Vor malerischer Kulisse im bayerischen Schloss Elmau bewarb Olaf Scholz jüngst das von den G7-Nationen beschlossene Investitionsprogramm. "Ich bin davon überzeugt, dass die G7 ein stärkeres, überzeugenderes Angebot an die globalen Partner bieten können. Wir haben allerdings noch einen weiten Weg vor uns", so der Bundeskanzler. 600 Milliarden Dollar wollen die sieben Industrienationen in den kommenden Jahren in den globalen Ausbau der Infrastruktur in Entwicklungsländern investieren. Die "Partnerschaft für globale Infrastruktur und Investitionen" gilt aber weniger als Vorstoß der G7, sondern als Gegenentwurf zum großen chinesischen Projekt.

Mit der "Neuen Seidenstraße" will Peking über den Auf- und Ausbau von Handels- und Infrastrukturprojekten in Entwicklungsländern seinen internationalen Einfluss erweitern. Berichten zufolge will die chinesische Regierung zudem einen staatlichen Infrastruktur-Investitionsfonds im Wert von knapp 75 Milliarden Dollar einrichten, um die Infrastrukturausgaben im eigenen Land anzukurbeln und die Corona-geschwächte Wirtschaft zu stützen. Mit ihrer Initiative eifern die G7-Staaten somit dem umfangreichen chinesischen Engagement für Infrastruktur nach.

Der Plan der G7, für den Scholz warb, ist zwar keine bahnbrechende Neuerung, allerdings befeuert er einen bestehenden Trend. Johannes Maier, Spezialist für globale Infrastrukturaktien beim Vermögensverwalter Bantleon, sieht hier rosige Perspektiven. "Investitionen in Infrastruktur stehen vor einem Superzyklus", sagt er.

Standhaft gegen Turbulenzen

Bereits in den vergangenen turbulenten Börsenmonaten glänzten Wertpapiere aus diesem Bereich mit solider Performance. Infrastrukturfonds hätten in den letzten Jahren steigende Vergleichsrenditen erzielt und sich während der Pandemie als widerstandsfähig erwiesen, hebt etwa Bloomberg-Analystin Sonia Baldeira hervor.

Ihre Stabilität haben Infrastrukturtitel zuletzt eindrucksvoll nachgewiesen. In Zeiten gestiegener Volatilität und wirtschaftlichen Abschwungs überzeugen etwa Wasser- oder Energieversorger von einer konjunkturunabhängigen Nachfrage. Auch die weltweit steigenden Zinsen setzten die Titel nicht so stark unter Druck. An den Aktienmärkten leiden aktuell besonders die Unternehmen, die eine hohe Wachstumsfantasie eingepreist hatten. Bei Infrastrukturtiteln sei das ein Stück weit anders: "Da ist einfach weniger Fantasie möglich, weil die Unternehmen relativ stabile Geschäftsmodelle haben und entsprechend vorhersehbare Cashflows aufweisen", sagt Maier.

Hinzu kommt die wachsende Inflation. Durch ihre Relevanz für das öffentliche Leben und ihre Marktstellung können viele Unternehmen die gestiegenen Kosten an Kunden weiterreichen. Experte Maier verdeutlichte dies am Beispiel der Betreiber von Mautstraßen. Diese müssten Gebühren für die Nutzung der Straßen jährlich mindestens um die Höhe der Inflation anheben. Unternehmen wie die französische Vinci oder das australische Unternehmen Transurban könnten ihre Preise entsprechend anpassen, ohne dass ihre Kosten im gleichen Maß zunehmen.

Die hohe Inflation belastet also weniger. Gänzlich können sich Infrastrukturunternehmen aber nicht von volkswirtschaftlichen Entwicklungen abkoppeln. Laut Fondsmanager Maier müssen Anleger in verschiedenen Phasen des Konjunkturzyklus auf unterschiedliche Teilbereiche des Sektors setzen.

"In einem volkswirtschaftlichen Abschwung macht es mehr Sinn, innerhalb des Infrastrukturbereichs in die defensivsten Segmente wie beispielsweise den Bereich der Wasserversorgung zu allokieren, weil dort in jeder Konjunkturphase eine konstante Nachfrage besteht. In konjunkturellen Aufschwungphasen bevorzugen wir zyklische Infrastruktursegmente wie beispielsweise Mautstraßenbetreiber, weil diese überproportional profitieren. Das Wirtschaftswachstum ist wesentlicher Treiber der Unternehmensgewinne, weil dann mehr Lastwagen und Autos über Mautstraßen fahren", so der Experte.

Stabilität und Wachstum

Um die Breite des Feldes abzudecken, bieten sich Investments in Fonds an. Die thematische Vielfalt wird auch durch das Investitionsprogramm der Industrienationen verdeutlicht: Die Pläne der G7-Staaten reichen vom Ausbau von Handelsrouten mit Häfen oder Brücken über Projekte für Solarenergie bis zur Erweiterung von Gas-Infrastruktur.

Zudem eignen sich Fonds deutlich besser, um die gewünschte Depotstabilität herzustellen. Zwar steigen Infrastrukturtitel in wirtschaftlichen Hochphasen oft weniger stark als der breite Markt, in Abschwungphasen bringen sie dafür Stabilität. Auf Wachstumschancen müssen Anleger dennoch nicht verzichten. Zukünftige Großprojekte wie die Energiewende und die Digitalisierung benötigen neue Strukturen.

Auch Fondsmanager Maier sieht Wachstumspotenzial: "Da gibt es Unternehmen, die sonst vorwiegend mit Stabilität gepunktet haben, mittlerweile aber darüber hinaus auch ein außerordentliches Wachstumsprofil aufweisen." Aus seiner Sicht bieten bei der Energiewende vor allem Bereiche wie die Speicherung von Energie und Batterietechnologien sowie das Recycling von Metallen oder digitale Stromlösungen viel Potenzial.

Maier setzt auf globale Weltmarktführer beim Ausbau erneuerbarer Energien wie die europäischen Energiekonzerne EDP, Iberdrola und Enel. Auch Recyclingspezialisten wie der belgische Konzern Umicore oder die deutsche Befesa finden sich in seinem Fonds. Betreiber von Rechenzentren betrachtet er ebenfalls als aussichtsreich und setzt unter anderem auf das US-Unternehmen American Tower.

Auch Telekommunikation brauche einen Ausbau: "Gerade in Deutschland reicht die digitale Infrastruktur in Form von Glasfasernetzen und Funkmasten nicht für weiter steigende Datenvolumina aus. Die Nachfrage nach bereits bestehenden Funkmasten und Rechenzentren sollte auf Jahrzehnte hinweg gesichert sein und mit neuen Anlagen sogar noch weiter ausbaufähig sein. Unternehmen aus diesen Bereichen verkörpern die Kombination aus Stabilität und Wachstum." Die macht Infrastruktur als Investment weiter attraktiv.

INVESTOR-INFO

Infrastruktur-ETF

Breiter Fond mit USA-Fokus

Der Fonds des Vermögensverwalters Blackrock bündelt in seinem iShares Global Infrastrucure ETF mehr als 230 Unternehmen. Größte Positionen sind das US-Energieunternehmen Nextera Energy und die Eisenbahngesellschaft Union Pacific. Geografisch liegt der Fokus auf Nordamerika. Die USA sind mit einem Anteil von mehr als 60 Prozent stark übergewichtet, auch Kanada nimmt einen großen Teil ein. Auf Sicht eines Jahres lief der ETF besser als DAX oder S & P 500.

Infrastruktur-Aktienfonds

Energiewende und Europa

Der von Johannes Maier gemanagte Bantleon Select Infrastructure Fonds setzt auf Geschäftsmodelle mit hohen Markteintrittsbarrieren. Geografisch sind die USA mit rund 16,5 Prozent nicht so stark übergewichtet. Als "Partner der Energiewende" schließt das Management unter anderem Ölpipelines aus. Ein Fokus liegt auf Europa. Für Stabilität werden Risikofaktoren wie starke Bindungen an Ölpreise oder Fremdwährungen reduziert.

Infrastruktur-Mischfonds

Mit Aktien und Anleihen

Ziel des SPDR Morningstar Multi-Asset Global Infrastructure ist die Nachbildung der Wertentwicklung des globalen Infrastrukturmarktes. Dafür investiert der Fonds etwa zu gleichen Teilen in Aktien und festverzinsliche Wertpapiere. Die größten Sektoren Versorgungsunternehmen sowie Transport & Logistik machen zusammen mehr als 80 Prozent der Zusammensetzung aus. Knapp die Hälfte der Ländergewichtung entfällt auf die USA.