Wer schnell reich werden will, ist beim CFD-Handel fehl am Platz, sagt Heiko Müller. Erfolgreiche Trader wollen vor allem kein Geld verlieren und seien, so der CFD-Profi, vorsichtige Aggressoren.

Herr Müller, Sie sind ein erfahrener Händler und beobachten schon seit Jahren das Verhalten von Anfängern beim CFD-Trading. Wie agieren diese?

Heiko Müller: Unsere heutige schnelllebige Zeit wirkt sich natürlich auch auf das Tradingverhalten aus. Die Anleger wollen in kurzer Zeit reich werden, möglichst innerhalb weniger Tage ihren Einsatz verdoppeln.

Klappt das?

In den seltensten Fällen. Meistens verlieren die Trader. Wer einen Verlust erlitten hat, versucht mit erhöhtem Risiko das Geld wieder reinzuholen. Dann beginnt oft eine Spirale nach unten. Da Anfänger oft unterkapitalisiert sind, geht ihnen schnell das Geld aus.

Warum zieht der CFD-Handel denn so viele unerfahrene Trader an?

Es ist für Privatanleger einfacher, zu handeln, als noch vor zehn Jahren. Die Zugangshindernisse sind gering, die Einstiegssummen niedrig. Man kann sich von überall einloggen und mit niedrigen Gebühren zu Real- Time-Kursen handeln. Früher war das Profihändlern vorbehalten.

Was sind die größten Fehler der CFD-Trader am Anfang?

Sie haben keine Strategie und entscheiden oft aus dem Bauch heraus. Zudem achten Anfänger zu wenig auf den Kapitalerhalt. Es ist wichtig zu wissen, dass es schon ein großer Erfolg ist, mit jedem zweiten Trade Geld zu verdienen. Es gehen mehr Trades schief, als Trades gelingen. Wer das nicht auf dem Radar hat, ist schnell demotiviert. CFD-Händler sollten nicht mit der Einstellung "Ich will unbedingt Geld verdienen" in den Markt gehen, sondern mit "Ich will nichts verlieren". Der Gewinn ist dann das Sahnehäubchen.

Wie wichtig ist die Vorbereitung auf den Handelstag?

Sehr wichtig. Das unterschätzen viele Trader. Wer morgens nicht in den Kalender schaut, welche Termine und Zahlen anstehen, kannnicht erfolgreich sein. Das muss zur Routine für einen CFD-Trader werden. Wenn um 14.30 Uhr Zahlen kommen und ich unvorbereitet bin, bin ich zu spät dran. Der Markt bewegt sich nicht, wenn ich Zeit habe, sondern im Gegenteil - ich muss Zeit haben, wenn der Markt sich bewegt. Nebenbei handeln funktioniert selten.

Aber viele Berufstätige handeln doch mit CFDs?

Ja. Die gehen morgens, mittags und vor allem abends rein. Nicht immer ergeben sich dann Gelegenheiten. Die Chance am Kapitalmarkt wartet nicht unbedingt bis zum Abend. Wer wenig Zeit hat, sollte deswegen besser nicht kurzfristig handeln.

Was macht gute Trader aus?

Ich arbeitete fünf Jahre in Gibraltar neben einem Eigenhandelsbüro. Dort versuchten sich viele als Trader. Von außen war am Anfang nicht zu erkennen, wer ein guter oder schlechter Händler wird. Tatsache war: Nach drei Jahren waren nur noch wenige dabei. Die waren diszipliniert, stressbelastbar und hatten eine klare Strategie. Zudem waren sie mental so eingestellt, dass sie auf keinen Fall Geld verlieren wollten.

Gibt es weitere Erfolgskriterien?

Ja. Sie dachten unabhängig, hinterfragten Nachrichten kritisch und waren bereit, gegen den Strom zu schwimmen, also zu kaufen, wenn andere sich nicht trauten. Zudem hatten sie einen klaren Plan, bei welchen Marken sie Gewinne mitnahmen und wann sie Verluste kappten.

Welche Rolle spielen Emotionen?

Gute Trader schalten sie aus. Wer vor fünf Minuten Geld verloren hat, sollte das abhaken. Das demotiviert und beeinflusst sonst den nächsten Trade negativ. Aggressivität ist gelegentlich ein Vorteil, falls es darum geht, rasch eine Chance zu ergreifen und Positionen aufzustocken.

Sind Charttechniker im Vorteil?

Wer sich damit auskennt, kann auf Charttechnik setzen. Andere nutzen kurzfristige Falschbewertungen aus. Wieder andere sind fundamental orientiert. Es gibt noch viele andere Strategien. Jeder muss den Stil finden, der zu ihm passt. Charttechnik ist sicher gut für das Timing, aber Chartgläubigkeit finde ich übertrieben. Bei plötzlichen Ereignissen hilft die Charttechnik nicht.

Gibt es eigentlich Unterschiede zwischen Männern und Frauen beim Traden? Stimmt es, dass Frauen erfolgreicher sind?

Ich habe jahrelang mit Frauen am Händlerdesk gesessen. Große Unterschiede konnte ich nicht erkennen. Es gibt gute männliche und gute weibliche Trader. Meine Erfahrung ist, dass Frauen vorsichtiger agieren und weniger verlieren, dafür sind sie im entscheidenden Augenblick oft nicht angriffslustig genug.

Und wie sieht es mit Differenzen zwischen Nationalitäten aus?

Da gibt es große Unterschiede. Während die Deutschen und Österreicher vorsichtig agieren, setzen Briten hohe Hebel ein. Für sie hat der CFD-Handel Wettcharakter. Verglichen mit den Asiaten in China, Hongkong und Japan sind aber selbst die Engländer defensiv. In Asien werden extrem hohe Hebel gefahren.

Ist es sinnvoll, erfolgreiche Trader zu kopieren, etwa über Plattformen wie Ayondo oder Wikifolio?

Nur wenn die Strategie zum Typ des Anlegers passt. Für eine unruhige Person ist eine langfristige Strategie nichts. Genauso ist es für konservative Personen schwierig, einem aggressiven Risikoansatz zu folgen. Meistens ahmen Anleger aber Trader nach, die eine Top-Performance hinlegten. Die passt aber fast nie zum eigenen Anlegertyp, und es funktioniert nicht.

Was sind, kurz zusammengefasst, die wichtigsten Tipps für erfolgreiches CFD-Trading?

Kleine Positionen, gutes Risikomanagement, geringer Hebel, Stopps, klare Strategie. Kapitalerhalt ist das A und O. Ideale Trader sind vorsichtige Aggressoren, die rasch zupacken, wenn sich die Chance ergibt.

Warum sind Sie eigentlich kein Trader mehr?

Ich war zwar erfolgreich, aber es hat mich aufgefressen. Ich saß von sechs bis 22 Uhr vor dem Bildschirm und konsumierte Unmengen an Red Bull. Man kann zwar davon leben, aber alt wird man nicht.

Vita: Heiko Müller

Ist seit 2009 Geschäftsführer des CFD-Brokers Alpari und leitet dessen Deutschland-Geschäft. Vorher arbeitete er mehrere Jahre bei verschiedenen Derivate- und Devisenhändlern in leitender Position. So entwickelte er eine Derivateplattform für das europäische Ausland bei Investors Europe. 2 008 nahm er sich eine Auszeit und arbeitete sechs Monate lang als Händler auf eigene Rechnung. In seiner Freizeit mag es der 38-Jährige dagegen weniger hektisch, er malt zur Entspannung gern Bilder.