Zins? Im Gegenteil. Anleger zahlen dem deutschen Staat etwas dafür, dass sie ihm Geld leihen dürfen. Konjunktursorgen haben die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen wieder in negatives Terrain gedrückt - Anfang Juni wurde mit minus 0,26 Prozent ein Allzeittief markiert. An dieser risiko­losen Rendite orientieren sich die Erträge, die mit Unternehmensanleihen zu erzielen sind - je nach Risiko gibt es einen mehr oder weniger hohen Aufschlag.

Wie hoch die nominalen Renditen sein müssten, damit nach Inflation eine reale Rendite bleibt, zeigt ein Blick auf die Prognosen: Für 2019 rechnen Analysten mit einer Teuerung von 1,7 Prozent, für 2020 mit 1,5 bis 1,9 Prozent. Mit Unternehmensanleihen eine jährliche Rendite in dieser Höhe zu erzielen ist schwierig, aber nicht unmöglich. €uro am Sonntag hat einige Papiere ausgewählt, die bei vertretbarem Risiko einen vernünftigen Ertrag versprechen.

Wer Anleihen kauft, um nicht auf Kursgewinne zu setzen, sondern die Papiere bis zur Fälligkeit zu halten und die Zinsen einzustreichen, sollte indes die mit Bankeinlagen möglichen Erträge beachten. Bringt einjähriges Festgeld gut ein Prozent, sollte eine Anleihe mit ein paar Jahren Restlaufzeit doch eine jährliche Rendite über der ­erwarteten Inflation versprechen. Beim Anleihekauf fallen schließlich noch ­Gebühren an. Und während Bankeinlagen abgesichert sind, hängt die Anleihe­tilgung ausschließlich am Emittenten.

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Die Stellschrauben kennen


Um höhere Renditen mit Anleihen zu erzielen, gibt es für Anleger drei Stellschrauben: Laufzeit, Bonität, Rang. Auf übermäßig lange Laufzeiten von mehr als fünf Jahren sollten sich Anleger derzeit eher nicht festlegen und auch die Fälligkeiten im Portfolio staffeln. Wenn das allgemeine Zinsniveau doch anfängt zu steigen, leiden die Börsenkurse älterer Anleihen, die mit ihren niedrigen Kupons unattraktiv werden. Wer Anleihen bis Fälligkeit hält, kann derlei Kursschwankungen zwar gelassen sehen, am Laufzeit­ende gibt es ja den Nennwert zurück. Anleger, die in einer Anleihe gefangen sind, die sie nicht zum niedrigen Kurs verkaufen wollen, verpassen aber rentablere Investments.

Ein Schuldner schlechterer Bonität muss höhere Renditen für Anleihen bieten. Orientierung liefern Ratings: "AAA" bis "BBB-" tragen Anleihen im Invest­ment Grade, wo Papiere als relativ ausfallsicher gelten. Darunter beginnt mit "BB+" das riskantere Non-Investment-­Grade. Die in der Tabelle bei den Hochzinsanleihen genannten Firmen haben teils kein Rating, verzeichneten aber eine gute Entwicklung und sind stabil.

Anleger, die Nachranganleihen kaufen, müssten sich bei der Insolvenz des Emittenten in der Reihe der Gläubiger weit hinten anstellen und ihr Kapital wohl komplett abschreiben. Bei den in der Tabelle genannten Unternehmen ist eine Insolvenz aber höchst unwahrscheinlich. Beim Papier der Deutschen Bank sowie der Anleihe der IKB handelt es sich um einfach gestrickte Nachrangbonds mit fester Fälligkeit, der Zins würde nur bei der Pleite ausfallen.

Die anderen genannten Papiere laufen lange oder unendlich, können in einigen Jahren aber vom Emittenten gekündigt werden - damit ist zu rechnen, sicher ist es nicht. Wenn das Geschäft lahmt, könnte der Zins ausfallen, müsste aber nachgezahlt werden, wenn es wieder besser läuft. Wegen derlei Unwägbarkeiten gibt es für Nachrangbonds solider Emittenten relativ hohe Renditen.

Leider weigern sich die Hausbanken seit der Einführung neuer Verbraucherschutzregeln bei einer Vielzahl von ­Anleihen, die Kaufaufträge von Privat­anlegern anzunehmen. Die Handhabung ist aber nicht immer stringent. Die in der Tabelle genannten Anleihen können zurzeit etwa bei verschiedenen Direktbanken problemlos geordert werden.

Auf Anleihepakete setzen


Eine gute Möglichkeit, auch um derlei Widrigkeiten aus dem Weg zu gehen, sind Laufzeitfonds. Dafür bündeln die Anbieter diverse Anleihen mit ähn­lichen Fälligkeiten. Tilgen die Emittenten die Papiere, wird der Fonds aufgelöst. Anleger können damit schon kleine Summen sehr breit streuen und in Anleihen investieren, die mit hoher Stückelung von 100 000 Euro sonst kaum infrage kämen. Zudem übernimmt ein Profi die Auswahl. Allerdings ist weder die Rückzahlung des Kapitals garantiert noch eine bestimmte jährliche Ausschüttung. Beides hängt wie beim Kauf einzelner Bonds an der Entwicklung des Anleiheportfolios.

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Investor-Info

Zins und Risiko


Ohne Einlagensicherung Wer eine Aktie kauft, wird Mitbesitzer eines Unternehmens - wer eine Anleihe kauft, leiht diesem für eine bestimmte Zeit sein Geld. Dafür gibt es jedes Jahr einen festgelegten Zins, den Kupon. Dessen Höhe ist auch ein Hinweis aufs Risiko: Je riskanter, desto mehr Zins hat eine Firma bei Emission der Anleihe zu bieten, um Geldgeber zu finden. Das Unternehmen muss während der Laufzeit genug Geld haben, um den Zins zu zahlen. Am Laufzeitende benötigt es genug Kapital, um das geliehene Geld zurückzuzahlen. Ist die Firma insolvent, müssen sich Anleihebesitzer mit anderen Gläubigern das teilen, was noch zu holen ist. Oft verlieren sie bei ­einer Pleite den Großteil ihres Kapitals. Eine Einlagensicherung wie beim Festgeld gibt es bei Anleihen nicht.

Kurs und Rendite


Kalkulierbare Erträge
Privatanleger können die meisten Anleihen nicht bei Emission zeichnen, sie müssen die Papiere an der Börse kaufen. Dabei sind Gebühren für Hausbank und Handelsplatz fällig. Aktien werden in Euro gehandelt, Anleihen notieren dagegen in Prozent des Nennwerts. Wer eine Anleihe mit Nennwert 1000 Euro zu 90 Prozent kauft, muss 900 Euro zahlen. Am Laufzeitende zahlt der Emittent 1000 Euro zurück. Verteilt man den Kursgewinn - Kaufpreis 900 Euro, Tilgung 1000 Euro, Gewinn 100 Euro - auf die Jahre von Kauf bis Fälligkeit und zählt den Zins hinzu, ergibt sich die jährliche Rendite der Anleihe. Je niedriger der Kurs, desto höher die beim Kauf mögliche Rendite. Je höher der Kurs, desto niedriger die Rendite. Aktueller Kurs und aktuelle ­Rendite entwickeln sich somit spiegelbildlich.

Stückzins und Steuer


Tägliche Handelbarkeit
Bei Anleihen gibt es meist einmal im Jahr den Zins. Wer seine börsentäglich handelbare Anleihe vor diesem Termin verkauft, verzichtet aber nicht auf den Zins: Der Käufer zahlt dem Verkäufer auf den Tag genau den aufgelaufenen Zins als Stückzins. Die Summe, die ein Anleger beim Anleihekauf zahlt, hat zwei Teile: Den Prozentsatz des Nennwerts, um Ansprüche auf Zinszahlung und Tilgung zu übernehmen, und die Stückzinsen. Von Zins und Kursgewinn will der Staat 25 Prozent Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Beim Kauf gezahlte Stückzinsen werden von der Bank berücksichtigt: Die Stückzinsen ­senken zunächst die Kapitalerträge, auf die Steuern zu entrichten sind. Beim Zinstermin wird auf den ganzen Betrag die Steuer fällig.