Sowohl gegenüber dem Euro als auch gegenüber dem US-Dollar hat die Türkische Lira deutlich an Wert verloren. So summiert sich das Minus gegenüber der weltweit wichtigsten Reservewährung US-Dollar auf nun rund 18 Prozent. Dazu gesellt sich eine kräftige Inflationsrate von zuletzt fast zwölf Prozent. Unter Volkswirten herrscht die Meinung vor, dass die Türkische Notenbank via Erhöhungen des Leitzinses gegensteuern muss. Tut sie das nicht, könnte es zu einem regelrechten Kollaps kommen. Seit Mitte 2019 hat die Notenbank den Leitzins in neun Schritten von 24 Prozent auf aktuell 8,25 Prozent zurückgefahren. Kritiker sehen darin ein Nachgeben der Zentralbank gegenüber dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Der will sogar weitere Zinssenkungen von der Notenbank, um die Wirtschaft anzukurbeln. "So Gott will, werden sie (mit dem Leitzins) weiter runtergehen", sagte Erdogan laut der "Börsen-Zeitung", die sich auf den Wirtschaftsdienst Bloomberg bezieht, gerade im türkischen Fernsehen. "Das ist unser Wunsch, damit Investoren in diesem Land leichter und stärker investieren können." Die Talfahrt der türkischen Wirtschaft hat sich zuletzt durch die Coronakrise nochmals beschleunigt.

In der Makroökonmie gelten sinkende Zinsen als Inflationstreiber, Erdogan bestreitet allerdings diesen Zusammenhang. Nun beobachten Experten gespannt, wie sich die türkische Notenbank unter ihrem Chef Murat Uysal am 20. August entscheidet - da steht die nächste Zinsentscheidung an. Zuletzt hatte die Notenbank versucht, die Landeswährung zu stützen, indem sie Teile ihre Dollarreserven verkaufte. Laut der "Börsen-Zeitung" sind so ihre Brutto-Währungsreserven von 81 Milliarden US-Dollar vor der Krise auf nun 46,7 Milliarden Dollar Ende Juli zusammengeschmolzen. Rein rechnerisch lassen sich damit die Importe des Landes für nicht einmal drei Monate finanzieren, rechnet die Analystin Phoenix Kalen von Société Générale demzufolge vor. Zum Vergleich: Die Deutsche Bundesbank hat für Juli Währungsreserven in Höhe von 233,6 Milliarden Euro (275 Milliarden US-Dollar) ausgewiesen, das entspricht gegenüber dem Vorjahr einem Plus von 20,9 Prozent.