€uro am Sonntag: Herr Weimar, sechs bis 7,5 Prozent Zinsen von einem Club der ersten Fußballbundesliga - ist das nicht ein attraktives Investment?

Daniel Weimar: Das klingt interessant in Niedrigzinszeiten. Die Rendite eines Investments sollte aber dem Risiko angemessen sein. Und bei einer Anleihe von Werder Bremen entspricht auch ein Zins in dieser Höhe nicht dem Risiko.

Wieso begeben Clubs überhaupt Bonds?

Bei Anleihen, die in der Vergangenheit emittiert wurden, war es oft die Ultima Ratio. Von Banken und Investoren hätten die Vereine kein Geld mehr bekommen. Deshalb blieb ihnen als Ausweg in letzter Minute der Gang zu den Fans.

Sehen Fans solche Anleihen als Anlage?

Wichtiger als die finanzielle Rendite ist den Fans oft die emotionale Rendite. Für sie ist entscheidend, ihrem Verein in einer Notlage zu helfen. Sogar bei einer Pleite des Vereins und dem Totalverlust des verliehenen Geldes kann die emotionale Rendite noch positiv sein.

Bei Werder Bremen hat am 17. Mai die Zeichnungsfrist für Privatanleger begonnen. Wer jetzt zeichnet, weiß nicht einmal, ob der Club nächste Saison noch in der ersten Liga spielt. Institutionelle Investoren sollen dennoch in der ersten Phase der Zeichnung eine zweistellige Millionensumme zugesagt haben.

Ich kann nur spekulieren, welche Investoren das sein könnten. Möglicherweise sind sie schon in irgendeiner Form mit dem Verein verbunden, etwa als Sponsoren oder Lieferanten. Mit dem über den Bond zur Verfügung gestellten Geld würden solche Investoren vor allem ihr bestehendes Engagement absichern und eine Pleite verhindern wollen.

Emittentin der Werder-Anleihe ist die SV Werder Bremen GmbH & Co. KGaA, zu der die Profimannschaften gehören, nicht der gemeinnützige Sportverein. Dieses Unternehmen hat ein negatives bilanzielles Eigenkapital, wegen stiller Reserven aber ein positives wirtschaftliches Eigenkapital. Wie sehen Sie das?

Bei diesen angeblichen stillen Reserven handelt es sich um die Differenz zwischen dem Marktwert und dem Buchwert der Spieler. Allerdings beruhen die Marktwerte auf Angaben von transfermarkt.de, also letztlich Schätzungen einer Online-Community. Die dort genannten Marktwerte entsprachen in der Vergangenheit selten den tatsächlich gezahlten Ablösesummen. Aber egal, wie diese Werte zustandekommen - Spieler sollten grundsätzlich nicht als stille Reserven ausgewiesen werden. Schließlich können Transfererlöse mit ihnen nur realisiert werden, wenn sie vor Vertragsablauf wechseln. Und bei einer Insolvenz hätten die Spieler, wie jeder andere Mitarbeiter auch, ein Kündigungsrecht mit dreimonatiger Frist. Das heißt: Bei einer Pleite wäre der Marktwert der Spieler für die Emittentin gleich null.

Die Werder-Anleihe soll an der Börse gelistet werden, ebenso wie die Bonds von Hertha BSC, Schalke 04 und dem HSV. Was lässt sich aus den mit diesen Anleihen gemachten Erfahrungen über die Liquidität des Handels sagen?

Die Anleihen von Fußballclubs werden selten gehandelt, auch weil ein Teil der Papiere in den Händen von Fans ist, die sich auf keinen Fall davon trennen würden. Die Börsenkurse der Bonds sind deshalb meist kaum aussagekräftig.

Viele Fußball-Anleihen waren in der Vergangenheit gar nicht börsennotiert. Einige Bonds, darunter börsengelistete, gab es für Fans als Schmuckanleihen.

Bei Werder Bremen ist das immerhin nicht geplant. Schmuckanleihen zeichnen Fans, um sie an die Wand zu hängen oder aufzuheben. Für die Zinsen müssten sie die Kupons abschneiden und einlösen, bei Tilgung die Urkunde zurückgeben. Beides machen viele Fans nicht - der betreffende Verein spart sich einen Teil der Zinsen und der Tilgungssumme.

Anleihen:


Werder-Bond: Der exakte Zins wird nach der Zeichnungsfrist festgelegt. Die Anleihe ist was für Werder-Fans, nicht für Anleger.

Schalke-Bond: Absteiger Schalke 04 will ebenfalls eine neue Anleihe begeben. Damit soll der am 7. Juli fällige Bond refinanziert werden. Details gibt es nächste Woche. Auch hier gilt: Nur was für Fans.