Wer erfolgreich anlegen will, muss viel weniger wissen, als viele denken. €uro erläutert, wie Sie in acht Schritten zum Fonds- und ETF-Investor werden. Von Jörg Billina, Ralf Ferken, Stephan Haberer, Julia Pfanner und Stefan Rullkötter

Je länger die Ära der Niedrigzinsen dauert, desto mehr Anlegern ­dämmert es: An renditestarken Anlageformen - etwa Fonds und ETFs - führt kein Weg vorbei. Doch noch immer haben viele Angst vor der Börse, wie eine aktuelle Studie der Frankfurt School of Finance & Management belegt. So fürchten 67 Prozent der Befragten, die keine Aktien besitzen, hohe Börsenverluste; 66 Prozent glauben, ihr Vermögen sei zu klein, um an der Börse investieren zu können. Und 65 Prozent der Börsenabstinenzler sagen: "Mir fehlt das Wissen, wie man in Aktien investiert."

Grund genug zu erklären, wie Sie Ihr Geld in Fonds und ETFs anlegen. Eines vorweg: Wer in Fonds oder ETFs investiert, muss keine Bilanzen lesen können. Das überlässt er Fondsmanagern oder er investiert gleich breit in Indizes wie den MSCI World. Ein paar Gedanken sollte man sich vor dem Start an die Börse machen. Doch dann kann jeder ein sinnvoll strukturiertes Depot erstellen. Und das mit möglichst geringen Kosten.

1. Kassensturz.

Bevor Sie investieren, sollten Sie zwei Fragen klären: "Wie viel kann ich jeden Monat erübrigen?" Und: "Bleibt mir auch Geld, das ich auf einen Schlag investieren kann?" Rechnen Sie dabei eher vorsichtig und planen Sie Sicherheitspuffer für finanzielle Notfälle ein. Übrigens: Sparpläne lassen sich bei Onlinebrokern meist schon ab 25 Euro einrichten. Und Einmalanlagen sind bei niedrigen Kaufgebühren schon ab 1000 Euro überlegenswert.

2. Struktur.

Ausschließlich auf Fonds mit Anleihen bester Bonität zu setzen, bringt derzeit keine Rendite; nur in Aktienfonds zu gehen, raubt Börsenneulingen oft den Schlaf. Sie sollten jedoch wissen: Je länger Ihr Geld an der Börse investiert bleiben kann, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Sie mit Aktien Verlust machen. Das belegt auch das DAX-Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts. Demnach haben Anleger, die ihr Geld länger als elf Jahre in den deutschen Leitindex DAX investieren konnten, seit Ende 1968 bis Ende 2018 noch nie einen Verlust erlitten. Das gilt übrigens sowohl für Einmalanlagen als auch für Sparpläne.

3. Zeit.

Haben Sie nicht so viel Zeit, können Sie Ihr verfügbares Kapital auch zu 50 Prozent in Aktien und zu je 25 Prozent in (Bundes-)Anleihen und Immobilien stecken. Sollten dann die Aktienkurse um 30 Prozent einbrechen, beträgt Ihr Verlust - bezogen aufs Gesamtdepot - lediglich 15 Prozent. Falls Sie sich damit noch immer unwohl fühlen, wählen Sie einen noch niedrigeren Aktienanteil.

4. Wertpapiere.

Nächste Frage: Einzelwerte oder Fonds/ETFs? Für Einzelwerte spricht, dass man bei geschickter Wahl schnell viel Gewinn machen kann. Doch sind Investitionen in ein paar wenige Aktien deutlich riskanter als Investitionen in viele verschiedene Werte, wie sie etwa in Fonds oder ETFs stecken. Für den Vermögensaufbau empfiehlt es sich daher, den Großteil des Kapitals in Top-Fonds oder ETFs anzulegen und Einzelwerte nur beizumischen.

5. Aktiv oder passiv.

Nun stehen Sie vor der Wahl, in aktiv gemanagte Fonds oder in ETFs - also Fonds, die einfach ­einen Index nachbilden - zu investieren. Für Letztere spricht: Sie bringen immer die gleiche Rendite wie der zugrunde liegende Index - abzüglich der ETF-Kosten. Doch die sind viel geringer als bei aktiv verwalteten Fonds. ETFs auf große Indizes gibt es bereits zu jährlichen Kosten unter 0,1 Prozent. Andererseits kann ein ETF nie mehr Plus machen als der Index. Doch auch bei aktiv gema­nagten Fonds gelingt es nur einigen Fondsmanagern, ihren Vergleichsindex - etwa den DAX - über viele Jahre zu schlagen. Sein Geld in Fonds solch ausgezeichneter Manager anzulegen, kann sich also lohnen. Die eigentliche Frage ist daher, wo investiert man besser in ETFs, wo besser in aktiv gemanagte Top-Fonds? Generell gilt, dass große Märkte wie die USA, Europa oder die gesamte Börsenwelt recht effektiv durch ETFs abgedeckt werden können - und kleinere Märkte, spezielle Branchen oder besondere Anlagestile über aktiv gemanagte Fonds mit exzellenten Managern. Auf den Seiten 42 bis 57 finden Sie Fonds (und ETFs), die für ihre guten Leistungen über ein bis 20 Jahre von €uro mit Fund Awards ausgezeichnet wurden.

6. ETF-Auswahl.

Entscheiden Sie sich für ETFs, dann sollten Sie nicht auf völlig unbekannte Indizes oder auf Indizes mit recht wenigen Werten setzen. Beispiel: Um die USA abzudecken, wählen Sie besser keinen ETF auf den Dow ­ Jones Index, auch wenn der sehr bekannt ist. Denn in diesem Index stecken lediglich 30 Werte. Die bessere Alternative: ETFs auf den S & P 500 Index - dieser enthält die 500 US-Aktien mit dem höchsten Börsenwert. Oder wollen Sie sich mit einem einzigen ETF gleich in die komplette Börsenwelt einkaufen? Kein Problem: Dann wählen Sie ETFs auf den MSCI All Country World Index oder kurz ­MSCI ACWI. In diesem stecken Aktien von rund 3060 Unternehmen aus 49 Industrie- und Schwellenländern. Damit spiegelt er 85 Prozent der Marktkapitalisierung aller Börsen weltweit wider.

7. Depotbank.

Nun ist zu klären: Soll das Depot online oder offline geführt werden? Informierten Anlegern wie den €uro-Lesern empfehlen wir Online­depots. Die Gründe dafür: Ihr Depot ist immer dort, wo Sie sind. Sie benötigen lediglich eine Internetverbindung. Und Onlinedepots sind viel günstiger als ­Depots bei Filialbanken. Diese verlangen oft noch immer ein Prozent des Depotvolumens als jährliche Depotgebühr. Viele Onlinebroker berechnen dagegen keine Depotgebühr. Und wenn, dann ist sie viel niedriger und lässt sich meist recht einfach vermeiden (siehe Tabelle unten). Nächster Punkt: Bei den meisten Onlinebrokern gibt es beim Kauf vieler Fonds über die Fondsgesellschaft Rabatt aufs Agio, also den Ausgabeaufschlag. Das Agio ist ein noch größerer Renditekiller als die Depotgebühr, besonders wenn Sie regelmäßig umschichten. Viele Onlinebroker bieten Fonds auch ohne Agio an. Oder Sie kaufen bei Onlinebrokern Fonds einfach über die Börse.

Um Ihnen die Wahl "Ihres" Online­brokers zu erleichtern, haben wir in der Tabelle unten jeden vorgestellten Onlinebroker hinsichtlich des Fonds- und ETF-Angebots und der damit verbundenen Kosten bewertet. Informieren Sie sich zudem auf den Websites der Onlinebroker, welcher Anbieter welche Ihrer Wunschfonds ohne Agio offeriert - oder zumindest mit möglichst viel Rabatt. Oder Sie gehen zu einem der vielen Fondsdiscounter im Internet wie AAV Fondsvermittlung, die Depots bei Fondsbanken wie Ebase, FIL Fondsbank, Fondsdepotbank oder der Fondsplattform der Augsburger Aktienbank vermitteln. Diese sind auf Fonds- und ETF-Handel spezialisiert. Zwar wird hier oft eine Depotgebühr fällig, jedoch beträgt sie nie mehr als 65 Euro im Jahr. Dafür gibt es beim Agio aktiv gemanagter Fonds deutlich mehr Rabatt als bei vielen Online­brokern. Nachteil der Fondsdiscounter: Möchten Sie auch in Einzelwerte investieren, benötigen Sie oft ein weiteres Depot.

8. Sparpläne.

Wollen Sie auch oder ausschließlich mittels Fonds- oder ETF-Sparplänen Vermögen aufbauen, sollten Sie sich das jeweilige Angebot der Online­broker auch daraufhin anschauen und vor Depoteröffnung klären, ob es bei Sparplänen auf "Ihre" Fonds und ETFs kostenlose Angebote gibt. Oder ob wenigstens ein Rabatt drin ist. Falls nicht, bieten sich wieder die Fondsdiscounter an. Bei ihnen - respektive den dahinterstehenden Fondsbanken - ist das Angebot an rabattierten Fondssparplänen viel größer. Je nach Fondsbank sind 4300 bis 8000 aktiv gemanagte Fonds sparplanfähig. Und je nach Vermittler sind meist auch bei Fondssparplänen Tausende von Fonds ohne Agio erhältlich.