Von seinen geldpolitischen Überzeugungen weicht Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan nicht ab. Zinssenkungen fördern seiner Ansicht nach nicht nur Investitionen und Konsum, sie senken zudem die Inflation. Anfang Juni forderte er die Notenbank auf, spätestens im August die Zinsen zu senken. Allerdings fällt die Inflationsrate in der Türkei bereits seit drei Jahren zweistellig aus. Aktuell beträgt sie 18,95 Prozent. Zinssenkungen würden die türkische Währung wohl weiter schwächen, Importe zusätzlich verteuern und die Geldentwertung beschleunigen. Notenbankchef Sahap Kavcioglu kam der Aufforderung Erdogans bislang nicht nach. Der Leitzins steht weiterhin bei 19 Prozent. Eine mutige Entscheidung - in den vergangenen zwei Jahren hat Erdogan bereits drei Notenbankchefs gefeuert.

Hohe Wachstumsrate

Anleger begrüßen den Kurs der Zentralbank, sehen sie doch darin einen - zumindest vorläufigen - Beweis ihrer Unabhängigkeit. Die türkische Lira reagierte mit leichten Gewinnen. Zuvor hatte die Devise seit 2018 gegenüber Dollar und Euro massiv verloren.

Gegen eine Zinssenkung zum aktuellen Zeitpunkt spricht auch die starke konjunkturelle Erholung nach dem Corona-bedingten Einbruch im vergangenen Jahr um rund drei Prozent. Im zweiten Quartal dieses Jahres legte die gesamtwirtschaftliche Leistung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 18 Prozent zu. Im internationalen Vergleich ist das eine der höchsten Zuwachsraten. Auch die Arbeitslosenrate sinkt. Anfang Januar waren 13 Prozent der Erwerbstätigen ohne Job, im Juni sank die Quote auf 10,4 Prozent.

Aufgrund der positiven Entwicklungen bestätigte Fitch Mitte August die Kreditnote "BB-". Den weiterhin stabilen Ausblick begründet die Ratingagentur mit der relativ niedrigen Gesamtverschuldung von rund 36 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zudem erholten sich die Währungsreserven der Türkei dank steigender Exporte und eines sich wieder belebenden Tourismusgeschäfts.

Dennoch empfiehlt sich ein Engagement in türkischen Staatsanleihen nur für sehr mutige Investoren. Insbesondere Bonds in lokaler Währung sind zu meiden. Eine risikoärmere Alternative ist die auf Dollar lautende Staatsanleihe. Der Greenback schwankt weit weniger als die türkische Lira.

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