Ein Ex-Staatsanwalt erklärt, welche Fallstricke beim Überqueren der "goldenen Brücke zur Straffreiheit" lauern können.  Von Stefan Rullkötter

Euro am Sonntag: Finanzämter erhielten zuletzt immer weniger Selbstanzeigen. Ist das ein Trend?

Philipp Külz: Punktuell sind hier wieder Änderungen zu erwarten. Eine Selbstanzeige ist weiterhin in zahlreichen Konstellationen sinnvoll. Die Fälle im Zusammenhang mit Kapitalanlagen im Ausland nehmen ab, aber im Inland wird dieses Instrument häufiger erforderlich.

Um welche Fälle geht es konkret?

Ich denke insbesondere an zahlreiche Fälle mit Unternehmensbezug. Viele Firmen haben Probleme mit Scheinselbstständigen. In dieser Konstellation kann man zumindest den steuerlichen Teil via Selbstanzeige strafbefreiend korrigieren.

Was müssen Firmen hier beachten?

Die Selbstanzeige muss von allen Beteiligten im Unternehmen vollständig abgegeben werden - und zwar bevor die Tat entdeckt ist. Sonst gibt es keine Strafbefreiung.

Wo liegen derzeit Arbeitsschwerpunkte der Steuerfahndung bei ausländischen Kapitalanlagen?

Während sich die deutschen Finanzbehörden in der Vergangenheit sehr intensiv mit Anlegern von möglichem Schwarzgeld in der Schweiz, Luxemburg und Liechtenstein beschäftigt haben, wurde Österreich in diesem Zusammenhang etwas vernachlässigt. Dies könnte sich nun ändern. Denn vor einem Jahr trat in der Alpenrepublik die höchste Meldestufe beim Automatischen Informationsaustausch in Kraft, die auch Vermögen unter einer Million US-Dollar umfasst. Es ist denkbar, dass die aktuelle Auswertung entsprechender Konto- und Depotdaten zu weiteren Steuerstrafverfahren führt.

Wie wirkt sich hier die Verschärffung der Geldwäscheregeln aus?

Auch durch die erhöhte Transparenz bei der Mittelherkunft und die steigenden Meldeverpflichtungen im Rahmen der Geldwäschebekämpfung könnte die Zahl der Steuerstrafverfahren bald steigen.

Gibt es Reformbedarf beim Rechtsinstrument der Selbstanzeige?

Es sollte zumindest keine weiteren Verschärfungen geben. Der Staat tut sich mit den derzeit sehr hohen Hürden für eine strafbefreiende Selbstanzeige keinen Gefallen. In Konstellationen, in denen Finanzbehörden ohne Mitwirkung des Steuerpflichtigen nie Kenntnis von dem Sachverhalt erlangt hätten, und dies ist keine Seltenheit, führen überhöhte Anforderungen nur zu geringeren Steuereinnahmen.