Arne Rautenberg, Fondsmanager bei Union Investment, verrät, warum sich viele Fonds von der Linde-Aktie trennen werden. Die Fondsgesellschaft selbst hat 2,2 Milliarden Euro in Linde investiert. Von Wolfgang Ehrensberger

BÖRSE ONLINE: Der wertvollste DAX-Konzern Linde verlässt die Frankfurter Börse und ist nur noch an der Wall Street notiert. Was heißt das für die Aktie?

Arne Rautenberg: Für die Aktie ist das kurzfristig ein Kursnachteil. Viele Aktienfonds besitzen Linde, weil sie auf diese größte DAX-Aktie kaum verzichten können. Wir schätzen, dass ungefähr zehn Prozent der Anteilseigner nach dem Delisting aus diesem Grund verkaufen müssen.

Union Investment auch?

Wie unsere Wettbewerber werden auch wir die Bestände in den Euroland- und Deutschland-Fonds senken.

Wie sehen Sie die Linde-Entscheidung?

Linde hätte kein Delisting angestrebt, wenn sie nicht so erfolgreich wären. Durch die Fusion mit Praxair wurde Linde viel wertvoller als alle Konkurrenten im DAX und kollidierte deshalb immer wieder mit der Zehn-Prozent-Grenze, die das Indexgewicht jedes einzelnen DAX-Werts begrenzt. Dafür kann man Linde nicht kritisieren, sondern eher, dass viele andere deutsche Konzerne da nicht mithalten können.

Was bewirkt die Zehn-Prozent-Grenze?

Investoren mussten immer verkaufen, wenn die Aktie im DAX über den maximalen Anteil von zehn Prozent stieg. Genau diesen strukturellen Verkaufsdruck will Linde nicht mehr. Deshalb ist Lindes Entscheidung auch im Sinn der Aktionäre und des Shareholder Value. Linde ist ja bereits im US-Index S&P 500. Dort gibt es keine Deckelung.

Sie haben gesagt, der Rückzug belaste die Aktie.

Kurzfristig. Möglicherweise wird Linde sein Rückkaufprogramm aufstocken. Dann wäre der negative Kurseffekt überschaubar, und die Aktie dürfte sich zügig erholen.