In der Kryptowelt haben die führenden Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum zuletzt eine Verschnaufpause eingelegt. An Gesprächsstoff fehlt es in dem aufstrebenden Segment deswegen aber nicht. Ein heißes Eisen sind seit einigen Monaten etwa digitale Bilder, sogenannte NFTs (Non-Fungible Token), die für Tausende Dollar über die Blockchain transferiert werden.

Zum Begriff NFT muss man laut Raiffeisen Research wissen, dass dahinter jeweils ein digitaler Vermögenswert steckt, der das Eigentum an einzigartigen physischen oder digitalen Gegenständen wie Kunstwerken, Immobilien, Musik oder Videos verknüpft. NFTs können dabei als moderne Sammlerstücke betrachtet werden, so Raiffeisen Research-Analyst Manuel Schleifer. Sie werden online gekauft und verkauft und stellen einen digitalen Eigentumsnachweis für ein bestimmtes Objekt dar. Sie werden sicher auf einer Blockchain aufgezeichnet - dieselbe Technologie, die auch hinter Kryptowährungen steht. Dadurch kann sichergestellt werden, dass der Vermögenswert einmalig ist.

Vor allem für den Kunstmarkt ist dies nach Einschätzung von Schleifer eine bedeutende Entwicklung. Schließlich sei dadurch erstmalig ein funktionierender Markt für digitale Kunstgegenstände geschaffen worden. Seinen Anfang genommen hat alles mit der Auktion einer Collage des US-Künstlers Mike Winkelmann, in der Szene als Beeple bekannt, über das Auktionshaus Christies. Das Bild namens "Everydays: The First 5000 Days" wurde als erster NFT über die Ethereum-Blockchain versteigert und machte Beeple mit einem Auktionserlös von knapp 70 Millionen Dollar über Nacht zu einem der reichsten lebenden Künstler.

Werte ergeben sich durch Blockchain-Originalvermerke


Seither erfreuen sich diverse Onlineplattformen für digitale Kunstwerke großer Beliebtheit und ermöglichen es Künstlern ihre Werke unters Volk zu bringen. Das gilt aber eben nicht nur für Bilder. Auch Musiker können beispielsweise ihre Stücke auf der Blockchain speichern und dadurch unverkennbar als Original kennzeichnen. Selbiges gilt für Dokumente.

Während es also in der analogen Welt nur eine einzige originale Mona Lisa gibt, kann sich jeder Mensch eine Kopie davon als Bild oder Poster besorgen. In der digitalen Welt ist es ähnlich. Es gibt mit dem NFT nur ein Original. Es steht aber allen frei, durch simples Copy & Paste oder mittels Screenshots eine Kopie zu erstellen. In Relation zur analogen Mona Lisa, ist die NFT-Kopie sogar 1:1 identisch. Mit der Ausnahme, dass die Kopie eben nicht als Original auf der Blockchain vermerkt ist.

Der Wert eines NFT ergibt sich daher rein aus dem Umstand, dass jemand den Besitz eines digitalen Gutes auf der Blockchain für sich beanspruchen kann. Nicht mehr und nicht weniger, wie Schleifer konstatiert. Dieser Umstand hielt die Community jedoch nicht davon ab, einen neuen Hype zu entfachen. Denn während mit den NFTs für diverse Digital Artists tatsächlich ein völlig neuer Verkaufskanal entstanden ist, nutzen viele "Künstler" den Hype für schnelles Geld. So werden inzwischen Bilder, die im Grunde nur aus wenigen Pixeln bestehen, für mehrere Tausend Dollar gehandelt. Ähnliches gilt für einfache GIFs.

Wie den meisten Kryptowährungen liegt auch den NFTs die Blockchaintechnologie zugrunde. Auch wenn mit Solana, Cardano und Polkadot viel an Konkurrenz in den Markt drängt, ist nach wie vor die Ethereum-Blockchain (ETH) dominant. NFTs werden daher so wie auch die Coins auf Wallets gespeichert. Der Vorteil an der Blockchain ist deren Transparenz, sodass die Aktivität der einzelnen Wallets bis ins kleinste Detail nachvollzogen werden kann.

Gemessen an der Frequenz der Transaktionen war Anfang Oktober der bisherige Höhepunkt erreicht. An einem einzigen Tag waren mehr als 30.000 individuelle Wallets an Käufen bzw. Verkäufen beteiligt. Seither ging die Aktivität bedeutend zurück. Doch laut Schleifer muss das kein Zeichen für einen abnehmenden Hype sein. Denn es sei nicht auszuschließen, dass viele NFT-Enthusiasten ihre digitalen Kunstwerke mittlerweile einfach langfristig halten und auf Wertsteigerungen hoffen. Wie im rechten Chart oben ersichtlich ist, unterliegen die Preise einzelner NFTs zwar hohen Schwankungen. Im Durchschnitt liegt der Preis eines einzelnen NFTs aber weiterhin bei attraktiven 3.000 Dollar.

Die Grundidee der NFTs ist durchaus als sinnvoll einzustufen und bringt tatsächlich auch praktische realwirtschaftliche Anwendungen mit sich, so Schleifer. Zu beurteilen, ob mehrere Tausend Dollar für simple JPEGs gerechtfertigt seien, bleibe jedoch jedem selbst überlassen. Wenn so mancher Kritiker Bitcoin & Co. als Blase bezeichnet, dann wäre der Handel mit den kleinen Bildchen wohl die Blase innerhalb der Blase.

Performance zumindest zum Teil fundamental begründet


Den Zusammenhang zwischen dem NFT-Boom und den Preisen am Kryptomarkt erklärt Schleifer wie folgt: Da der NFT-Handel auf der Blockchain basiert, benötigt jede Transaktion die entsprechende Kryptowährung wie Ethereum, Cardano, Solana etc. und keine Euro oder Dollar. Die Nachfrage nach Anwendungen wie NFTs erhöht also auch die Nachfrage nach den zugrundeliegenden Coins.

Non-Fungible Token machen aber nur einen Teil der gesamten Blockchain-Anwendungen aus, wie Schleifer weiter erklärt. Während der NFT-Bereich beispielsweise rund 40 Prozent im Solana-Universum ausmache, liege der Schwerpunkt bei den Ethereum-Applikationen vermehrt im DeFi-Sektor (Dezentralisierte Finanzmärkte) - ebenfalls ein stark wachsender Markt.

Abseits des Bitcoins, dessen Schwerpunkte der dezentrale Zahlungsverkehr und die Sicherheit sind, etablierte sich mit Ether und der Ethereum-Blockchain über die Jahre der bisher aussichtsreichste Kandidat für realwirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Anwendungen, wie Smart Contracts und Dezentrale Apps (DApps). Das Potenzial spiegelt sich für Schleifer auch in der Anzahl an Applikationen wider, welche aktuell über die Ethereum-Blockchain laufen. Wissend um die Schwächen von Ethereum (hohe Gebühren, wenige Transaktionen pro Sekunde) drängten in jüngerer Zeit aber weitere Kandidaten, wie z. B. Solana oder Cardano, auf den Markt, die ebenfalls umfassende Anwendungsmöglichkeiten bieten.

Der Wettbewerb untereinander führt jedoch auch zur permanenten Weiterentwicklung der Projekte. Ein Beispiel ist Ethereum 2.0. Auch bekannt als Serenity oder ETH 2.0, handelt es sich hierbei um ein sich in Entwicklung befindendes Upgrade von Ethereum, das mehrere Ebenen umfasst. Ziel ist es, die Kapazität für Transaktionen zu erhöhen, die Gebühren zu senken und das Netzwerk nachhaltiger zu gestalten. Für Letzteres wird Ethereum seinen Konsensmechanismus von Proof-of-Work (PoW) auf Proof-of-Stake (PoS) ändern.

Es gibt somit abseits des Bitcoins in der Kryptoökonomie und der Blockchaintechnologie äußerst interessante Anwendungsmöglichkeiten und Projekte mit gesellschaftlichem Mehrwert. Der Wettbewerb untereinander fördert laut Schleifer Innovation und führt zu einer ständigen Weiterentwicklung und Verbesserung der Technologie. Ob die Anstiege der zugehörigen Kryptowährungen in dem Ausmaß gerechtfertigt sind, sei dahingestellt. Raiffeisen Research ist jedoch die Meinung, dass die Kursperformance zumindest in Teilen tatsächlich fundamental begründet ist. Sollte dem Innovationsdrang nicht durch Regulatorien Einhalt geboten werden, sein ein weiterer Anstieg der Marktkapitalisierung der genannten Projekte nicht auszuschließen.