Zeit für Reisen, Sport, Vereinsleben, Heim und Familie - das erträumt sich Stephan Dannenmaier für den Ruhestand. Der Vorsitzende eines Gesangsvereins will dann nur noch für Vereine Verpflichtungen eingehen. Ansonsten will er frei sein, nur noch tun, was ihm Spaß macht. Und das bitte ein paar Jahre früher als üblich. Läuft alles nach Plan, will der angestellte Controlling-Manager sein Berufsleben mit 60 Jahren beenden. "Bis dahin werden sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen wahrscheinlich noch ein paar Mal geändert haben", sagt der 49-Jährige. Derzeit haben gesetzlich Versicherte wie er mehrere Möglichkeiten, in Rente zu gehen.

Regelaltersrente



Seit 2012 steigt die Altersgrenze in der gesetzlichen Rente: Der Geburtsjahrgang 1949 musste als erster drei Monate über den 65. Geburtstag hinaus arbeiten, um regulär Altersrente beziehen zu können. Bis einschließlich Jahrgang 1958 wird die Regelaltersgrenze um jeweils einen Monat angehoben, danach pro Jahrgang um je zwei Monate. Ab Geburtsjahrgang 1964 ist es erst mit 67 Jahren möglich, regulär Altersrente zu beziehen. Dannenmaier, Jahrgang 1969, müsste also eigentlich sieben Jahre länger arbeiten, als er will. Neben dem Alter gibt es eine zweite Voraussetzung, um Altersrente zu beziehen: Es müssen mindestens fünf Versicherungsjahre "rentenrechtlich vermerkt" sein. Dafür zählen Beiträge, die Erwerbstätige selbst entrichten (das ist ab einem Minijob möglich). Aber auch Beiträge, die aus anderen Kassen gezahlt werden, etwa für Wehrdienst, Freiwilligendienste, während Arbeitslosigkeit oder Pflegezeiten. Außerdem Beiträge aus einem Versorgungsausgleich oder Rentensplitting unter Ehe- oder eingetragenen Lebenspartnern. Zudem zählen sogenannte Anrechnungszeiten: Die gibt es etwa für schulische Ausbildung, Mutterschutz, Kindererziehung und eventuell für Arbeitsunfähigkeit. Diese Regelungen haben sich mehrfach geändert. Doch die Versicherungszeiten werden dauerhaft zum jeweils geltenden Recht vermerkt - oder eben nicht. Die genauen Bedingungen lassen sich beim jeweiligen Rentenversicherungsträger erfragen.

Nur für Schwerbehinderte ab einem Behinderungsgrad von 50 Prozent fließt die Regelaltersrente früher. Doch auch für diese Rente steigt das Alter für den abschlagsfreien Bezug von 63 auf 65 Jahre. Zudem braucht es auch dafür 35 Versicherungsjahre. Mit Abschlägen können Schwerbehinderte mit 62 in Rente.

Altersrente für besonders langjährig Versicherte



Nach 45 Versicherungsjahren können gesetzlich Versicherte schon länger in Rente. Andrea Nahles hübschte in ihrer Zeit als Arbeitsministerin diese Rentenart zur "Rente mit 63" auf. Der Slogan traf aber nur im Jahr der Einführung zu: für Versicherte, die vor 1953 geboren wurden. Ab Jahrgang 1953 steigt die Altersgrenze um jeweils zwei Monate an, bis sie für den Jahrgang 1964 bei 65 Jahren liegt - und damit genau dort, wo sie schon vor Nahles politischem Schachzug lag. Die einzige grundsätzliche Veränderung: Der Kreis der Anspruchsberechtigten wurde erweitert, indem seit 2014 auch freiwillige Rentenbeiträge angerechnet werden. Das nützt vor allem Selbstständigen, etwa Handwerkern. Für Akademiker wie Dannenmaier bleibt diese Rentenart meist unerreichbar. Nach einem Studium werden 45 Versicherungsjahre häufig erst um dem 70. Geburtstag erreicht. Dann braucht sie keiner mehr.

Rente für langjährig Versicherte



Diese Rentenart steht Versicherten erst nach 35 Versicherungsjahren offen, und zwar wirklich schon ab 63 Jahren. Dann jedoch nur mit Abschlägen. Auch die Altersgrenze für den abschlagsfreien Bezug der Rente für langjährig Versicherte steigt wie die Regelaltersgrenze: von 65 auf 67 Jahre. Allerdings eröffnet diese Rentenart - wenn auch mit Abschlägen - überhaupt einen Weg zum früheren Rentenbezug. Für jeden Monat, den diese Rente früher fließt, beträgt der Abschlag 0,3 Prozent, und das lebenslang.

Dannenmaier plant, diese Rente zum 63. Geburtstag zu beantragen. Dann muss er zwar wie alle nach 1964 Geborenen den maximalen Abschlag von 14,4 Prozent hinnehmen. "Die vier Jahre früherer Freiheit kann ich mir aber durch meine private Vorsorge finanzieren." Zudem kann er die Abschläge durch frei-willige Zusatzbeiträge ausgleichen: durch Einmal- oder Teilzahlungen ab dem 50. Lebensjahr.

Wer dann doch nicht vorzeitig in Rente geht, erhält zwar keine Erstattung, dafür aber eine entsprechend höhere Altersrente. Für diese Ausgleichszahlungen hätte der 49-jährige Dannenmaier also noch Zeit. Doch er will auf jeden Fall am früheren Bezug der Rente festhalten. Denn dadurch kommt er in die günstigere Krankenversicherung der Rentner.

Erwerbsminderungsrente



Diese Art des vorzeitigen Rentenbezugs plant wohl niemand. Bei schwerer oder chronischer Erkrankung oder nach einem Unfall gibt es unter bestimmten Voraussetzungen - beispielsweise fünf Versicherungsjahre, davon drei Jahre mit Pflichtbeiträgen - Erwerbsminderungsrente. In voller Höhe wird diese Rente bei Arbeitsfähigkeit unter drei Stunden am Tag gezahlt, in halber Höhe bei Arbeitsfähigkeit zwischen drei und sechs Stunden am Tag. Die Höhe dieser Rente errechnet sich zudem aus sogenannten Zurechnungszeiten. Diese wurden bereits 2014 und 2018 angehoben. Ab 2019 sollen Erwerbsminderungsrentner so gestellt werden, als hätten sie bis zu ihrer jeweiligen regulären Altersgrenze gearbeitet.

Flexirente



Diese Rentenart führte die Große Koalition 2017 mit großem politischem Getöse ein. Dabei ist auch hier nicht alles neu. Schon früher konnte man nach 35 Versicherungsjahren ab dem 63. Lebensjahr eine Teilrente beziehen: mit lebenslang geltenden Abschlägen. Das ist im Prinzip so geblieben. Allerdings sind die Regelungen nun wirklich flexibler. Früher gab es die Teilrente nur zu vorgegebenen Anteilen. Seit Juli 2017 können Flexi-Rentner selbst festlegen, in welcher Höhe zwischen zehn und 99 Prozent sie ihre Rente vorzeitig beziehen.

Zudem dürfen sie 6300 Euro im Jahr (14 mal 450 Euro) anrechnungsfrei hinzuverdienen. Jeder Cent, der darüber hinausgeht, wird zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet. Zusätzlich gilt eine Obergrenze. Die gekürzte Rente plus der Hinzuverdienst dürfen zusammen nicht mehr als das höchste Einkommen der vorangegangenen 15 Jahre betragen. Jeder Cent darüber wird zu 100 Prozent auf die Teilrente angerechnet. Dieser Zuverdienstdeckel wird zweimal im Jahr berechnet und durch Nach- oder Rückzahlungen ausgeglichen. Nebenverdienste zur Flexirente sind beitragspflichtig, erhöhen also den Rentenanspruch.

Die Regelungen zur Flexirente kann auch jeder nutzen, der Angehörige pflegt. Dann zahlt die Pflegekasse des Pflegebedürftigen Beiträge an die Rentenversicherung. Das kann sich sogar bei einer Teilrente von 99 Prozent lohnen.

Grundsätzlich lässt sich weniger arbeiten auch mit länger arbeiten kombinieren: weniger Stunden je Woche, dafür über die Altersgrenze hinaus.

Länger arbeiten



Sobald die Regelaltersgrenze erreicht ist, darf unbegrenzt hinzuverdient werden. Für arbeitende Rentner zahlt der Arbeitgeber dabei weiter in die Rentenkasse ein, ohne dass dies deren Rente erhöht. Die arbeitenden Rentner selbst zahlen keine Beiträge mehr. Doch seit 2017 können sie gegenüber ihrem Arbeitgeber erklären, auf diese Rentenversicherungsfreiheit zu verzichten: Sobald sie ihren Eigenanteil zahlen, erhöhen Eigen- und Arbeitgeberanteil die Rente ab der Rentenanpassung im Folgejahr.

Wird über das reguläre Rentenalter hinaus gearbeitet, ohne Rente zu beziehen, erhöhen die Beiträge ebenfalls den Rentenanspruch: Pro Monat gibt es einen Rentenzuschlag von 0,5 Prozent. Ein Jahr späterer Rentenbezug bringt also sechs Prozent mehr. Dies gilt auch für einen noch nicht beanspruchten und erst nach der Regelaltersgrenze beantragten Teil der Flexirente.

Wertguthaben



Viele Großunternehmen bieten diese Form der Zeitwertkonten an, mit denen sich längere Freistellungen finanzieren lassen. Auch Dannenmaiers Arbeitgeber tut dies. Der Manager im Konzerncontrolling zahlt Boni und Prämien, die er während seiner Arbeitsjahre erhält, auf sein Wertguthaben ein. Dort werden sie mit seinen Gehaltssteigerungen verzinst.

Grundsätzlich können solche Guthaben auch aus laufendem Arbeitsentgelt, Einmalzahlungen, Mehrarbeitsvergütungen, Überstunden oder nicht genommenem Urlaub gebildet werden. Die genauen Vorgaben werden im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder einem Einzelvertrag fixiert. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass Steuern und Sozialversicherungsbeiträge erst bei Auszahlung des Guthabens fällig werden. Während eines Arbeitsverhältnisses kann das Guthaben zur Reduzierung der Arbeitszeit genutzt werden. Zum Beispiel, um Kinder zu erziehen, Angehörige zu pflegen, sich fortzubilden oder ein Sabbatical einzulegen. Auch Altersteilzeit kann darüber gestaltet werden oder eine Freistellung direkt vor der Rente. Die letzte Möglichkeit besteht auch ohne Arbeitsverhältnis, wenn das Wertguthaben nach Verlust des Arbeitsplatzes an die Deutsche Rentenversicherung übertragen wurde. Diese übernimmt auf Antrag auch Guthaben, die ein neuer Arbeitgeber nicht weiterverwalten möchte. Durch Übertragung lässt sich auch nach einer bunten Erwerbsbiografie ein vorzeitiger Renteneintritt ermöglichen.

Dannenmaier braucht dies nicht. Er hat schon errechnet, wofür sein Wertguthaben reichen wird: "Bis zum 60. Geburtstag werde ich drei volle Jahre angespart haben." Dann bekommt er weiter sein Gehalt und bleibt sozialversichert.

Betriebliche Altersversorgung



Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz trat Anfang 2018 eine ganze Reihe von Neuerungen in Kraft. Die wesentlichen: Die häufigste Form der betrieblichen Altersversorgung (bAV) läuft über Entgeltumwandlung in eine Direktversicherung. Zugunsten eines Arbeitnehmers wird eine Rentenpolice abgeschlossen, in die ein Teil seines Arbeitsentgelts fließt. Dabei sparen sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber Steuern und Sozialabgaben. Nun muss der Arbeitgeber bis zu 15 Prozent grundsätzlich ersparter Sozialversicherungsbeiträge zur Betriebsrente zuschießen.

Dieser Zuschuss wird in Stufen zur Pflicht: Ab 2018 für Betriebsrenten im sogenannten neuen Sozialpartnermodell; ab 2019 für alle neuen Verträge; ab 2022 auch für Altverträge. Arbeitnehmer können seit Januar doppelt so viel steuerfrei in eine Betriebsrente einzahlen wie bisher: bis zu acht Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze (BBG) zur Rentenversicherung. Das sind im Westen derzeit 6240 und im Osten 5568 Euro pro Jahr. Wie bislang werden auch weiterhin bei den Einzahlungen in Höhe von bis zu vier Prozent der BBG keine Sozialabgaben fällig. Auch für die Einzahlung von Abfindungen wurde die Steuerfreiheit fast verdoppelt: auf vier Prozent der BBG für maximal zehn Berufsjahre. Im neuen Sozialpartnermodell können Tarifparteien eine reine Beitragszusage vereinbaren. Der Arbeitgeber hat dann über die Beitragszahlung hinaus keine weiteren Verpflichtungen. Die Ansprüche der Beschäftigten auf Rentenzahlung richten sich ausschließlich an die Versorgungseinrichtung, etwa Pensionsfonds. Die Auszahlung der Betriebsrente ist an die gesetzliche Rente gekoppelt: Fließt diese in voller Höhe, gibt es auch die bAV in voller Höhe. Fließt sie nur zum Teil, etwa bei einer Flexirente, kann sie teilweise oder ganz entfallen.

Riester-Rente



Vom Betriebsrentenstärkungsgesetz profitieren auch betriebliche Riester-Sparer. Seit Januar sind in der Auszahlphase keine Beiträge mehr zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten. Auszahlungen aus privat abgeschlossenen Riester-Renten können nur bei freiwillig gesetzlich Krankenversicherten in bestimmten Fällen zur Berechnung ihrer Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen werden. Privat lässt sich über Banksparpläne, Fondssparpläne, private Rentenpolicen, Bausparverträge, Wohn-Darlehen oder als Erwerb von Anteilen an Wohnungsgenossenschaften riestern. Staatliche Zulagen und Steuervorteile sollen diese Art der Altersvorsorge attraktiver machen. Seit Januar 2018 liegt die Grundzulage bei maximal 175 Euro pro Jahr, die für Kinder bleiben gleich (bis Jahrgang 2007: maximal 185 Euro, ab 2008: maximal 300 Euro).

Bei Vertragsabschlüssen bis 2011 kann die Riester-Rente ab dem 60. Geburtstag ausgezahlt werden, bei Verträgen ab 2012 ab 62 Jahren. Die Auszahlung ist nicht an die Zahlung einer gesetzlichen Rente gebunden. Sie fließt entweder in lebenslangen Monatsrenten oder als Auszahlplan mit Restverrentung ab 85 Jahren. Bei Vertragsabschlüssen nach 2005 dürfen zu Auszahlungsbeginn bis zu 30 Prozent der Ersparnisse sofort entnommen werden (vor 2005: maximal 20 Prozent). Zu 100 Prozent können sie nur zur Finanzierung eines Eigenheims vorzeitig ohne Verlust aller staatlichen Förderungen entnommen werden.

Private Vorsorge



Dafür kann jede Art der Kapitalanlage dienen. Dannenmaier nutzt Sach- und Geldwerte. Sein Haus ist nach derzeitiger Planung schon vor seinem 60. Geburtstag schuldenfrei. Als Rentner muss er dann nur die laufenden Kosten der Immobilie tragen. Instandhaltungen will er selbst übernehmen, soweit er Spaß daran hat.

Für die Geldanlage informiert er sich in Fachzeitschriften. Er sucht gezielt nach aktiv gemanagten Fonds, die regelmäßig ihre Benchmark schlagen - und damit auch besser laufen als die kostengünstigeren Indexfonds. Über diese aktiv gemanagten Fonds ist er in relativ sicheren Märkten (USA, Deutschland und Skandinavien) und in riskanteren (Schwellenländer und europäische Südländer wie Spanien und Portugal) investiert. Zusätzlich sucht er für sein gut diversifiziertes Depot nach Aktien von Unternehmen mit überzeugenden Geschäftsmodellen.

Mit 55 Jahren will er prüfen, welche Aktien im Depot bleiben und welche rausfliegen. "So ist zumindest der Plan, doch die Emotionen schlagen einem immer wieder ein Schnippchen", erklärt der gebürtige Karlsruher. "Dann verkauft und kauft man doch häufiger, als man will." Darum probiert er seit Kurzem einen automatisierten Vermögensverwalter, einen sogenannten Robo-Advisor, aus. Dessen Anlageerfolg will er in einem Jahr überprüfen. Dafür hat er ein Musterdepot angelegt. Bringen die Algorithmen mehr Rendite als das Musterdepot, wird er sie stärker für sich arbeiten lassen. Die Messlatte liegt hoch: 2016 brachten Dannenmaiers Geldanlagen sieben Prozent Rendite, 2017 sogar 16 Prozent. Läuft es weiter so gut, hat er bis Renteneintritt ausgesorgt.

Nur eine Sorge treibt ihn um: im Ruhestand unterfordert zu sein. Denn aktuell löst er täglich komplexe Probleme. Doch selbst dafür hat der Manager schon einen Plan: Er will bewusst nach neuen, ihm selbst noch unbekannten Interessen suchen und so seinen Geist immer wieder neu anregen.

Fazit Stephan Dannenmaier: Der 49-jährige IT-Manager will seinen Ruhestand neben der gesetzlichen Rente mit betrieblichen Wertguthaben, aktiv gemanagten Fonds und Aktien bestreiten. So kann sich der Chorleiter noch intensiver seinem Hobby widmen.