Das Jahr beginnt für Italiens Wirtschaft mit vergleichsweise erfreulichen Daten: Die Arbeitslosenquote ist nach Angaben der Statistikbehörde ISTAT im vergangenen November erneut leicht gefallen und befindet sich auf dem niedrigsten Stand seit 1977.

Gleichzeitig ist die Industrieproduktion um 0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen. Das ist zwar kein weltbewegender Zuwachs, jedoch eine Trendwende zu den Monaten davor. Nach dem Dauerfeuer an Negativschlagzeilen der vergangenen Jahre stimmen diese Ergebnisse Ökonomen vorsichtig optimistisch. Kurz vor Weihnachten hatte das Parlament auch den Staatshaushalt für 2020 beschlossen, der keine Beanstandungen seitens der EU nach sich zog. Und der italienische Bankenverband berichtet von Fortschritten: Der Anteil fauler Kredite sank auf 1,7 Prozent aller ausstehenden Dar­lehen, das entspricht dem niedrigstem Niveau seit Juli 2010.

Die Entwicklung scheint Investoren zu bestätigen, die die italienischen Börse seit Monaten zu neuen Höhenflügen treiben. Der FTSE-MIB-Index ist im vergangenen Jahr um über 31 Prozent gestiegen, Italien war damit einer der besten Aktienmärkte in Europa. Speziell seit dem Scheitern der Koalition zwischen der rechtsgerichteten Lega mit Matteo Salvini und der Fünf-Sterne-Bewegung im August ging es für die Kurse steil nach oben. Salvinis Kalkül, dass es zu Neuwahlen kommen würde, die er vermutlich gewonnen hätte, ging nicht auf: Die Fünf Sterne bildeten eine neue Koalition mit der linksliberalen Partito Democratico (PD), die Lega blieb außen vor. Seitdem laufen die Regierungsgeschäfte zumindest nach außen hin ruhiger.

Doch das könnte sich in den kommenden Wochen ändern. Damit aus den zaghaft positiven Konjunktursignalen eine solide Erholung werden kann, bedarf es struktureller Reformen. Die kann nur eine stabile Regierung durchsetzen, die an einem Strang zieht.

Schicksalswahl in der Provinz


Doch zwischen den Koalitionspartnern, die angesichts vieler gegensätzlicher Positionen vor allem die Gegnerschaft zu Matteo Salvini zusammenhält, brodelt es. Die Regionalwahl in der Emilia Romagna am 26. Januar könnte das Bündnis schwächen oder sogar stürzen. Denn in der traditionellen Hochburg der Linken liegen die Kandidaten von PD und Lega in Wahlumfragen aktuell Kopf an Kopf. "Das wird ein ernsthafter Überlebenstest für die Regierung", sagt Paolo Pizzoli, Volkswirt bei der Bank ING. Eine Niederlage der PD in der Provinz könnte im schlimmsten Fall zu Neuwahlen auf nationaler Ebene führen. Dann würde wohl wieder die Lega ans Ruder kommen und erneut auf Konfrontationskurs mit der EU gehen. Lega-Chef Salvini ist nach wie vor einer der populärsten Politiker des Landes und lässt keine Gelegenheit aus, die Regierung anzugreifen.

Im Frühjahr steht außerdem voraussichtlich ein Referendum zur Verkleinerung des Parlaments an. Stimmen die Italiener gegen die Linie der Regierung, würde das wohl ebenfalls eine Krise auslösen - 2016 trat Ministerpräsident Renzi in einer ähnlichen Situation zurück.

Auch wenn Beobachter wie etwa Unicredits Italien-Chefökonomin Loredana Maria Federico nicht davon ausgehen, dass es 2020 zu vorgezogenen Neuwahlen kommt: Die politischen Risiken steigen in den kommenden Wochen erheblich und damit auch die Wahrscheinlichkeit von Marktturbulenzen. Anleger, die im vergangenen Jahr vom Anstieg italienischer Aktien profitiert haben, sollten daher Gewinne mitnehmen. Übersteht die Regierung die Herausforderungen, können sie über einen erneuten Einstieg entscheiden.

Lyxor FTSE MIB:
Die Risiken für Italien-Investoren sind deutlich gestiegen. Gerade angesichts der sehr guten Performance der vergangenen Monate sollten Anleger Gewinne mitnehmen.