Sie begleitet uns täglich - und idealerweise wird uns das gar nicht bewusst. Die Rede ist von Infrastruktur, der "Grundausstattung einer Volkswirtschaft", wie es ein Wirtschaftslexikon definiert. Dazu zählen Straßen- und Schienennetze, Airports, Seehäfen sowie Einrichtungen zur Versorgung mit Wasser und Energie oder Kommunikationsnetze. Nicht zu vergessen der Bereich Entsorgung. Ein weites Feld also. Und ein chancenreiches für Anleger. Dieses Jahr dürfte besonders spannend werden.

Investoren finden in Infrastruktur aber auch ein sehr heterogenes Universum. Das zeigte sich deutlich im vergangenen Jahr. Zwar hielt sich die Anlageklasse insgesamt besser als der breite Aktienmarkt, aber bei den einzelnen Segmenten gab es deutliche Unterschiede: Im Zuge der Pandemie kam es weltweit zu starken Mobilitätseinschränkungen. Darunter litt besonders der Transportsektor. "Wir haben bei den Passagiervolumen im Flugverkehr teilweise Einbrüche von bis zu 80 Prozent gesehen", sagt Johannes Maier, Infrastrukturanalyst beim Fondsanbieter Bantleon. Die Folge: Bei Flughäfen, aber auch bei den Betreibern von Mautstraßen kam es zu starken Kurseinbrüchen.

Eine Wende brachten erst die Erfolgsmeldungen in der Impfstoffentwicklung und die Aussichten auf eine Normalisierung des Passagierverkehrs. "Der Sektor wird sich erholen", sagt Analyst Maier. "Aber ich rechne damit, dass der Passagiertransport nicht vor 2025 sein Vorkrisenniveau erreichen wird." Fraglich ist zudem, ob es jemals wieder so viele Geschäftsreisen geben wird - nun, da man sich vielerorts mit Videokonferenzen und digitalen Arbeitsabläufen angefreundet hat.

USA: Öl- und Gassektor dominiert

Ebenso heftig traf es im Zuge des Ölpreissturzes den Öl- und Gassektor. Die darin enthaltenen Unternehmen büßten 2020 im Schnitt ein Drittel ihres Börsenwerts ein. Mit rund 20 Prozent tieferen Kursen schloss Enbridge das vergangene Jahr ab. Der Konzern betreibt in Kanada und den USA das weltgrößte Rohöl- und Flüssigkeiten-Pipeline-System. 95 Prozent der Einnahmen erzielt Enbridge im Öl- und Gasgeschäft, nur fünf Prozent sind dem Bereich erneuerbare Energien zuzuordnen.

Enbridge ist eine der Top-Ten-Positionen im FTSE Global Core Infrastructure Index, der die Grundlage für den börsennotierten Indexfonds iShares Global Infrastructure (ISIN: IE 00B 1FZ S46 7) bildet. Euro-Anleger müssen bei diesem ETF auf Jahressicht ein Minus von rund zehn Prozent verkraften. Dazu trug zum einen die Schwäche des Dollar gegenüber dem Euro bei. Zum anderen aber auch die deutliche Gewichtung in der Öl- und Gas-Infrastruktur.

"Dieser Sektor dominiert in den USA", erklärt Analyst Maier. "Und er ist zum großen Teil verantwortlich dafür, dass sich globale Infrastrukturindizes mit naturgemäß hohem US-Anteil im vergangenen Jahr schlechter entwickelt haben als europäische." So verzeichnete der Index S & P Global Infrastructure am Jahresende ein Minus von 13,5 Prozent für Euro-Anleger, während sein europäisches Pendant MSCI Europe Infrastructure mit 0,9 Prozent leicht im Plus lag.

Der alte Kontinent profitierte im Gegensatz zu Nordamerika davon, "dass die Klimapolitik bereits ausgereifter ist und hier viele Weltmarktführer bei den erneuerbaren Energien zu Hause sind", wie Maier sagt. Dieser Sektor verzeichnete 2020 starke Kursgewinne.

Viele Daten, bessere Netze

Unternehmen aus dem Bereich Telekommunikations-Infrastruktur zeigten sich 2020 stabil. Etwa Crown Castle. Der Konzern ist Betreiber von Zehntausenden Sendemasten und einem Glasfasernetz in den USA und wird wie das gesamte Segment auch nach Corona am Digitalisierungstrend in Wirtschaft und Gesellschaft partizipieren. Denn für datenintensive Anwendungen wie Videostreaming, Homeoffice oder Telemedizin braucht es verstärkt Rechenzentren, Funkmasten und Kabelnetze.

In diesem Jahr erscheint Infrastruktur als Anlageklasse so spannend und chancenreich wie selten. Denn zum einen sind langfristige strukturelle Wachstumstreiber wie demografischer Wandel und Digitalisierung weiter intakt. Zum anderen treiben die weltweit aufgelegten Fiskalprogramme zur Unterstützung der Wirtschaft vor allem die Investitionen in Infrastruktur. "Und an der Seitenlinie parkt noch jede Menge Kapital von Private-Equity-Investoren, das in diesen Bereich fließen will", so Bantleon-Analyst Maier.

Der Experte sieht insbesondere bei europäischen Infrastrukturunternehmen große Chancen. Von der erwarteten wirtschaftlichen Erholung sollten seiner Ansicht nach vor allem konjunkturnähere Segmente wie Umweltdienstleister oder Unternehmen der Transportinfrastruktur profitieren. Dementsprechend setzt das Portfolio von Bantleon (s. Investor-Info) seinen Fokus auf Titel des alten Kontinents. Daneben verfolgt der Fonds einen Nachhaltigkeitsansatz, weshalb dort viele Titel aus den erneuerbaren Energien vertreten sind.

Wer das Thema Infrastruktur dennoch lieber global angehen will, der findet im Portfolio von Morgan Stanley ein langfristig aussichtsreiches Vehikel. Speziell auf die aufstrebenden Schwellenländer, mit Schwerpunkt China, setzt ein Infrastrukturfonds des Anbieters Aberdeen Standard.
 


INVESTOR-INFO

MSt. Global Infrastructure

Langfristig die Nase vorn

Mit seinem fundamental orientierten Anlageansatz kann der Fonds seit Auflage im Sommer 2010 überzeugen. 140 Prozent Plus erzielte das Portfolio über zehn Jahre und rangiert damit an der Spitze seiner Kategorie. Auf Jahressicht steht aber ein Minus von gut zehn Prozent zu Buche. Der Fonds hat größere Positionen in der Öl- und Gasinfrastruktur und war damit 2020 dem Einbruch der Energiepreise ausgesetzt. Mit 40 Prozent sind US-Unternehmen am höchsten gewichtet.

Bantleon Sel. Infrastructure

Spannender Newcomer

Seit Juni 2019 ist der Bantleon-Fonds auf dem Markt - und liefert seitdem eine überzeugende Leistung. Im Unterschied zu den meisten globalen Infrastrukturportfolios ist er auf Jahressicht im Plus. Denn Fondsmanagerin Susanne Reisch schließt von vornherein Infrastrukturtitel im Bereich fossile Brennstoffe aus. Großes Gewicht haben dagegen Unternehmen im Feld der erneuerbaren Energien. Beides machte sich 2020 bezahlt.

Aberdeen EM Infrastructure

Fokus auf Schwellenländer

Der schottische Anlagespezialist Aberdeen konzentriert sich mit seinem Portfolio auf Infrastrukturinvestitionen in den Schwellenländern. Mit gut 40 Prozent am höchsten gewichtet ist aktuell China. Da dort die Pandemie rasch eingedämmt wurde und sich die Wirtschaft stark erholt, profitiert auch der Fonds entsprechend. Auf Jahressicht ist er rund fünf Prozent im Plus. Auch das Ergebnis über fünf Jahre mit knapp 50 Prozent Wertzuwachs kann sich sehen lassen.