Es gibt eine breite gesellschaftliche Diskussion, ob man das Bargeld künftig abschaffen soll oder nicht. Doch selbst die aktuelle Rechtslage ist unklar. Experten sind uneinig, wann Bares akzeptiert werden muss und wann nicht. Von Martin Reim

Beispielsweise meldete sich kürzlich ein Leser mit folgender Frage: Als er neulich eine Flugreise antreten wollte, hatte er Übergepäck. Er sollte deshalb 30 Euro nachzahlen und konnte dies nur per Kreditkarte tun, nicht in bar. Gibt es nun einen gesetzlichen Annahmezwang für Bargeld, und greift er gegebenenfalls in diesem Beispiel?

Ob ein Zwang im strengen Sinne existiert, ist selbst unter Fachleuten umstritten. Zwar steht im "Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union", dass Euro-Banknoten im Währungsgebiet das gesetzliche Zahlungsmittel sind. Damit muss der Euro in unbeschränkter Höhe zum Begleichen von Schulden akzeptiert werden, folgert beispielsweise der Frankfurter Währungswissenschaftler Professor Helmut Siekmann. Doch andere Stimmen verweisen auf die sogenannte Euro-Verordnung I der EU und argumentieren, diese Verpflichtung können quasi nach Belieben eingeschränkt werden.

Allerdings ist selbst Professor Siekmann der Ansicht, dass dieser Annahmezwang strikt nur für staatliche Institutionen und für private Monopolisten gilt. So wendet er sich gegen die Praxis von Finanzämtern, lediglich Überweisungen für Steuerschulden zu akzeptieren und Bargeld abzulehnen. "Historisch gesehen, sind Banknoten entstanden, weil öffentliche Kassen sie akzeptierten oder teilweise sogar eine Annahme verlangten. Da wäre es widersinnig, wenn ausgerechnet diese Institutionen eine Annahme verweigern dürften." Bei Monopolisten sei der Zwang ebenfalls relevant, weil die Bürger hier keine Möglichkeit hätten, bei Ablehnung von Bargeld einen Konkurrenten aufzusuchen.

Bei Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, seien Einschränkungen hingegen zulässig - solange sie der Kunde vorab kennt. Etwa im genannten Beispiel die Fluggesellschaft, wenn sie in ihren Beförderungsbedingungen oder anderen Schriftstücken darauf hinweist. Oder die Tankstelle, welche die Annahme von Scheinen auf 200 und 500 Euro verweigert und entsprechende Aufkleber auf den Zapfsäulen hat. "Wenn Kunden das erst an der Kasse erfahren, muss die Tankstelle die großen Scheine akzeptieren."

Gesetzlich klar geregelt ist übrigens, wie viele Münzen bei Barzahlung akzeptiert werden müssen: maximal 50 Stück. Nur die Bundesbank ist zu unbegrenzter Abnahme verpflichtet.