Schwarmzfinanzierer versprechen Investoren attraktive Renditen. Steffen Marx, Gründer und Geschäftsführer der Giesinger Biermanufaktur und Spezialitätenbraugesellschaft, erklärt sein ganz spezielles Geschäftsmodell

Börse Online: Der Gesetzgeber plant, Startups, Wachstumsunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) den Zugang zum Kapitalmarkt und die Aufnahme von Eigenkapital zu erleichtern, um erforderliche Investitionen zu tätigen. Wie sehen Sie das als Chef einer kleinen Brauerei?

Steffen Marx: Alles, was dazu beiträgt, dass Wachstumsunternehmen leichter Zugang zu Kapital erhalten, ist hilfreich. Wir haben unseren Finanzierungsmix in den vergangenen Jahren allerdings auch schon sehr diversifiziert aufstellen können. Dabei hilft sicherlich, dass wir ein Produkt zum Anfassen herstellen, mit dem im Prinzip jeder schon mal in Berührung gekommen ist. Wir haben Kapitalzuführung mittels verschiedener Finanzinstrumente erhalten, also Eigen- oder Fremdkapital beziehungsweise Mischformen davon.

Kann das geplante „Zukunftsfinanzierungsgesetz“ für Giesinger Bräu hilfreich sein?

Bezüglich des „Zukunftsfinanzierungsgesetzes“ war ich auch schon mit meinen Partnern von Conda, dem digitalen Finanzierungsanbieter, über den wir unsere Crowdinvesting-Kampagnen angeboten haben, im Kontakt. Damit soll in Deutschland u.a. die neue europäische Regulierung für Crowdinvesting umgesetzt werden. Mit dem letzten Entwurf wurde nun die seit langem von den Marktteilnehmern geforderte Streichung der Haftung von Organmitgliedern auch schon bei einfacher Fahrlässigkeit umgesetzt. Dieser Punkt war bislang ein wesentlicher Grund für die in Deutschland mangelnde Akzeptanz der Schwarmfinanzierungsverordnung. 

Haben Sie Verbesserungsvorschläge zum Gesetzesentwurf, der im April vom Bundesfinanzministerium vorgelegt wurde?

Ich bin der Meinung, dass die Einführung einer „Aktiengesellschaft light“ eine sinnvolle Fortentwicklung wäre. Aktien liegen im Anwendungsbereich der europäischen Regulierung. Mit dieser Rechtsform wären ein erleichterter Zugang zum Kapitalmarkt und geringere Kosten verbunden. Damit könnte das Ziel der europäischen Regulierung, Eigenkapitalfinanzierungen zu erleichtern, noch mehr unterstützt werden. 

Mit ihrem Crowd-Investment-Angeboten stellen Sie eine Verzinsung von bis zu acht Prozent in Aussicht.  In welcher Form erfolgt die „Ausschüttung“?

Das letzte Angebot lag bei sechs Prozent pro Jahr. Die Ausschüttung erfolgt – wie bei allen unseren bisherigen Kampagnen – in Form von Wertgutscheinen. Das bedeutet, Investoren erhalten ihre Rendite als Waren unseres Unternehmens, in erster Linie sind das Bier und Speisen. Diese Möglichkeit der Beteiligung über Crowdinvesting hat für uns als junge Brauerei in der Vergangenheit bestens funktioniert. 

"Biergutscheine statt Bargeld" - kommt dieses  Konzept bei Ihren Investoren an?

Wir konnten dadurch den Kontakt zu unseren Fans und Unterstützern aufbauen und intensivieren, beispielsweise durch regelmäßige Zusammenkünfte. Für jeden, der bei Giesinger Bräu über Crowdinvesting investiert, bedeutet sein Engagement weit mehr als ein reines Finanzinvestment. Vielmehr entsteht das Gefühl, Teil der Unternehmung Giesinger Bräu zu sein. Unabhängig von der Form der „Ausschüttung“ ist natürlich auch zu beachten, dass ein Crowdinvestment ein ganz anderes Chance-/Risikoprofil als ein Festgeld aufweist.

Infolge der Zinserhöhungen der EZB verringert sich der Spread zwischen den klassischen Bank-Offerten und Crowd-Investments. Inwiefern spüren Sie das als Kapitalnehmer, welche Angebote für Investoren haben Sie in der Pipeline?

Im Bereich der Startup Finanzierung haben wir einen anderen Blick auf diese Thematik, da mit dem Investment eine Beteiligung an der Unternehmenswertsteigerung verbunden ist und nicht nur ein „Zins“ erwirtschaftet werden soll. Im Bereich der KMU spielen die Spreads in der Tat eine Rolle. Hier muss – nicht zuletzt aufgrund der Nachrangigkeit des Instruments – immer die jeweils aktuelle Zinsstruktur bei der Preisfestlegung berücksichtigt werden.  

In der Regel werden Crowd-Investments als Nachrang-Darlehen konzipiert. Was macht sie zuversichtlich, dass Sie mit Ihrer vergleichsweise kleinen Brauerei in einem hart umkämpften Markt langfristig bestehen können?

Die steigende Nachfrage nach unseren Bieren zeigt, dass wir unseren Platz am Münchner Biermarkt und darüber hinaus gefunden haben. Wir bieten seit 2005 handwerklich gebraute Biere an und haben uns von Anfang an eine treue Fanbasis erarbeitet. Wir sind von einer kleinen Doppelgarage in Untergiesing in den vergangenen 18 Jahren zu einem mittelständischen Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitern an zwei Brauerei-Standorten gewachsen und haben unseren Bierausstoß vervielfacht. Durch unseren eigenen Tiefbrunnen sind wir mit einer geschützten geografischen Angabe in der Lage, ein Bier der Art „Münchner Hell“ zu brauen. Damit ist der Giesinger Bräu offiziell die siebte Münchner Brauerei.


Foto: Simone Naumann/Giesinger Bräu

Zur Person:
Steffen Marx studierte Brauwesen an der Universität Weihenstephan und  gründete im Jahr 2005 Giesinger Bräu.

Zum Unternehmen:
Die Giesinger Biermanufaktur und Spezialitätenbraugesellschaft (Kurz: "Giesinger Bräu") gehört  zu den Pionieren der Craft-Brauerei-Szene in Deutschland.

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