BÖRSE ONLINE: Die japanische Notenbank wird im Gegensatz zur Fed und EZB die Zinsen nicht anheben. Werden sich deswegen ausländische Investoren vermehrt am Aktienmarkt in Tokio engagieren?

Obwohl es in Japan aufgrund höherer Rohstoffpreise und der Weitergabe von Unternehmenspreisen Anzeichen für eine Inflation gibt, erwarten wir nicht, dass die Preise weit über das zwei Prozent-Ziel der BOJ steigen werden. Da sich der Yen weiter abschwächt, waren die Unternehmensgewinne solide, insbesondere bei Unternehmen mit Auslandsgeschäft. Unterdessen liegen die Marktbewertungen und Aktienkurse weiterhin auf einem niedrigeren Niveau als auf den Überseemärkten, was das Interesse ausländischer Anleger wecken könnte.

Profitiert der Aktienmarkt von der Yen-Schwäche?

Während der schwache Yen vor allem denjenigen Unternehmen mit einem von der Auslandsnachfrage geprägten Geschäft zugutekam, sind die Erträge wegen der steigenden Rohstoffpreise letztlich nicht so stark gestiegen wie erwartet. Wir haben eine solide Performance von Titeln gesehen, die trotz der Weitergabe der höheren Preise an die Verbraucher ihr Absatzvolumen gesichert haben.

Was trauen sie dem Nikkei 225 in den kommenden zwölf Monaten zu?

Eine weitere Verschlechterung der weltweiten Konjunkturlage, insbesondere in den Vereinigten Staaten, könnte in der zweiten Jahreshälfte zu einer leichten Korrektur des japanischen Aktienmarktes führen. Wenn die Inflation nicht stärker als erwartet ansteigt, dürfte der Wechsel der Fed von einer Zinserhöhung zu einer Zinssenkung im nächsten Jahr den japanischen Aktienmarkt mit nach oben treiben.

Welche Kriterien muss ein Unternehmen erfüllen, um ins Portfolio des Nomura Japan High Conviction aufgenommen werden?

Wir investieren in Unternehmen, die sowohl starke Ergebnisse als auch ein hohes Wachstum erzielen und die unabhängig vom externen Umfeld eine hohe Eigenkapitalrendite und ein hohes Wachstum aufrechterhalten können. Obwohl es Befürchtungen hinsichtlich einer zukünftigen globalen Rezession gibt, konzentrieren wir unsere Investments auf nur etwa 30 Aktien, die diese Bedingungen auch in einem schwierigen Umfeld erfüllen können. Das Portfolio besteht zu 80 Prozent aus großen Aktien mit Auslandsnachfrage, die das globale Wachstum nutzen können, und zu 20 Prozent aus wachstumsstarken Mid- bis Small-Cap-Aktien, die inländische Strukturveränderungen nutzen können oder eine attraktive Nische besetzen.

Wie lange bleibt eine Aktie im Schnitt im Portfolio?

Wir investieren in Unternehmen, deren Eigenkapital, getrieben von einer hohen Eigenkapitalrendite weiterwachsen wird. Wir sind überzeugt, dass die Aktienkurse steigen werden, wenn das Eigenkapital zunimmt. Das Grundkonzept ist daher, dass wir einen unbegrenzten Anlagehorizont für unsere Beteiligungen haben, solange sie eine hohe Eigenkapitalrendite aufweisen. Realistischerweise beträgt die durchschnittliche Haltedauer etwa fünf Jahre, was in etwa einem Konjunkturzyklus entspricht, und die tatsächliche Umschlagshäufigkeit liegt auf einem niedrigen Niveau von etwa 25 Prozent pro Jahr - das übliche Rebalancing des Portfolios ist hierbei schon berücksichtigt.

Die Inflation beginnt zu steigen. Ziehen Verbraucher deswegen ihre Käufe vor oder schränken sie den Konsum ein?

Die Verbraucherausgaben könnten auch in Zukunft hoch bleiben, da die Haushalte die während der Pandemie angesammelten Bargeldreserven anzapfen. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass diejenigen, die in Zukunft von höheren Löhnen profitieren werden, vor allem die Angestellten großer Unternehmen sein werden, und dass der Kaufkraftzuwachs vor allem den mittleren und oberen Einkommensgruppen zugutekommen wird. Zugleich werden die Haushalte mit niedrigem Einkommen durch die Inflation zusätzlich unter Druck gesetzt, sodass sich der Konsum wahrscheinlich zunehmend polarisieren wird.