Bundestag und Bundesrat sollen die verunglückte Verlustverrechnung bei Termingeschäften vor der Weihnachtspause nachbessern. Von Stefan Rullkötter

Als Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner im Bundestag diese Woche eine Stufe übersah und stürzte, eilte Olaf Scholz ohne zu zögern zur Hilfe. Bei einem Crash an der Börse würden sich viele Investoren eine ähnlich gute Unterstützung des Bundesfinanzministers wünschen.

Doch das Gegenteil ist der Fall. Kurz vor Jahresende 2019 hatte Scholz fast unbemerkt im "Gesetz zu Meldepflichten bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen" eine für Anleger nachteilige Änderung durchgedrückt: Seit Jahresbeginn können sie mit Wertpapieren erlittene Totalverluste nur noch bis zur Höhe von 10 000 Euro jährlich steuerlich verrechnen.

Gleiches sollte ab 2021 für Miese aus Termingeschäften gelten. Zudem könnten Börsianer ihre Verluste aus dem Verfall von Optionen dann nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften und Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgleichen.

"Bei einer Million Euro Verlust müsste ein Anleger mindestens noch 100 Jahre leben, um das Minus voll verrechnen zu können", moniert Steuerberater Daniel Sahm aus Rottenburg. Auch der Finanzausschuss des Bundesrats hält diese Begrenzungen für verfassungswidrig und plädierte im Herbst bei seiner Stellungnahme zum Jahressteuergesetz, diese Neuregelungen gleich wieder abzuschaffen.

Mehr Verluste verrechenbar?

Denn seit Einführung der Abgeltungsteuer 2009 muss der Fiskus realisierte Kursgewinne und -verluste als positive und negative Kapitaleinkünfte prinzipiell gleichermaßen berücksichtigen. Das Vehikel dafür ist die Verlustverrechnung.

Das Prinzip: Nur auf positive Salden führen Depotbanken bisher Abgeltungsteuer ab. Der Bundesfinanzhof bestätigte zudem vor zwei Jahren, dass dieser Grundsatz auch für Termingeschäfte gilt (Az. VIII R 37/15).

Der Finanzausschuss des Bundestags hält zwar an der umstrittenen Regelung fest, scheint aber zumindest bei der Höhe der verrechenbaren Verluste zu Nachbesserungen bereit. Ein Änderungantrag zum Jahressteuergesetz sieht vor, die Grenze von 10 000 auf 20 000 Euro anzuheben. Das neue Limit soll rückwirkend für das zu Ende gehende Jahr auch bei realisierten Totalverlusten gelten.

Zudem muss das Bundesfinanzministerium in einem neuen Anwendungsschreiben zur Abgeltungsteuer noch exakt festlegen, wie ein Termingeschäft hier zu definieren ist. Eventuell werden Anlagezertifikate und Optionsscheine davon ausgenommen, CFDs und Futures dagegen eher nicht.

Klarheit in puncto Verlustverrechnung soll es für Anleger bis zur Weihnachtspause geben. Der Bundestag wird am 16. Dezember das Jahressteuergesetz verabschieden. Der Bundesrat muss die darin beschlossenen Neuregelungen in seiner letzten Sitzung des Jahres am 18. Dezember absegnen - oder könnte sie nochmals modifizieren.