"Die Preise von Eigentumswohnungen zeigen im Bundesdurchschnitt eine frappierende Konstanz", staunt Bernd Leutner, Geschäftsführer des Analysehauses F+B. "Das ist ein Ausdruck dafür, dass die Anbieter offenbar keine Notwendigkeit sehen, mit verringerten Angebotspreisen die Kaufnachfrage zu stimulieren." Leutner spricht von einer Seitwärtsbewegung bei den Wohnungspreisen im bundesdeutschen Durchschnitt - und bezieht sich dabei auf die Preisentwicklung von Anfang März (vor Corona) bis Ende April (bereits fünf Wochen Lockdown). F+B betrachtet Wohnungen, die zehn Jahre alt sind, 75 Quadratmeter messen und eine normale Ausstattung haben.

Wohnungspreise in Frankfurt brechen um bis zu 20 Prozent ein


Vom generellen Seitwärts-Befund weicht unter anderem Frankfurt am Main stark ab. Dort wurden Wohnungen Ende April im Schnitt um satte 20 Prozent günstiger angeboten als acht Wochen davor. Hingegen liegen die Angebotspreise in anderen Höchstpreisstädten wie München und Stuttgart weiterhin auf Vorkrisenniveau.

Dass die Immobilienpreise in Deutschland generell stabil bleiben, darf bezweifelt werden, wenn man Susanne Eickermann-Riepe zuhört. Sie ist Vorstandsvorsitzende von RICS Deutschland, einer Berufsorganisation von Immobilienexperten. Sie spricht mit Blick auf diverse Stimmungsindizes, die ihr Verband gerade erst in 34 Ländern wieder neu erhoben hat, davon, dass der deutsche Immobilienmarkt im internationalen Vergleich noch robust erscheint. Doch sie fügt hinzu: "Das Vertrauen der Marktteilnehmer wird auf die Probe gestellt." Und vor allem: "Hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen ist zu befürchten, dass diese weitaus gravierender auf Angebot und Nachfrage durchschlagen, als alles, was wir bisher gesehen haben." Das klingt nach deutlich härterer Krise als 2008/2009 nach der Lehman-Pleite.

Nach zehn Jahren Immobilienboom kommt jetzt der Abschwung


Eickermann-Riepe geht nach zehn Jahren Immobilienboom nun vom Beginn eines neuen Zyklus' aus. Das heißt erfahrungsgemäß: Mit der Stimmung gehen auch erst mal die Preise und Mieten in den Keller, ehe sie sich wieder erholen. Bislang deuten die RICS-Indexdaten auf einen besonders starken Abschwung bei Einzelhandelsimmobilien hin. Aber auch bei Büroflächen ist von einer gewaltigen Eintrübung des Marktklimas die Rede. Hier schlägt sich offenbar die Vermutung nieder, nach den corona-bedingten Erfahrungen mit Homeoffice-Lösungen könnte die Nachfrage nach Büroflächen in vielen Ländern, darunter Deutschland, langfristig zurückgehen.

Logistikimmobilien profitieren auf lange Sicht


Noch ein kurzer Blick auf die Sparte der Logistikimmobilien. Die gilt mit Blick auf die wochenlang geschlossenen Geschäfte und den boomenden Onlinehandel gemeinhin als Profiteur der Corona-Seuche. Doch selbst hier zeigt der Stimmungsindex der RICS nach unten - wenn auch deutlich schwächer als bei Handels- und Büroimmobilien. Eine mögliche Erklärung für die gedämpfte Stimmung im Logistiksektor liefert das Immobiliendienstleister-Netzwerk NAI apollo. Geschäftsführer Andreas Wende spricht bei Logistikimmobilien von entgegengesetzten Entwicklungen. Die corona-bedingten Probleme bei langen Lieferketten sowie mit Produktions- und Absatzausfällen wirkten sich negativ aus. Auf der anderen Seite erwartet er längerfristig eine steigende Nachfrage nach Logistikflächen. Wegen des bekannten Trends zum Onlinehandel und mit Blick auf den Bedarf an zusätzlichen Lagerflächen. Die würden unter anderem dafür gebraucht, größere Warenbestände aufzubauen, um Lieferengpässe in Zukunft zu vermeiden.

Langfristig wieder steigende Preise und Mieten für Wohnungen


Anleger, die in Immobilien investieren wollen, sollten nach den Erkenntnissen von NAI apollo bei Handelsobjekten von Branchen mit geringen Gewinnmargen oder generell in schlechteren Nebenlagen zurückhaltend sein. Konrad Kanzler, Head of Research bei NAI apollo, erwartet hier jede Menge Filialschließungen. Kapitalanlagen in Wohnungen betrachtet NAI apollo hingegen langfristig als vergleichsweise sicher. In vielen Regionen sei nach der Krise sogar wieder mit steigenden Kaufpreisen und Mieten zu rechnen. Falls die Phase der Einkommensrückgänge infolge des Lockdowns zunächst noch eine Weile anhalte, könne es jedoch vor dem Aufschwung erst mal zu Rückgängen bei Wohnungspreisen und -mieten kommen.

Bei Bürohäusern künftig auf flexible Flächen achten


Bei Büroimmobilien erwartet Geschäftsführer Wende langfristig die besten Chancen für solche mit flexiblen Flächen. Einen gewaltigen Preiseinbruch hält er jedoch für unwahrscheinlich. Der Grund: Vor der Krise standen extrem wenige Büroflächen leer. Da sei die Gefahr eines Überangebots an Flächen zumindest kurzfristig nicht gegeben.

Experten erwarten einbrechende Hotelpachten


Und was ist mit Hotelimmobilien in Zeiten fehlender Touristen und deutlich reduzierter Dienstreisen? Wende hält die Gefahr von Insolvenzen unter Anbietern und Betreibern für groß. Generell sei bei Hotels mit deutlich zurückgehenden Mieten und Pachten zu rechnen. Auch auf längere Sicht, denn: "Schon heute ist prognostizierbar, dass die Anzahl von Geschäftsreisen zurückgehen wird", sagt Wende.