Mit Marketing-Getöse ist Google Pay in Deutschland gestartet. Und nun geht es Schlag auf Schlag: Ende Juli bringen die Sparkassen ihre eigene Bezahl-App auf den Markt, Anfang August folgen die Genossenschaftsbanken. Steht nun endlich die schon oft beschworene Bezahlrevolution bevor? Der Dreifachschlag binnen weniger Wochen könnte dem Thema Auftrieb verleihen.

Fakt ist aber: Es wurde schon viel gemutmaßt, wann der Durchbruch für das mobile Bezahlen per Smartphone in Deutschland nun endlich kommt. Tatsächlich geändert hat sich bislang wenig: Die Deutschen zahlen nach wie vor am liebsten bar, anders als etwa die Skandinavier. Mobiles Bezahlen steckt noch in der Nische - wer im Supermarkt sein Handy zückt, darf damit rechnen, Aufmerksamkeit zu erzeugen. Laut der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers haben bisher nur 13 Prozent der Smartphone-Nutzer auch schon mal mit dem Handy bezahlt. 42 Prozent können es sich immerhin vorstellen.

Google Pay nur mit Kreditkarte



Seit Ende Juni gibt es bei der Commerzbank, ihrer Onlinetochter Comdirect, N26 und Boon das Bezahlverfahren Google Pay, bald folgen wollen die Landesbank Baden-Württemberg/BW-Bank und Revolut. Doch um es nutzen zu können, müssen ein paar Voraussetzungen erfüllt sein: Man benötigt dafür ein Smartphone mit dem Google-Betriebssystem Android und NFC-Technik, außerdem eine Visa- oder Mastercard der genannten Banken sowie die Google-Pay-App, die man aus dem Play Store herunterladen kann; bei der Commerzbank ist Google Pay auch in die Banking-App integriert. Die Kreditkarte wird virtualisiert im Smartphone hinterlegt. Die virtuelle Kopie ist nur im Zusammenspiel mit dem Smartphone gültig, auf dem das mobile Bezahlen eingerichtet wurde. Sollte das Handy abhanden kommen, muss die physische Kreditkarte nicht gesperrt oder ausgetauscht werden; es wird einfach nur die virtuelle Kopie deaktiviert.

Fortan kann man an Kassen, die für das kontaktlose Bezahlen mit der NFC-Funktechnik ausgerüstet sind, direkt mit dem Smartphone bezahlen. Auch in Handyfunklöchern funktioniert die Technik. Bis Ende 2018 soll das laut Handelsverband HDE an 80 Prozent aller deutschen Kassenterminals gehen. NFC steht für Near Field Communication. Damit bezeichnet man einen Funkstandard zur drahtlosen Datenübertragung, die nur auf wenige Zentimeter Entfernung möglich ist. Diese Technologie kommt schon heute beim kontaktlosen Bezahlen mit physisch vorhandenen Kredit- und Girokarten zum Einsatz.

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Girocard mobil für mehr Akzeptanz



Doch aufgepasst: Mit einer herkömmlichen Girocard funktioniert Google Pay nicht - genau darin liegt die Krux. Denn 98 Prozent der Deutschen haben eine Girocard, aber nur 36 Prozent eine Kreditkarte. Daher könnten die Vorhaben der Sparkassen und der Genossenschaftsbanken für viele Deutsche interessanter sein.

Bei beiden Angeboten wandert nicht nur die Kreditkarte, sondern auch die Girocard ins Android-Smartphone. Die ersten acht Sparkassen sind damit bereits am Markt. Ab 30. Juli folgen weitere 300 Sparkassen mit einer Payment-Lösung, "die weltweit an allen NFC-fähigen Kartenzahlungsterminals funktioniert", so ein Sprecher des DSGV. Anfang August folgen dann die Genossenschaftsbanken mit einer Lösung für Android-Handys, die ebenfalls das gesamte Kartenportfolio Girocard, Mastercard und Visa-Kreditkarte digitalisiert - innerhalb der datengeschützten VR-Banking-App. Zum Start sind 85 Prozent der Volks- und Raiffeisenbanken dabei, ab Dezember 2019 sollen es alle offerieren.

Damit gewinnt die Möglichkeit, mobil zu bezahlen, in Deutschland an Marktbreite. 2017 war als erste Bank hierzulande bereits die Deutsche Bank mit einer Mobile-Payment-Lösung auf den Markt gegangen, die Postbank folgte im Herbst - aber beide nutzten ebenfalls nur virtualisierte Kreditkarten und nicht die Girocard. Gerade die Virtualisierung der Girocard könnte jedoch der wichtige Faktor für den Markterfolg sein. Viele andere große Häuser wie ING-Diba, Deutsche Kreditbank (DKB), Consorsbank, Targobank, 1822direkt oder die Hypovereinsbank haben nach einer Umfrage von BÖRSE ONLINE derzeit noch kein Mobile-Payment-Angebot - und nennen auch noch keinen Starttermin.

Und was ist mit Apples gehyptem Bezahldienst Pay? Der lässt hierzulande weiter auf sich warten. Denn wie zu hören ist, verlangt Apple bei Apple- Pay-Zahlungen - anders als Google - einen Umsatzanteil, den die Geldhäuser in Deutschland abzugeben nicht bereit sind. Derweil erlaubt es Apple nicht, die NFC-Schnittstelle in iPhones für andere mobile Bezahldienste anzusprechen. Da Android-Handys in Deutschland aber viel mehr Marktbedeutung haben, ist das Ausbleiben von Apple Pay für den Markterfolg des mobilen Bezahlens hierzulande gar nicht so wichtig. Jetzt kommt es darauf an, ob sich die bargeldverliebten Deutschen mit Android-Smartphones dafür begeistern lassen.