Totgesagte leben länger. Nachdem die europäische Aufsichtsbehörde ESMA im Vorjahr CFDs reguliert hatte, wurde schon der Abgesang auf diese risikoreichen Produkte angestimmt. Doch es kam ­anders. Nach wie vor erfreuen sich die Papiere bei vielen Anlegern hierzulande großer Beliebtheit. Das zeigt die Zahl der Konten, die trotz Regulierung weiterhin zugenommen hat.

CFDs sind Contracts for Difference, also Differenzgeschäfte. Damit spekulieren Anleger auf die Kursdifferenz bei einem Basiswert zwischen dem Einstiegs- und Ausstiegszeitpunkt. Das sind Indizes, Aktien, Rohstoffe oder Devisen. Anleger können dabei mit Hebel auf steigende oder fallende Kurse setzen.

Der beliebteste Basiswert sind Indizes. Laut einer Studie des deutschen CFD-­Verbands entfielen 78,5 Prozent der Transaktionen 2018 darauf. Dahinter folgen mit 12,1 Prozent Devisen, mit 5,5 Prozent Rohstoffe und mit 3,7 Prozent Aktien sowie Sonstige. Unter den Indizes ist wiederum der DAX mit Abstand das populärste Barometer. "Anleger handeln in der Regel Basiswerte, zu denen sie den stärksten Bezug haben und mit denen sie vertraut sind", erklärt Michael Lippa, Europachef des CFD-­Anbieters Activ Trades das Phänomen.

Differenzkontrakte werden außerbörslich gehandelt, also direkt über den Anbieter, den Broker. Sie sind rechtlich gesehen eine Vereinbarung zwischen Anleger und Broker. Dieser legt die ­Bedingungen fest, stellt die Kurse und offeriert entsprechende Handelsmöglichkeiten auf seiner Plattform.

Der Clou dabei ist die Hebelwirkung. Ein Hebel von 20 heißt etwa, dass sich der Wert eines Long-CFDs um 20 Prozent erhöht, wenn der Basiswert um ein Prozent anzieht. Diesen enormen Erträgen stehen jedoch gewaltige Risiken gegenüber: Denn sinkt der Basiswert um ein Prozent, entstehen Verluste von 20 Prozent.

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So entsteht der Hebel


Der Hebel ergibt sich daraus, dass Investoren nur einen Bruchteil der Summe beim Broker hinterlegen müssen, die der Basiswert tatsächlich kostet. Das ist die sogenannte Sicherheitsleistung, auch Margin genannt. Je kleiner die Margin, desto größer der Hebel. Angenommen, ein Anleger setzt mit einem Long-CFD auf einen DAX-Anstieg. Der Index notiert bei 12.000 Punkten. Hinterlegt der Investor eine Margin von zehn Prozent des gehandelten Wertes, also 1.200 Euro, beträgt der Hebel zehn.

Denn wenn der DAX um ein Prozent auf 12.120 Zähler klettert, nimmt der Anleger vollständig am Kursgewinn teil. Der Gewinn beträgt 120 Euro, was bezogen auf den Einsatz von 1.200 Euro zehn Prozent Ertrag sind. Der Basiswert DAX legt dabei nur um ein Prozent zu. Der Anleger hebelt somit seinen Einsatz mit dem Faktor zehn. Das gilt aber auch in die umgekehrte Richtung, was massive Verluste bedeuten würde.

Früher waren Hebel bis zu 400 möglich. Doch seit August 2018 hat die ESMA den Hebel wegen des hohen Risikos ­limitiert. Für wichtige Währungspaare beträgt er nun maximal 30, für bedeutende Indizes, Gold und unwichtigere Devisen 20, für Rohstoffe und kleinere Indizes zehn und für Aktien fünf.

Eine weitere Maßnahme, um das Risiko zu verringern: Im Jahr 2017 schaffte die Finanzaufsicht Bafin die Nachschuss­pflicht ab, was dann auch von der ESMA übernommen wurde. Denn wenn das Handelskonto ins Minus rutschte, mussten die Anleger Geld nachschießen. Im schlimmsten Fall konnte das dazu ­führen, dass Investoren Haus und Hof verloren. Das war zum Beispiel im Januar 2015 beim Crash des Franken der Fall, als die Schweizer Notenbank überraschend den Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro aufgab. Einige Anleger erlitten damals Verluste im sechsstelligen Bereich.

Viele Marktbeobachter erwarteten, dass sich die Auflagen der Aufsichtsbehörden nachteilig auf die CFD-Branche auswirken würden. Stattdessen erlebt diese einen Zuwachs. "Durch die jüng­sten Regulierungen im CFD-Handel wurde das Risiko begrenzt. Das macht das Produkt nun auch für diejenigen Anleger interessant, die bislang vor den unkalkulierbaren Verlusten zurückgeschreckt sind", erklärt Craig Inglis, Deutschland-Chef von CMC Markets, den überraschenden Trend. Hinzu kommen die Vorteile von CFDs: Das sind die niedrigen Kosten, die Möglichkeit, long und short zu gehen, und die Flexibilität, rund um die Uhr mit ­einem Konto alle möglichen Basiswerte handeln zu können.

Es gibt aber auch Nachteile: Der Broker und nicht eine Börse stellt die Kurse, was Manipulationen ermöglicht. Zudem kann der CFD-Anbieter den Kunden genau durchleuchten. Umso wichtiger ist die Auswahl eines guten Brokers. Der sollte hierzulande oder in Großbritannien sitzen und nicht auf Zypern. Dort ist die Regulierung lasch, und bei Insolvenz des Brokers gelten nicht die großzügigen Entschädigungsvorschriften Deutschlands oder Großbritanniens. Trotz des Verbots der Nachschusspflicht und der limitierten Hebel bleiben CFDs hoch riskant. Sie eignen sich nur für erfahrene Anleger.

Broker:

Kriterien für die Auswahl

Neben dem Land, in dem der CFD-­Anbieter seinen Sitz hat, unterscheiden sich die Broker vor allem bei den Kosten sowie beim Angebot von Real- Time-Nachrichten, Charttechnik-Tools und Sentiment­daten. Bezüglich der Schnelligkeit der Plattform ­variieren die Broker nur noch ­geringfügig.

Investor-Info

Hebeleffekt
Kleine Margin, großes Risiko


Der Hebel entsteht bei Differenzkontrakten, indem der Anleger nur einen geringen Anteil des Basiswerts als Sicherheitsleistung - die ­sogenannte Margin - hinterlegt. Dabei gilt: je kleiner die Margin, desto größer der Hebel. Dieser errechnet sich, indem die Positions­größe durch die Margin geteilt wird. Beispiele: Eine Margin von einem Prozent des Basiswerts bewirkt einen Hebel von 100. Eine ­Margin von zehn Prozent des Basiswerts ­ergibt einen Hebel von zehn.