Die Finanzminister der Bundesländer haben sich auf ein neues Berechnungssystem für die Grundsteuer geeinigt. Ab 2022 soll bei der Festsetzung der Abgabe auf aktuelle Bodenrichtwerte zurückgegriffen und der Wert der Gebäude pauschal berechnet werden. Sollten auch Bundestag und Bundesrat die Reform absegnen, müssten bis zum 1. Januar 2022 rund 35 Millionen Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden. "Dieser Vorschlag ist offenbar im Vorfeld der anstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Flucht nach vorn", sagt Michael Fuchs vom Prüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte. Die Grundsteuer in ihrer heutigen Form wird derzeit von den obersten Richtern geprüft. Grund: Die Steuer basiert in den alten Bundesländern auf einer Bewertung der Grundstücke aus dem Jahr 1964, in den neuen Ländern auf Daten aus dem Jahr 1935. Seither haben sich die Immobilienpreise unterschiedlich entwickelt. Ältere Objekte werden durch das derzeitige Verfahren vergleichsweise stärker belastet als jüngere Immobilien, die einen höheren Marktwert haben.

Teure Lagen, höhere Steuer



Durch den Vorschlag könnte sich dieser Zustand umkehren. "In Regionen, in denen zuletzt die Immobilienpreise und somit auch die Bodenrichtwerte stark gestiegen sind, könnte die Grundsteuer steigen, wenn nicht die Messzahlen und andere Parameter angepasst werden", so Steuerfachmann Fuchs. Er rechnet damit, dass es aber noch sehr lange dauert, bis die Reform umgesetzt ist. "Die ersten Grundsteuerbescheide nach neuem Recht werden wohl erst in etwa zehn Jahren ergehen." Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) will die Reform nicht mittragen. Er und sein Hamburger Amtskollege sind als einzige Landesminister gegen den Vorschlag. Die Grundsteuer ist neben der Gewerbesteuer die größte eigene Einnahmequelle der Kommunen. 2015 brachte sie bundesweit 13 Milliarden Euro. Die Unterschiede bei der Höhe der Abgabe sind groß. Einige Kommunen wenden einen erhöhten Hebesatz an, sodass Eigentümer und Mieter deutlich mehr zahlen, denn die Steuer kann umgelegt werden.

"Unterm Strich dürfen Eigentümer und Mieter nicht durch höhere Grundsteuern belastet werden", sagt Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Wohnen sei durch Steuern und zahlreiche Bauvorschriften teuer genug.

Die Immobilienwirtschaft begrüßt den Vorschlag der Landesfinanzminister, teilt aber die Sorge des BdSt. "Der bekundete politische Wille, Aufkommensneutralität zu gewährleisten, muss verlässlich abgesichert werden", so Hans Volkert Volckens, Vorsitzender des Steuer-Ausschusses vom Zentralen Immobilien Ausschuss.