BÖRSE ONLINE: Herr Burghof, der Bitcoin hat in der vergangenen Woche rund 25 Prozent an Wert verloren, das größte Wochenminus seit drei Jahren. Was steckt dahinter?


Prof. Burghof: Der Markt ist derart intransparent, dass man die tatsächlichen Gründe kaum ausmachen kann. Und es gibt auch schon den Verdacht krimineller Kursmanipulationen, mit denen der Preis zuvor künstlich nach oben getrieben wurde. Aber ganz unabhängig davon: Die Unsicherheit im Markt ist sehr groß, weil die Zukunft des Bitcoins ungewiss ist. Werden Kryptowährungen überhaupt erfolgreich sein? Und wenn ja, wird sich unter den Kryptowährungen ausgerechnet Bitcoin durchsetzen? Vor diesem Hintergrund sehen die vor kurzem erreichten Preishöchststände doch sehr nach einer Blase aus.

Ist die Bitcoin-Blase vielleicht sogar schon geplatzt?


Möglich. Aber der Kursverlauf in einer Blase folgt einer kaum nachvollziehbaren Eigendynamik. Und ungeachtet der wachsenden Zweifel: Der Kurs des Bitcoins profitiert auch von dem durch die Kursturbulenzen stark gewachsenen Bekanntheitsgrad.

Vom Rekordhoch von Mitte Dezember bei rund 20.000 US-Dollar hat der Bitcoin mittlerweile fast 60 Prozent wieder verloren. Geht die Korrektur noch weiter?


Kurzfristig wird sich der Bitcoin sicher noch eine Weile halten, weil es eine große Gemeinschaft von treuen Anhängern gibt. Auf lange Frist ist das eine Art Glaubensfrage: Wenn der Bitcoin tatsächlich eine Zukunft als universelle Währung hat, könnte der Kurs noch viel höher steigen. Ganz persönlich glaube ich aber nicht daran. Der Bitcoin war zwar die erste Kryptowährung und hat daher einen Vorsprung, aber eben auch viele Schwächen.

Welche?


Je intensiver Bitcoins genutzt werden, desto mehr Leitungs- und Speicherkapazität werden benötigt. Und vor allem die Rechnerkapazität für das sogenannte Mining, das ist hier die Bildung neuer Blocks der sogenannten Blockchain zur Verifikation der Bitcoin-Transaktionen, steigt immer mehr an. Es ist kaum vorstellbar, wie hoch der Rohstoff- und vor allem der Energieverbrauch für Bitcoin-Transaktionen ausfielen wenn wirklich ein großer Teil der Menschheit mit Bitcoin bezahlen würde. Und es würde wohl auch immer länger dauern, bis alle Transaktionen verifiziert werden.

Wie könnten diese Probleme gelöst werden?


Da sind sicher die Informatiker gefragt und nicht Ökonomen wie ich. Es gibt aber auch schon alternative Konzepte, um Komplexität und Aufwand zu reduzieren. Dies schlägt sich auch bereits in einer Vielzahl alternativer Kryptowährungen nieder, die Bitcoin immer mehr Konkurrenz machen. Dass gerade Bitcoins sich in diesem Wettbewerb gegenüber neueren Konzepten als überlegen erweisen sollte erscheint mir unwahrscheinlich.

Auch die Regulierungsvorhaben unterschiedlicher Regierungen drücken immer wieder auf den Bitcoin-Kurs. Wird der Krypto-Markt in Zukunft stärker reguliert?


Man hat hier sehr viel zugelassen, vor allem was die Nutzung des Bitcoin-Netzwerks durch Kriminelle angeht. Wenn man dies mit der Situation der immer intensiveren staatlichen Kontrollen ausgesetzten Banken vergleicht, kann man schon von einer massiven Verzerrung des Wettbewerbs sprechen. Und Betrug, Geldwäsche oder Marktmanipulationen sind auch dann kriminell, wenn dabei Bitcoins genutzt werden. Ich denke, die Schonzeit ist vorbei, und das ist wohl auch gut so.

Wie könnte eine Regulierung aussehen?


Einige Länder tendieren dazu, die Nutzung des Systems ganz oder in wesentlichen Teilen zu verbieten. Das ist nicht sehr kreativ und kann meiner Meinung nach auch Probleme bei der Abgrenzung zu anderen Nutzungen der den Kryptowährungen zugrunde liegenden Blockchain-Technologie aufwerfen. Aber tatsächlich stehen die Konstruktionsprinzipien einer Kryptowährung im Gegensatz zu allen Ansätzen einer staatlichen Regulierung. Diese benötigt einen Adressaten, der für die Erfüllung der Aufsichtsanforderungen verantwortlich ist. Kryptowährungen bewegen sich dagegen im virtuellen Raum. Die hinter der Marktorganisation und den einzelnen Transaktionen stehenden Personen oder Unternehmen sind kaum zu identifizieren und haftbar zu machen. Man wird viel Kreativität benötigen, um hier einen gangbaren Weg unterhalb der Verbotsschwelle zu finden, ohne dabei die Vorteile einer solchen Technologie zu nichte zu machen.


Zur Person: Hans-Peter Burghof ist Professor und Lehrstuhlinhaber für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim.