Mancher träumt von der schicken Wohnung über den Dächern der Stadt, andere wünschen sich ein klassisches Einfamilienhaus mit etwas Garten. So verschieden die Wohnwünsche der Deutschen sind, die meisten von ihnen verfolgen ähnliche Ziele mit dem Erwerb der eigenen vier Wände: Sie möchten dort wohnen und gleichzeitig fürs Alter vorsorgen.

Das ist vielen Eigentümern bislang auch gelungen, wie Untersuchungen zeigen. Wohneigentümer bauen bis zum 60. Lebensjahr fast sechsmal so viel Vermögen auf wie Menschen, die zur Miete wohnen, ergab vor dreieinhalb Jahren eine Auswertung des Forschungsinstituts Empirica in Zusammenarbeit mit den Landesbausparkassen (LBS Re­search). Ein wesentlicher Grund dafür sei neben dem Wohneigentum eine erhöhte Spardisziplin. Wer sein Haus oder seine Wohnung abstottere, tilge sein Darlehen Stück für Stück und haushalte strenger.

"So baut man sich ein Vermögen auf und kann im Alter davon zehren, indem man mietfrei in den eigenen vier Wänden wohnt", meint Michael Neumann, Vorstand des Finanzdienstleisters Dr. Klein. Eine Immobilie kann also durchaus ein sinnvoller Baustein der persönlichen Altersvorsorge sein. Sie kann aber auch zum Stolperstein werden. Vor allem wenn die Wirtschaft lahmt und sich die Arbeitsmarktlage verschlechtert, wird die eigene Immobilie für manche zu einem echten Problem. So kam es infolge der Finanzkrise bei vielen zu Zahlungsschwierigkeiten.

Die jüngsten wirtschaftlichen Boomjahre haben die Lage deutlich entspannt. Die Zahl derer, die sich wegen Zahlungsschwierigkeiten an ihr Finanz­institut wenden, scheint derzeit eher gering. "Momentan erleben wir es sehr selten, dass eine private Baufinanzierung scheitert", sagt etwa Daniela Huber, Referentin für Baufinanzierung und Konsumentenkredit beim Sparkassenverband in Bayern.

Die Bankerin Tanja Bürk kümmert sich bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall um notleidende Kredite und betont ebenfalls: "Man spürt die gute Konjunktur. Es haben nur wenige Zahlungsprobleme." Auch die Zahl der Zwangsversteigerungen fiel deutlich niedriger aus: Im Jahr 2018 waren es 18.500. Zum Vergleich: Fünf Jahre zuvor gab es noch 47.600. "Bei etwa 70 Prozent der versteigerten Objekte handelt es sich um Einfamilien- oder Reihenhäuser und Eigentumswohnungen", erklärt Axel Mohr, Geschäftsführer von Argetra, einem Verlag für Wirtschaftsinformationen.

Alles auf den Prüfstand

Hinter solchen Zahlen verbergen sich mitunter traurige Schicksale: Menschen, die den Traum von den eigenen vier Wänden aufgeben müssen. Experten sind sich einig, dass es gegen solche finanziellen Debakel ein probates Mittel gibt: eine gute Planung der Immobilienfinanzierung. Bevor die Käufer oder Bauherren hohe Bankkredite aufnehmen, sollten sie alle finanziellen Reserven mobilisieren und sämtliche vorhandenen Verträge checken. Dazu gehören zum Beispiel Bausparverträge, Lebensversicherungen oder andere Sparverträge. Man sollte klären, ob sich diese sinnvoll in die Finanzierung einbauen lassen.

Das Eigenkapital sei der Anker jeder Immobilienfinanzierung, heißt es auf der Internetseite der Interhyp, einem Vermittler für private Baufinanzierungen. "Je weniger Eigenkapital eingebracht wird, desto höher ist das Risiko und damit der Zinssatz für den Kunden", schreiben die Experten. Die Immobilienfinanzierung hat auch mit der eigenen Lebensplanung zu tun. Möchte ein Paar eine Familie gründen, sollte es bei seinem Hauskauf vorsichtshalber einkalkulieren, dass nicht ständig zwei volle Einkommen zur Verfügung stehen. Damit die Eigner auch im Fall einer Invalidität ihren Verpflichtungen nachkommen können, sollte eine Berufsunfähigkeitsversicherung bestehen. Mittlerweile schreibt die Wohn­immobilien-Kreditrichtlinie sogar vor, dass Berater und Kunde bestimmte Szenarien durchspielen. "Dabei sollte zum Beispiel besprochen werden, was passieren kann, wenn die Zinsbindung ­ausläuft", erklärt die Bankerin Daniela Huber. Ein solches Gespräch kann sich später als äußerst wichtig erweisen - zumal die Zinsen bis dahin womöglich gestiegen sind.

Billiges Baugeld

Momentan befinden sich Käufer und Bauherren nämlich in einer komfortablen Lage, was die Baufinanzierung angeht. Sie müssen sich unter Umständen zwar viel Geld für ihre Immobilie leihen, aber dafür erhalten sie das Kapital sehr günstig. Immobilienkäufer und Bauherren nutzen das billige Geld, wie Statistiken zeigen. So lag die durchschnittliche Kredithöhe zu Beginn dieses Jahres nach Angaben von Dr. Klein bei 239.000 Euro. Zum Vergleich: Im Januar 2018 waren es noch 209.000 Euro. In besonders teuren Städten wie München benötigen die neuen Eigentümer mehr Geld, wie eine Auswertung von Kreditanfragen durch das Onlineportal Check24 aus dem Vorjahr zeigt. Die Münchner Kreditnehmer kommen auf eine durchschnittliche Darlehenshöhe von 430.000 Euro, in Frankfurt am Main sind es 365.000 Euro und in Hamburg 333.000 Euro.

Mitunter verlangen die Institute für Darlehen mit einer Laufzeit von zehn Jahren nicht mal ein Prozent Zins. Angesichts der niedrigen Werte ist die monatliche Belastung selbst bei höheren Kreditbeträgen erst einmal überschaubar. Welche Risiken das billige Geld birgt, veranschaulicht ein Beispiel. Kauft sich eine Familie ein Haus für 450.000 Euro, muss sie mittlerweile in etlichen Bundesländern knapp 15 Prozent Nebenkosten (Makler, Grunderwerbsteuer, Notar, Grundbucheintrag) aufschlagen. Diese Nebenkosten muss sie in jedem Fall mit eigenem Kapital ­bezahlen, genauso wie einen Teil des Kaufpreises.

Am Ende nimmt die Familie etwa ein Darlehen in Höhe von 400.000 Euro mit zehn Jahren Laufzeit auf. Der Kredit ­kostet 1,4 Prozent Zins, die Familie tilgt zwei Prozent. Das bedeutet: Sie zahlt 3,4 Prozent für Zins und Tilgung. ­­

Pro Monat würden also lediglich etwa 1.130 Euro fällig. Nun kommt es darauf an, wie ernst die Immobilieneigner die Reduzierung ihres Schuldenbergs nehmen und wie sich die Zinsen langfristig entwickeln. Tilgt die Familie nur zwei Prozent, liegt die Restschuld nach zehn Jahren noch bei mehr als 314 000 Euro. Das wäre vielleicht kein Problem, wenn die Zinsen auf diesem extrem niedrigen Niveau verharren würden. Doch was wäre, wenn sie auf 4,5 Prozent steigen?

Die Rate würde sich auf nahezu 1.700 Euro erhöhen, wenn die Familie den Tilgungssatz weiterhin bei zwei Prozent beließe. Die Betroffenen müssten monatlich fast 600 Euro mehr aufbringen. Stehen zur selben Zeit noch Investi­tionen ins Haus an oder tauchen andere finanzielle Belastungen auf, wird es finanziell enger. Auf den ersten Blick liegt es nahe, den Tilgungssatz von zwei auf ein Prozent zu reduzieren. Das würde aber dazu führen, dass sich die Finanzierungszeit noch einmal deutlich verlängert.

Bleibt die Rate an die Bank über die Jahre konstant, verschieben sich die Gewichte: Der Tilgungsanteil steigt, während der Zinsanteil sinkt. Sind die Zinsen sehr niedrig, steigt der Tilgungsanteil langsamer. Man braucht also deutlich länger für die Rückzahlung. Niedrige Zinsen haben also ihre Tücken. Den Tilgungssatz zu reduzieren, wäre für die Familie in unserem Beispiel also wenig ratsam. Das erklärte Ziel sollte schließlich sein, dass die Immobilie bis zum Renteneintritt schuldenfrei ist.

Selbst wenn es derzeit also möglich ist, größere Kredite zu schultern - Immobilienerwerber müssen langfristig denken und damit rechnen, dass sich die Ausgangsbedingungen ändern. Wer sich derartig viel Geld leiht, sollte seinen Schuldenberg in zehn bis 20 Jahren deutlich reduziert haben. Hinzu kommt, dass unkalkulierbare Schicksalsschläge wie Krankheit, Tod oder Scheidung eintreten können. Die Absicherung der wichtigsten Risiken ist daher unerlässlich. Wenn die Ehe in die Brüche gegangen ist oder die Immobilieneigentümer merken, dass sie sich finanziell zu viel zugemutet haben, hilft nur eines: möglichst schnell handeln.

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Wohngeld für Eigentümer

Wer merkt, dass er seinen Immobilien­kredit nicht mehr bedienen kann, sollte sich zügig an seine Bank wenden. Da­niela Huber vom Sparkassenverband rät Betroffenen, einen persönlichen Termin mit dem Bankberater zu vereinbaren. Der Kunde kann dann seine Situation schildern, gemeinsam sucht man nach Lösungen. "So kann die Bank die Tilgung befristet auf null setzen, während der Darlehensnehmer weiter Zinsen zahlt. Die Raten fallen vorübergehend niedriger aus", sagt die Bankerin Tanja Bürk. Auf diese Weise ist der Kreditnehmer zunächst einmal finanziell etwas entlastet.

Gelegentlich kann sogar der Staat unterstützen. So können nicht nur Mieter, sondern auch Eigentümer einer Immobilie Wohngeld beantragen. "Sie erhalten einen sogenannten Lastenzuschuss", erklärt Bürk. Das funktioniert aber nur, wenn die Betroffenen bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten. Wichtig ist zu klären, ob die finanziellen Probleme temporär sind und ob der Eigner sich aus eigener Kraft aus dem monetären Tief befreien kann. In schwierigen Fällen kontaktieren die Banken auch andere Gläubiger, um sich einen Überblick über die finanzielle Situation des Schuldners zu verschaffen. "Einige Menschen wissen gar nicht mehr, bei wem sie wie viele Schulden haben", berichtet Tanja Bürk. Diese Kunden trauten sich häufig gar nicht mehr, den Briefkasten zu leeren. "In solchen Fällen kann auch eine Schuldnerberatung helfen, um überhaupt wieder Herr der Lage zu werden", sagt Huber.

Reagiert der Kunde nicht, setzt die Bank ein Mahnverfahren in Gang. Sie schreibt den Darlehensnehmer an und setzt Fristen. Manchmal ist das der notwendige Weckruf für die Betroffenen. "Mitunter ist die finanzielle Lage allerdings so verfahren, dass der Eigentümer seine vier Wände verkaufen muss", sagt Bürk. Immerhin findet man derzeit schnell Interessenten und kann gute Preise erzielen.

In der Regel werden Betroffene die Immobilie bei der aktuellen Marktlage also eher selbst verkaufen. Man spricht dann von einem freihändigen Verkauf. "Etwa 50 Prozent der Immobilien von Kreditnehmern, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden, gehen vor einer Zwangsversteigerung weg", weiß Mohr. Zwischen dem verschuldeten Eigentümer und einem Käufer werde ein herkömmlicher Notarvertrag abgeschlossen, allerdings sitze die Bank mit am Verhandlungstisch.

Reagiert der Kunde nicht auf die Mahnungen und lässt er Fristen ohne Reaktion verstreichen, wird ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet. Danach kommt es zum Zwangsversteigerungsverfahren, das sich unter Umständen über Jahre hinziehen und in einer Versteigerung enden kann.

Was wiederum nicht bedeutet, dass die Immobilie zu einem Schnäppchenpreis unter den Hammer kommt. In Ballungsräumen und begehrten kleineren Zentren würden momentan durchaus gute Preise erzielt, betont die Bankerin Daniela Huber. Eigentümer sollten ihre Baufinanzierung allerdings in jedem Fall so planen, dass genau dieses Sze­nario niemals eintritt.

Wie sich die Darlehen unterscheiden

Annuitätendarlehen: Dieser Klassiker ist in der Regel der wichtigste Baustein einer Immobilien­finanzierung. Es handelt es sich um einen Immo­bilienkredit mit gleichbleibenden Raten aus Zins und Tilgung. Die üblichen Laufzeiten liegen zwischen fünf und 20 Jahren. Während der Laufzeit müssen sich die Darlehensnehmer keine Gedanken über mögliche Zinserhöhungen machen. Zahl­reiche Kreditgeber erlauben pro Jahr eine Sondertilgung von fünf bis zehn Prozent der Nettodarlehenssumme, und zwar ohne Aufpreis. Das sorgt für etwas Flexibilität.

Volltilgerdarlehen: Diese Variante eignet sich für besonders ambitionierte Käufer oder Bauherren. Beim Volltilgerdarlehen zahlt der Kunde das Geld bis Ende der Laufzeit komplett zurück. Einerseits ein ehrgeiziges Ziel, andererseits schafft das Sicherheit. Wer solch ein Darlehen nutzt, muss sich keine Gedanken über eine Anschlussfinanzierung machen. Dafür müssen die Kreditnehmer meist hohe Tilgungen und Monatsraten zahlen und auf Flexibilität verzichten. Der Zins liegt im Gegenzug etwas unter dem Marktzins.

Cap-Darlehen: Flexibler geht es kaum. Diese Art Darlehen passt sich alle zwei bis drei Monate dem aktuellen Zinsniveau an. Außerdem kann ein ­Kreditnehmer Sondertilgungen in jeglicher Höhe ­leisten. Dank des Caps, der Deckelung, können die Zinsen nicht ins Unermessliche steigen. Interes­senten sollten jedoch wissen, dass diese Sicherheit wiederum Zinsaufschläge kostet.

Kombidarlehen: Ein Teil des Kredits wird langfristig fest mit einem Zins gebunden, der Restbetrag über ein variables Darlehen finanziert. Bei Letzterem richtet sich die Höhe des Zinssatzes nach dem sogenannten Drei-Monats-Euribor. Doch aufgepasst! Diese Darlehen sollte man nicht mit den Kombikrediten der Bausparkassen verwechseln. Diese bestehen aus einem Bausparvertrag und einem tilgungsfreien Darlehen. Der Kunde bespart den Bausparvertrag, mit der angesparten Summe kann er Jahre später, wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif ist, den Kredit tilgen.

KfW-Darlehen: Der Staat unterstützt über die KfW-Bank Immobilienfinanzierungen sowie Modernisierungs- und Energiesparmaßnahmen. Verbraucher erhalten die zinsgünstigen Darlehen nicht ­direkt bei der KfW, sondern über ihre Bank. Die Zinsbindung liegt in der Regel bei zehn Jahren, ­danach muss sich der Eigentümer um einen Anschlusskredit zu marktüblichen Preisen kümmern.

Forward-Darlehen: Mit dieser Offerte richten sich Banken an Eigentümer, die in absehbarer Zeit eine Anschlussfinanzierung benötigen und mit steigenden Zinsen rechnen. Der Kunde unterschreibt den Vertrag sofort, ruft das Geld aber erst später ab. Die Vorlaufzeit dauert im Einzelfall sogar bis zu 66 Monate. In dieser Zeit - Forward-Periode ­genannt - fallen in der Regel keine Kredit- oder ­Bereitstellungszinsen an. Kreditnehmer müssen ­allerdings einen Zinsaufschlag zahlen.

Alles im Griff beim Hauskauf

  1. Listen Sie sämtliche Kosten für den Immobilienerwerb auf. Dazu gehören nicht nur der Kaufpreis und die Nebenkosten, sondern auch Ausgaben für den Umzug oder den Garten.

  2. Machen Sie sich ein realistisches Bild davon, wie viel Geld Sie für Ihr tägliches Leben benötigen. Planen Sie so, dass Sie noch Rücklagen, zum Beispiel für Reparaturen, bilden können.

  3. Mobilisieren Sie sämtliche finan­ziellen Reserven, damit sie über ausreichend Eigenkapital verfügen.

  4. Vergleichen Sie die Angebote der Banken. Selbst kleine Zinsunterschiede machen sich bemerkbar. Über die Jahre können mehrere Tausend oder sogar Zehntausende Euro Zusatzkosten anfallen. Verschenktes Geld.

  5. Tilgen Sie ausreichend und sichern Sie sich genug Flexibilität bei Ihrem Kredit. Sondertilgungen helfen, den Schuldenberg zu reduzieren.

  6. Bei sehr niedrigen Zinsen sollten Sie sich für eine lange Zinsbindung entscheiden, also für zehn, 15 oder sogar 20 Jahre.