An den Kryptomärkten kam es vergangene Woche zu starken Einbrüchen. Ein stimmiger Grund für die Kursstürze war nicht zu erkennen. Beobachter verwiesen auf die Razzia bei der ­großen südkoreanischen Kryptobörse Bithumb oder die Erholung des US-Dollar. Andere führten größere Verkäufe von Bitcoin-Minern als Grund an. So flossen zuletzt 92 000 Bitcoin an die Kryptobörsen, viele kamen aus den Wallets von Minern. Der Zufluss war der größte seit mehr als einem Monat. Große Zuflüsse an die Kryptobörsen deuten auf eine steigende Verkaufsbereitschaft hin, Abflüsse gelten dagegen als positives Zeichen. Kurzfristig sieht das Chartbild beim Bitcoin also nicht gut aus. Ein Rückfall auf die 200-­Tage-­Linie, die bei rund 9100 Dollar verläuft, ist möglich. Von diesem Niveau startete der Bitcoin Ende Juli seine jüngste Rally.

Die Unsicherheiten an den internationalen Finanzmärkten werden momentan noch kaschiert von den hohen Indexständen. Diese sind umso erstaunlicher, als die dunklen Wolken eher mehr als weniger werden. Der erneute deutliche Anstieg bei den Corona-Zahlen verstärkt die Furcht vor den wirtschaftlichen Spätfolgen wie Pleitewellen und Massenarbeitslosigkeit. Hinzu kommen erhebliche politische Verunsicherungen wie der Handelsstreit oder die US-Präsidentenwahl. Bezogen auf den Bitcoin ist die große Frage, ob er wieder ähnlich in Mitleidenschaft gezogen wird wie beim Corona-Einbruch im März.

Kurzfristig ist das kaum zu prognostizieren. Längerfristig sollte der Bitcoin als digitales Gold von möglichen Verwerfungen profitieren. Die Anlagestrategie beim Bitcoin kann deshalb nur langfristig angelegt sein, unabhängig von den heftigen und oft erratischen kurzfristigen Schwankungen. Tradings sind für die meisten Anleger nicht sinnvoll. Wer dennoch traden will, sollte sich verstärkt mit den Altcoins beschäftigen. Allerdings benötigt es viel Zeit, sich auf diesem Minenfeld zu bewegen. So konnte man in den vergangenen Monaten mit den meisten der hochgehypten DeFi-Token enorme Gewinne erzielen, aber in den vergangenen Tagen auch ebensolche Verluste. Die dezentralisierten Finanzprodukte werden am Kryptomarkt ein großes Thema bleiben. Die Kursschübe bei den DeFi-Token waren zuletzt aber völlig überzogen.

Auswüchse bei neuen Börsenlistings


Ein deutliches Indiz für die spekulative Raserei an den Kryptomärkten sind neben dem DeFi-Hype die exorbitanten Kurssprünge nach neuen Listings von Coins an bekannten Kryptobörsen. Berüchtigt ist seit Längerem der Coinbase-Effekt. Listet Coinbase einen neuen Coin, der schon länger an anderen Kryptobörsen gehandelt wird, springt der Preis bei Bekanntgabe sofort enorm an. Auch neue Listings bei Binance verzeichneten völlig ungesunde Kursexplosionen.

Nach dem Höhenflug der neu gelisteten DFI.Money drittelte sich der Kurs binnen zwei Tagen. Die am 1. September neu gelisteten und hochgehypten Sushiswap verloren innerhalb von drei Tagen fast 90 Prozent ihres Werts. Bei den Einbrüchen in der vergangenen Woche wurden auch andere Coins, die nach neuen Listings stark gestiegen waren, überproportional in Mitleidenschaft gezogen und verloren oft 50 Prozent und mehr.