Erhöht eine Aktiengesellschaft ihr Kapital durch Ausgabe junger Aktien, müssen Börsianer nicht nur steuerlich einige Besonderheiten beachten. Von Michael Schreiber



Als die Deutsche Bank Ende März dieses Jahres ihre Kapitalerhöhung startete, bekamen Aktionäre, die beispielsweise 100 Deutsche-Bank-Aktien hatten, 100 Bezugsrechte zugeteilt, die sie zum Kauf von 50 jungen Aktien zum Stückpreis von 11,65 Euro berechtigten.

Bei einer Kapitalerhöhung sorgen die Bezugsrechte dafür, dass Altaktionäre neue Aktien in einem bestimmten Tauschverhältnis beziehen können. Damit soll sichergestellt werden, dass die rechnerische Beteiligung am Unternehmen auch nach der Ausgabe weiterer Aktien gleich groß bleibt.

Zugeteilte Bezugsrechte haben einen eigenen Wert und sind an der Börse als selbstständige Wertpapiere handelbar. Man kann seine Bezugsrechte also über die Börse verkaufen, wenn man an der Kapitalerhöhung nicht teilnehmen möchte. Ebenso ist es aber möglich, weitere Bezugsrechte zu erwerben, um noch mehr junge Aktien des Unternehmens zum festgelegten Kurs zu beziehen. Tipp: Wer bei der Kapitalerhöhung nicht mitziehen will, sollte seine Bezugsrechte möglichst frühzeitig zu Geld machen, um Kursverluste zu vermeiden. Die meisten Investoren verkaufen ihre überzähligen Stücke nämlich kurz vor Handelsende - das große Angebot drückt dann den Kurs.

Steuer: Das Wann entscheidet



Die Einbuchung der Bezugsrechte ins Depot ist steuerfrei, denn die Bezugsrechte sind Bestandteil der Altaktie. Wie sie danach steuerlich behandelt werden, hängt davon ab, wann die Altaktien angeschafft wurden und was mit den zugeteilten Bezugsrechten passiert: Wurden die Altaktien vor 2009 angeschafft und verkauft der Anleger seine zugeteilten Bezugsrechte über die Börse, werden keine Steuern fällig, weil die damals gültige einjährige Spekulationsfrist der Altaktien längst abgelaufen ist (Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 18.1.2016, Rz. 109). Übt ein Altaktionär nun im Rahmen einer Kapitalerhöhung sein Bezugsrecht aus und kauft junge Aktien, gelten diese als zu diesem Zeitpunkt angeschafft und damit als zeitlich unbefristet steuerpflichtig.

Als Anschaffungskosten speichert die Depotbank den Bezugspreis für die jungen Aktien zuzüglich der eventuell anfallenden Ankaufspesen und der Börsencourtage. Den Wert der eingesetzten originären Bezugsrechte haben die Depotbanken bisher mit null Euro angesetzt und zwar unabhängig davon, ob die Altaktien vor oder nach 2009 angeschafft wurden. Der Bundesfinanzhof ist da anderer Meinung (Az. VIII R 54/14). Die Anschaffungskosten der Bezugsrechte sind mit ihrem tatsächlichen Wert anzusetzen. Dadurch werden die Anschaffungskosten der bezogenen jungen Aktien höher - ein späterer Verkaufsgewinn damit geringer. Das spart Steuern.

Das Urteil ist Geld wert für Anleger, die Altaktien vor 2009 im Depot hatten und danach über Kapitalerhöhungen junge Aktien bezogen haben. Die Altaktien sind im steuerfreien Bereich - da kann nichts mehr anbrennen. Aus den Anschaffungskosten dieses Altbestands wird jetzt aber ein Anteil abgespalten und auf die Bezugsrechte und damit auf die jungen Aktien übertragen. Allerdings steht noch nicht fest, wie die Finanzämter und Depotbanken das Urteil umsetzen werden. Betroffene Anleger sollten alle noch nicht verjährten Steuerjahre per Einspruch offen halten, bis das geklärt ist.

Bei zugekauften Bezugsrechten gehen keine Anschaffungskosten verloren. Deren Kaufpreis samt Spesen gehört schon immer zu den Anschaffungskosten für die jungen Aktien. Werden über die Börse erworbene Bezugsrechte verkauft, unterliegt der Gewinn der Abgeltungsteuer.

Besonderheiten gelten auch bei der Verrechnung von Verlusten aus Bezugsrechten. Die depotführende Bank weist Gewinne und Verluste aus dem Bezugsrechtshandel dem allgemeinen Sammeltopf mit allen anderen Wertpapiergeschäften zu. Verluste aus dem Bezugsrechtshandel können damit uneingeschränkt mit anderen abgeltungsteuerpflichtigen Kursgewinnen sowie mit Zinsen und Dividenden verrechnet werden.