjahr hat Vorstandschef Charlie Scharf ein währungsbereinigtes Umsatzplus im "unteren zweistelligen Bereich" in Aussicht gestellt. Große Erwartungen hat Scharf an das Geschäft mit mobilen Bezahlsystemen: "Wir haben unser traditionelles Geschäft, aber wir sehen auch im mobilen Bereich Chancen, die große Wachstumstreiber sind." Dass Visa bei Apple Pay mit im Boot ist, ist sicher nicht von Nachteil.

Einer der großen Profiteure des niedrigen Ölpreises ist AutoZone. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2014/15, das im November endete, hat der Anbieter von Autoteilen und Zubehör den Umsatz bereinigt um die Eröffnung neuer Läden um 4,5 Prozent gesteigert. AutoZone betreibt 5006 Filialen in den USA und 406 in Mexiko. Die operative Marge von 18 Prozent kann sich mehr als sehen lassen.

Dem Düngemittelhersteller CF Industries kommen die günstigen Gaspreise zugute. Analysten prognostizieren, dass der Produzent von Stickstoffdünger 2015 eine operative Marge von stattlichen 39 Prozent erwirtschaften wird. Das liegt meilenweit über den Gewinnspannen vieler europäischer Wettbewerber. Nachdem die Fusionsverhandlungen mit dem norwegischen Konkurrenten Yara gescheitert sind, schaut sich CF-Industries-Chef Tony Will nach neuen Übernahmezielen um.

Auf Seite 4: Zahlungskräftige Klassiker



Zahlungskräftige Klassiker

Unter den defensiven Werten favorisieren wir Coca-Cola und Procter & Gamble, zumal die beiden Unternehmen mit ordentlichen Dividendenrenditen überzeugen. Coca-Cola leidet zwar darunter, dass die Nachfrage nach brausehaltigen Getränken schwächelt. Vorstandschef Muhtar Kent hat jedoch Kostensenkungen von drei Milliarden Dollar angekündigt. Etliche Analysten spekulieren, dass Kent das Einsparziel noch deutlich erhöhen wird. Die Aktie dürfte ebenso wie unsere übrigen Favoriten, bei denen wir teilweise das Kursziel oder den Stoppkurs angepasst haben, im nächsten Jahr gut laufen, selbst wenn das Umfeld am Gesamtmarkt deutlich volatiler werden sollte.