Vom Mieter zum Eigentümer - ohne Schulden und Ersparnisse. Dieser Traum soll per Mietkauf geschehen. Doch das Modell hat Tücken, wie der Fall Geno zeigt. Von Maren Lohrer

Jens Meier aus Ludwigsburg gilt als Visionär - so ist es zumindest auf der Homepage seiner Firma, der Geno Wohnbaugenossenschaft, zu lesen. Meier hat den Optionskauf erfunden. Diese Spielart des Mietkaufs (siehe unten) ähnelt einem Bausparkollektiv und verspricht Mietern, Stück für Stück zu Eigentümern zu werden. Aber der Reihe nach: Zunächst müssen die Mitglieder Geld einzahlen. Dann soll von der Genossenschaft die Immobilie erbaut und dem Genossen zunächst zur Miete überlassen werden. Später hat der Genosse eine Kaufoption. Beim Beitritt wird im Basistarif eine Abschlussgebühr in Höhe von 1,6 Prozent der Bruttoinvestitionssumme von der Genotec Vertriebs AG vereinnahmt, die bei Austritt nicht rückgezahlt wird.

Viele gehen wohl leer aus



"Die Nachteile des Mietkaufs, hohe monatliche Belastung und Kaufzwang wurden ausgemerzt", wirbt das Unternehmen und verspricht seinen Mitgliedern, nun "ein Leben lang sicher und flexibel wohnen" zu können. Die Schattenseiten freilich werden nicht so vollmundig präsentiert. Laut dem Unternehmen konnten 2015 mehrere Zuteilungen ausgesprochen, jedoch keine neuen Objekte für die Mitglieder gebaut werden. Die Zahl der Optionskaufobjekte liege bei 149 Liegenschaften - und das bei 5678 Mitgliedern.

Interessenten erfahren auch auf der Homepage nichts über mögliche Probleme beim Austritt. "2013 sind offenbar zahlreiche Mitglieder ausgeschieden", sagt Ingo Dethloff, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, der ein ehemaliges Geno-Mitglied vor Gericht vertritt. "Einer meiner Mandanten hat geklagt, weil er nach seinem Austritt nicht seine Auszahlung erhalten hat", erklärt Dethloff. Das Amtsgericht Ludwigsburg hat die Geno zwar im August 2016 zur Zahlung des Guthabens verurteilt, doch das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. "Die Verbraucherzentrale Sachsen stand diesem Modell von Beginn an kritisch gegenüber. Aus ihrer Sicht war es abhängig vom Beitritt immer neuer Genossen und selbst bei einer solchen Annahme eine teure Angelegenheit. Auch auf das Risiko des Verlustes der Einlage haben die Verbraucherschützer hingewiesen", sagt Andrea Heyer, Referatsleiterin Finanzdienstleistungen in der VZ Sachsen.

Visionär Meier war schon einmal in ein Projekt mit Geno im Namen involviert, dem GenoHausFonds I. Das Konzept: Der Fonds kauft ein Haus von Besitzern in finanziellen Schwierigkeiten, diese erhalten eine Wohngarantie von bis zu 33 Jahren. Danach können sie das Haus zurückkaufen. 2014 gab der GenoHausFonds I die Liquidation bekannt.

Was ist Mietkauf?



Alle Mietkaufmodelle folgen demselben Prinzip: erst einziehen, später zahlen. Der Interessent wohnt also schon als Mieter in der Wohnung, muss aber erst in Zukunft nach zehn, 20 oder 35 Jahren - den Kaufpreis entrichten. Auf diese Summe wird die Miete, die er bis dahin gezahlt hat, teilweise angerechnet. Ist der Kauf verpflichtend, können sich Probleme ergeben: Interessierte sollten darauf achten, ob die Anrechnung der Mietraten vollständig oder teilweise erfolgt. Neben Modellen mit Kaufverpflichtung gibt es auch welche mit Kaufoption. Hierbei zahlt der Mieter monatlich Miete an den Eigentümer. Diese Miete ist meist reines Wohnentgelt und wird nicht auf den Kaufpreis angerechnet. Um die Kaufoption nutzen zu können, spart der Mieter zeitgleich und finanziert damit den zukünftigen Kauf.

"Die Angebote richten sich oft an Familien, die nicht über das nötige Eigenkapital verfügen", sagt Annabel Oelmann, Vorstand der Verbraucherzentrale (VZ) Bremen. Ihr Fazit: Mietkauf sieht zwar einfach aus, ist aber ein kompliziertes Geschäft, bei dem es schnell passieren kann, dass die Kunden draufzahlen.