Die dauerhaft niedrigen Zinsen zwingen nicht nur junge Sparer, beim Vermögensaufbau Ideenreichtum zu entwickeln, sondern auch wohlhabende Senioren, sich gründlicher um ihr Vermögen zu kümmern. Finanzprofis beschäftigen sich schon lange mit Alternativen zu klassischen Rentenversicherungen - und raten dazu, den Blick auf diese Form der (ergänzenden) Altersvorsorge zu weiten. "Der Fokus der Finanzberatung liegt zwar meist auf der Ansparphase", sagt Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des Financial Planning Standards Board Deutschland, "doch die Auszahlungsphase ist mindestens ebenso wichtig - gerade vor dem Hintergrund der immer höheren Lebenserwartung und der damit verbundenen längeren Rentenbezugsdauer".

Weil viele Menschen von ihrer gesetzlichen Rente oder Pension allein im Alter nicht leben können oder wollen, haben sie oft vorgesorgt und dafür Kapital gespart. In der Regel wird das Kapital in eine Rentenversicherung eingezahlt, die dann ab Erreichen des entsprechenden Alters eine garantierte Rente zahlt. Bei einem kostengünstigen Direktversicherer wie Europa (Tarif E-SR) erhält eine 65-jährige Person für ein Kapital von 500 000 Euro aktuell eine Garantierente von 1657 Euro pro Monat inklusive einer Rentensteigerung zum Inflationsausgleich aus den nicht garantierten Überschüssen.

Der Vorteil: Die Rente wird lebenslang gezahlt, auch wenn die versicherte Person ein biblisches Alter erreichen sollte, da die Versicherung das sogenannte Langlebigkeitsrisiko übernimmt. Der Nachteil: Wer das Pech hat, bereits kurze Zeit nach der Einzahlungsperiode zu sterben, kassiert von seinem ersparten Kapital nur einen Bruchteil.

Senioren, die sich auf eine solche Rentenversicherung einlassen, fürchten oftmals, dass ihr fürs Alter gespartes Kapital für eine laufende Auszahlung bis zum Lebensende nicht ausreicht. Oder anders gesagt, dass sie älter werden, als mit Blick auf die durchschnittliche Restlebensdauer wahrscheinlich ist. Würden beispielsweise 65-jährige die Sofortrente als Investition betrachten, müssten sie noch mindestens 25 Jahre und zwei Monate leben, um die eingezahlte Summe garantiert zurückzubekommen. Im Schnitt lebt eine 65-jährige Frau aber nur noch 20,5 Jahre, ein 65-jähriger Mann gar nur 17,3 Jahre.

Anders als ein Sofortrenten-Besitzer bestimmt ein Anleger mit einem Auszahlplan die Höhe der Kapitalentnahme und die Art der Investition selbst. Er trägt dabei das Risiko, bereits vor Lebensende sein Kapital verbraucht oder die Auszahlung zu gering gewählt zu haben, sodass sein Lebensstandard geringer ist, als er hätte sein können. Das Ziel des Entnahmeplans als Alternative zur Rentenversicherung ist es daher, das Kapital möglichst vollständig während des Ruhestandes für den eigenen Konsum zu nutzen oder - falls gewünscht - einen Teil davon zu vererben.

Werden risikofreie Anlagen wie etwa Bundesanleihen gewählt, so ist aktuell kaum eine positive Rendite zu bekommen. Wer sich für einen Auszahlplan entscheidet, kann mit einem etwas riskanteren Investment eine wesentlich höhere Rendite erzielen, um damit gewissermaßen das Risiko, sehr lange zu leben, finanziell weitgehend zu kompensieren und einen höheren Lebensstandard zu verwirklichen.

Eine Orientierung zum Entnahmeplan liefert die sogenannte Vier-Prozent-Regel des US-Finanzplaners William Bengen. Demnach können im ersten Jahr vier Prozent des Kapitals entnommen werden. In den Folgejahren erhöht sich dieser Satz um die Inflationsrate. Das Kapital, das bei Bengens Betrachtungen zu 60 Prozent in Aktien und zu 40 Prozent in Anleihen investiert ist, reicht dann mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen Zeitraum von 30 Jahre aus. Aus einem Kapital von einer halben Million Euro können also im ersten Ruhestandsjahr 20 000 Euro entnommen und diese in den Folgejahren jeweils um die Inflationsrate erhöht werden. Bei einer Preissteigerung von zwei Prozent wären es also im zweiten Jahr 20 400 Euro.

500 000 Euro können Millionen werden


Martin Weber und Philipp Schreiber von der Universität Mannheim haben anhand von Vergangenheitsdaten mit jeweils 10 000 Simulationen die Vier-Prozent-Regel für verschiedene Anlagestrategien und Entnahmemodelle überprüft. Ein Entnahmezeitraum von 30 Jahren erschien plausibel, weil nur fünf Prozent der 65-jährigen Männer eine über 95 Jahren liegende Lebenserwartung von dann durchschnittlich 95,8 Jahren (Frauen: 97,8 Jahre) haben.

In einer Anlagestrategie wurde unterstellt, dass das Kapital entsprechend dem DAX investiert wird. Die Simulationen bestätigten die Vier-Prozent-Regel und ergaben zudem ein üppiges Endvermögen von im Schnitt 4,2 Millionen Euro, das der Rentner selbst verjubeln kann, sofern er älter als 95 wird, oder das er seinen Erben hinterlässt. Allerdings wurde auch in gut 14 Prozent aller Simulationen das Kapital bereits vor Ende des 30-Jahres-Zeitraums aufgezehrt (siehe Tabelle).

Alternativ wurde eine Anlagestrategie mit einem sogenannten Weltportfolio betrachtet. Es investiert in ETFs und setzt sich aus 60 Prozent Aktien, 25 Prozent Renten und 15 Prozent Rohstoffen zusammen. Ergebnis: Wegen der deutlich besseren Risikostreuung des Weltportfolios ergab sich im Durchschnitt ein niedrigeres Endvermögen von zwei Millionen Euro, aber eben auch ein wesentlich geringeres Pleiterisiko von 1,8 Prozent.

Schreiber und Weber zeigten zudem, dass Ruheständler, die auch bei der jährlichen Auszahlungshöhe Schwankungen hinnehmen würden, die Pleitegefahr völlig ausschließen können - ohne deshalb insgesamt weniger konsumieren zu müssen. "Über einen Entnahmeplan aus einem breit diversifizierten Weltportfolio kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der Lebensstandard im Alter verbessert oder zudem das Kapital vermehrt werden", so Schreiber. Wer dagegen besonders risikoscheu ist, also Schwankungen bei der Anlage und der Auszahlung ausschließen will und überdies davon ausgeht, ein biblisches Alter zu erreichen - für den spricht eher die Einzahlung in eine Sofortrente.

Kostengünstige Auszahlpläne - oft mittels Fonds oder ETFs - finden Sie auf den beiden folgenden Seiten.