Mit dem Siegeszug der ETFs sind auch seit einiger Zeit kritische Stimmen laut geworden, die vor systemischen Risiken bei Indexfonds warnen. So merken etwa das Financial Stability Board (FSB) und der IWF an, dass die Liquidität bei vielen Rückgaben durch Investoren in Stressphasen versiegen könnten. Oder hohe Mittelzuflüsse die Preise von ihren fundamentalen Werten entfernen könnten. Besonders im Fokus haben Kritiker hierbei illiquidere Anlagen wie Schwellenländeranleihen oder High-Yield-Bonds.

Aber ist die Kritik an den ETFs gerechtfertigt? Für Eric Wiegand von der Deutschen Asset Management schießt die Kritik über das Ziel hinaus. Zum einen beträgt laut dem Experten der Anteil der Renten-ETFs mit 0,3 Prozent nur einen Bruchteil am gesamten weltweiten Bondmarkt von etwa 150 Billionen US-Dollar. Zum anderen seien die ETFs dank des Sekundärmarkts in der Regel sogar liquider als die einzelnen Wertpapiere am Primärmarkt. "Denn der Börsenhandel bietet eben eine zusätzliche Liquiditätsressource. Genau das suchen Anleger gerade in Stresssituationen", sagt Wiegand. Als Paradebeispiel führt er den 11. Dezember 2015 an. Im vergangenen Jahr kam es bei Energiebonds zu einem Ausverkauf und damit zu starken Kursturbulenzen in dieser Anlageklasse. "Betrachtet man den Umsatz sowohl am Primär- als auch am Sekundärmarkt der zwei größten High-Yield-ETFs, zeigt sich, dass der Handelsumsatz der ETFs an der Börse bei 5,5 Milliarden US-Dollar lag. Im Gegenzug betrugen die Rücknahmen von ETF-Anteilen im Primärmarkt nur 0,56 Milliarden US-Dollar", sagt Wiegand.

Für den Experten ist daher klar, dass in Stressphasen Anleger zu über 90 Prozent sich entschieden haben, liquide ETFs zu handeln und nicht den möglicherweise illiquideren Primärmarkt zu nutzen. Aufgrund dieser zusätzlichen Liquidität auf dem Sekundärmarkt sieht Wiegand ETFs als einen Teil der Lösung, um für liquide Anleihemärkte zu sorgen. Denn in den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Banken und Broker weitgehend aus dem Handel mit Unternehmensanleihen zurückgezogen. Hielten die Banken in den USA 2007 noch Unternehmensanleihen im Wert von mehr als 200 Milliarden US-Dollar in ihrem Bestand, sind es heute weniger als 50 Milliarden US-Dollar. "Diese Abnahme der Liquidität ist keine zyklische, sondern eine strukturelle Veränderung", so Wiegand.