Der britische Premier Boris Johnson hat bei den gestrigen Wahlen in Großbritannien einen historischen Sieg gefeiert, seine konservative Partei errang die absolute Mehrheit. Johnson sieht damit auch seinen Brexit-Kurs bestätigt, er hatte einen Austritt bis Ende Januar "ohne Wenn und Aber" versprochen.

Auch die Finanzmärkten nahmen das klare Votum positiv auf: Das Britische Pfund stieg zwischen 20 Uhr und 4 Uhr Morgens zum Dollar um 3,4 Prozent und zum Euro um 2,7 Prozent - in der Devisenwelt gibt so massive Bewegungen in so kurzer Zeit nur äußerst selten. Mit dem überraschend klaren Votum sei die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexit - also eines Brexit ohne Austrittsabkommen, der für die Wirtschaft unvorteilhaft ist- deutlich gesunken, erklärte die Landesbank Baden-Württemberg heute Morgen in einem Marktkommentar. An den Devisenmärkten sei genau so ein ungeregelter Brexit in den vergangenen Wochen aber immer stärker eingepreist worden.

Analysten glauben nun, dass die Aufwertung des Pfunds weitergehen könnte. Durch das klare Votum müsse Johnson nun keine Rücksicht mehr auf Brexit-Hardliner nehmen und könne die EU anders als vor der Wahl der versprochen die EU doch um mehr Zeit für die Aushandlung eines Freihandelsabkommens bitten, glauben etwa die Analysten der Commerzbank. Die sei auch nötig, da der bisher angesetzte Endtermin für die Verhandlung mit Ende 2020 viel zu knapp für die Aushandlung eines umfassenden Abkommens sei. Bisher habe das Pfund insgesamt erst die Hälfte der Verluste aufgeholt, die es seit dem Brexit-Votum 2016 erlitten hat, so die Commerzbank. "Das Pfund könnte nach dem unerwartet klaren Sieg der Konservativen weiter aufwerten, wenn sich in den kommenden Monaten abzeichnete, dass Boris Johnson die EU tatsächlich um mehr Zeit für die Verhandlungen um ein Freihandelsabkommen bitten wird", erwartet Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Ähnlich sieht das Jack McIntyre von Brandywine Investments in den USA, der davon ausgeht, dass das Risiko eines harten Brexit nun vom Tisch ist. "Das britische Pfund ist im Moment unsere größte Währungsposition", so der Portfoliomanager. Er geht davon aus, dass ein Pfund bald 1,50 US-Dollar kosten wird, das wäre eine Aufwertung um fast zwölf Prozent.

Aber es gibt auch andere Stimmen. So geht etwa die Nordea Bank davon aus, dass nach der Euphorie über einen geregelten Brexit bald Ernüchterung einsetzen könnte, weil ein Handelsabkommen doch deutlich schwerer zu verhandeln sei als jetzt angenommen.